Oxidation
Aus dem Alltag ist die Oxidation der Alkane nicht wegzudenken, schließlich ist es die Reaktion, die in jedem Verbrennungsmotor und in jeder Heizungsanlage abläuft, wenn sie mit Erdöl oder Erdgas betrieben wird. So allgegenwärtig diese Reaktion ist, so ist ihr Mechanismus doch noch weitgehend ungeklärt. Fest steht wohl, dass es sich um eine radikalische Reaktion handelt, die einerseits durch eine hohe Aktivierungsenergie (Erzeugung der Radikale) gekennzeichnet ist, andererseits durch eine hohe Reaktionsenthalpie.
Reaktionsgleichung der Oxidation
Hier sehen wir die allgemeine Reaktionsgleichung der vollständigen Oxidation:
$C_{n}H_{2n+2} + \frac{3n+1}{2}O_{2} \to n \ CO_{2} + (n+1) \ H_{2}O + \Delta H$
Das wollen wir doch gleich mal ausprobieren. Die Verbrennung von Propan läuft dann nach dieser Gleichung ab:
$C_{3}H_{8} + 5 \ O_{2} \to 3 \ CO_{2} + 4 \ H_{2}O + \Delta H$
Reaktionsmechanismus der Oxidation
Bei der Oxidation der Alkane handelt es sich allem Anschein nach um eine radikalische Kettenreaktion, deren genauer Mechanismus aber noch weitgehend ungeklärt ist. Nach der Dissertation von Crina I. Heghes (Heidelberg, September 2006) besteht der Mechanismus der Verbrennung niedriger Alkane (Methan, Ethan, Propan und Butan) aus 412 Elementarreaktionen und enthält 61 verschiedene Edukte, Zwischenprodukte und Produkte. Der erste Schritt bei der Verbrennung von Methan ist die Abspaltung eines H-Atoms, wobei ein $\bullet CH_{3}$-Radikal entsteht. Eingeleitet wird dieser Schritt durch andere Radikale wie $\bullet O$ , $\bullet H$ oder $\bullet OH$. Hier sehen Sie eine dieser Startreaktionen:
$CH_{4} +\bullet OH \to \bullet CH_{3} + H_{2}O$
Weiter möchte ich an dieser Stelle nicht auf den Reaktionsmechanismus der Oxidation von Alkanen eingehen.
Halogenierung
Bei der Halogenierung reagiert ein Alkan mit einem Halogen wie Iod, Chlor oder Brom zu einem Halogenalkan. Halogenalkane wie Chloroform spielen ein wichtige Rolle im Alltag zum Beispiel als Lösemittel und in der chemischen Industrie als Lösemittel und Ausgangsstoffe für andere Produkte.
Gut untersucht ist die Chlorierung von Methan, die hier exemplarisch beschrieben werden soll. Es handelt sich bei dieser Reaktion um eine mehrschrittige Kettenreaktion. Nach einer Startreaktion erfolgen zwei Kettenfortpflanzungsschritte, die sich immer wiederholen, bis es zu einem Kettenabbruch kommt.
Startreaktion
Ein Chlor-Molekül Cl2 wird durch Lichtenergie in zwei Chlor-Radikale Cl• gespalten:
$Cl_{2} \to 2 \ Cl \bullet$
1. Kettenfortpflanzungsschritt
Ein Chlor-Radikal setzt sich nun an das Methan-Molekül und "zieht" ein H-Atom samt Bindungselektron aus dem Methan heraus. Es bildet sich ein Molekül HCl, und übrig bleibt ein Methyl-Radikal •CH3, dem ein H-Atom fehlt:
$Cl \bullet + \ H-CH_{3} \to Cl-H \ + \bullet CH_{3}$
2. Kettenfortpflanzungsschritt
Das Methyl-Radikal ist nun seinerseits sehr reaktiv und entzieht einem neuen Chlor-Molekül ein Halogen-Atom. Es bildet sich ein Molekül des Endprodukts CH3Cl:
$Cl_{2} + \bullet CH_{3} \to Cl \bullet + \ Cl-CH_{3}$
Kettenreaktion
Übrig bleibt wieder ein Chlor-Radikal Cl•. Dieses kann nun erneut ein Methan-Molekül angreifen und diesem ein H-Atom entziehen, so dass HCl und ein Methyl-Radikal •CH3 entstehen. Das Methyl-Radikal reagiert dann wieder mit einem Chlor-Molekül Cl2 zu Chlormethan CH3Cl und einem neuen Chlor-Radikal. Und so läuft das ganze weiter, bis entweder die Ausgangsstoffe eine zu niedrige Konzentration erreicht haben, um reagieren zu können, oder - viel wahrscheinlicher - bis zwei dieser Radikale zusammenstoßen und die Reaktionskette vorzeitig abbrechen. In der Tat bezeichnet man eine solche Reaktion, wie sie hier beschrieben wurde, als Kettenreaktion.
Kettenabbruch
Eine der folgenden Reaktionen führt stets zum Abbruch der Reaktionskette:
$2 \ Cl \bullet \to Cl_{2}$
$Cl \bullet + \bullet CH_{3} \to Cl-CH_{3}$
$H_{3}C \bullet + \bullet CH_{3} \to H_{3}C-CH_{3}$
Einzelheiten dazu lesen Sie bitte auf der Seite über die Radikalische Substitution nach.
Die eben recht knapp beschriebene Kettenreaktion von Methan und Chlor zu Chlormethan und Chlorwasserstoff ist nur ein Beispiel für den Reaktionstyp der Radikalischen Substitution. Wenn Sie mehr über diesen Reaktionstyp erfahren möchten, gehen Sie doch bitte auf die hier verlinkte Seite.
Dehydrierung
Durch den Entzug von Wasserstoff kann man aus Alkanen Vertreter der Stoffklasse der Alkene gewinnen. Das soll hier einmal am Beispiel der Pyrolyse von Pentan gezeigt werden.
Bei der sogenannten Pyrolyse werden Alkane unter Einwirkung eines Katalysators (Zeolith) erhitzt, dabei bilden sich kürzere Alkylradikale. Solche Alkylradikale haben zwei Möglichkeiten, miteinander zu reagieren. Zunächst einmal kann sich ein neues, größeres Alkan aus zwei dieser Radikale bilden (linker Reaktionsweg). Zum andern kann ein Radikal ein H-Atom homolytisch abspalten und auf das andere Radikal übertragen (Wasserstoff-Abstraktion). So entstehen ein Alkan und ein Alken (rechter Reaktionsweg). Beim thermischen Cracken laufen übrigens ähnliche Prozesse ab: Lange Alkane werden durch hohe Temperaturen in kurze Alkylradikale gespalten, die dann auf die oben gezeigte Weise zu kürzeren Alkanen oder Alkenen reagieren. Natürlich entstehen dabei durch Rekombination von Radikalen auch wieder Moleküle längerer Alkane, aber diese können dann wieder durch die hohe Temperatur in zwei neue Alkylradikale gespalten werden.
Quellen, die über allgemeines Schulbuchwissen hinausgehen:
- M. A. Fox, J. K. Whitesell: Organische Chemie - Grundlagen, Mechanismen, bioorganische Anwendungen. 1. Auflage, Heidelberg 1995.
- K. P. C. Vollhard, N.E. Schore: Organische Chemie. 3. Auflage, Weinheim 2000.
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