Helmichs Chemie-Lexikon

Neutralfette

Wissensbaustein

Dieser Artikel ist eigentlich kein richtiger Lexikon-Eintrag, sondern eher ein Wissensbaustein, auf den in mehreren anderen Artikel aus den Bereichen Biologie, Chemie und Ernährungslehre verwiesen wird.

Solche Wissensbausteine spielen auf dieser Homepage eine wichtige Rolle. Sie dienen dazu, unnötige Doppelungen zu vermeiden. Über das Thema "Neutralfette" beispielsweise befanden sich bis vor kurzem vier verschiedene Artikel an unterschiedlichen Stellen dieser Homepage, zweimal in der Zellbiologie, einmal in der Organischen Chemie und einmal in der Ernährungslehre. Solche Redundanzen führen zu Fehlern, wenn zum Beispiel wichtige Informationen oder Korrekturen nur auf einer dieser Seiten eingepflegt werden, auf den anderen jedoch nicht.

Definition

Neutralfette

Neutralfette (Triacylglycerole, Triglyceride) sind Ester des dreiwertigen Alkohols Glycerin mit drei gesättigten oder ungesättigten Fettsäuren. Neutralfette sind eine Unterklasse der Lipide.

Bei den Neutralfetten handelt es sich um die tierischen und pflanzlichen Fette, die man in Lebensmitteln wie Butter, Olivenöl, Margarine, Schweineschmalz und so weiter findet. Neutralfette, die bei Zimmertemperatur flüssig sind, werden als Öle bezeichnet.

Struktur und Bildung

Ein Molekül eines Neutralfetts setzt sich aus vier Teilen zusammen:

  • 1 x Glycerin
  • 3 x Fettsäure

Betrachten wir nun, wie sich ein Glycerin-Molekül mit drei Stearinsäure-Molekülen verbindet; der Fachbegriff für eine solche Reaktion heißt: Veresterung.

Glycerin mit drei Molekülen der Stearinsäure C17H35COOH
Autor: Ulrich Helmich 2016, Lizenz: siehe Seitenende.

Links sehen wir ein Glycerin-Molekül, rechts davon drei Stearinsäure-Moleküle. Im nächsten Bild findet die Veresterung statt:

Veresterung des Glycerins mit drei Stearinsäure-Molekülen
Autor: Ulrich Helmich 2016, Lizenz: siehe Seitenende.

Esterbildung bzw. Veresterung

Ein Alkohol und eine Carbonsäure reagieren unter Bildung eines Esters miteinander. Dabei gibt die Carbonsäure ihre OH-Gruppe ab, der Alkohol das H-Atom seiner OH-Gruppe. Die OH-Gruppe der Säure und das H-Atom des Alkohols vereinigen sich dann zu einem Wasser-Molekül H2O.

Da der Alkohol bei der Veresterung das O-Atom der OH-Gruppe behält, wurden die O-Atome des Glycerin-Moleküls in der obigen Abbildung ebenfalls blau unterlegt.

Da wir am Glycerin drei OH-Gruppen haben, kann diese Veresterung dreimal passieren. Fett-Moleküle sind also dreifache Fettsäure-Ester des Glycerins und werden in der Fachsprache als Triacylglyceride oder Triacylglycerole bezeichnet, was aber gern mit Triglyceride abgekürzt wird. Im Alltag verwendet man häufig den Begriff Neutralfette (Fette und Öle) für diese Gruppe der Lipide.

Vielfalt der Neutralfette

Es gibt viele verschiedene Neutralfette. Das liegt daran, dass es viele verschiedene Fettsäuren gibt: Kurzkettige, mittelkettige und langkettige sowie gesättigte, einfach-, zweifach-, dreifach- und mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Man kann davon ausgehen, dass es in der Natur um die 400 verschiedene Fettsäure gibt, von denen aber nur ein kleiner Teil eine wichtige Rolle bei den Neutralfetten spielt.

In der Wikipedia sind 25 gesättigte Fettsäuren, 13 einfach gesättigte und 15 mehrfach ungesättigte Fettsäuren aufgelistet, da sind aber auch schon recht "exotische" Fettsäuren dabei. Bei den meisten tierischen und pflanzlichen Fetten spielen vielleicht zehn bis zwölf verschiedene Fettsäure eine Rolle.

Da jedes Glycerin-Molekül mit drei verschiedenen Fettsäuren verestert sein kann, gibt es trotzdem sehr viele Möglichkeiten, ein Neutralfett-Molekül zu bilden.

Fettsäuren

Auf dieser Seite im Chemie-Lexikon finden Sie weitere Informationen zu den gesättigten und ungesättigten Fettsäuren sowie viele weitere Querverweise zu dem Thema.

Eigenschaften von Neutralfetten

Je nach Schmelzpunkt des Fettes unterscheidet man "Fette" und "Öl". Die Fette sind bei Zimmertemperatur mehr oder weniger fest, die Öle dagegen flüssig. Bekannte Fette sind Butter, Schmalz und Margarine, bekannte Öle Sonnenblumenöl, Olivenöl oder Rapsöl.

Der Schmelzpunkt eines Fettes hängt im Wesentlichen von den Fettsäuren ab, die in den Fett-Molekülen enthalten sind. Nun enthält ein Fett aber nicht etwas einheitlich aufgebaute Fett-Moleküle, sondern viele verschiedene Fett-Moleküle. Ein Fett-Molekül hat beispielsweise die Fettsäure-Zusammensetzung A - C - F, ein anderes Fett-Molekül die Zusammensetzung F - G - X und ein weiteres die Zusammensetzung B - A - F. Fette sind also keine chemischen Reinstoffe, sondern Stoffgemische. Entsprechend komplex können die Eigenschaften eines Fettes sein, weil es ja immer Misch-Eigenschaften sind.

Aus diesem Grund hat ein Fett auch keinen Schmelzpunkt, sondern einen Schmelzbereich. Einige der Fett-Moleküle werden zum Beispiel bei 30 ºC flüssig, ein paar andere erst bei 33 ºC, und wieder andere vielleicht erst bei 35 ºC. Der Schmelzpunkt eines Fettes hängt von der Zusammensetzung der Fett-Moleküle stark ab: Je mehr langkettige Fettsäuren ein Fett enthält, desto höher der Schmelzpunkt. Je mehr C=C-Doppelbindungen in den Fettsäuren enthalten sind, desto niedriger der Schmelzpunkt.

Ansonsten haben Neutralfette die typischen Eigenschaften aller Lipide. Sie haben einen hohen Energiegehalt, sind wasserunlöslich und gut in unpolaren Lösemitteln löslich, und sie reagieren leicht mit Sauerstoff und anderen Chemikalien, welche C=C-Doppelbindungen angreifen.

Neutralfette und Membranen

In Biomembranen kommen Neutralfett-Moleküle so gut wie nicht vor, höchstens in Ausnahmefällen. Dennoch spielten Pflanzenöle bei der Erforschung von Membranen eine große Rolle. Bereits im 18. Jahrhundert gossen Forscher ganze Teelöffel Olivenöl in einen See und staunten dann darüber, wie groß der Ölfleck war, der sich gebildet hatte. Neutralfette bilden auf dem Wasser nämlich eine monomolekulare Schicht, so wie in der folgenden Abbildung aus der Wikipedia gezeigt:

Neutralfett-Moleküle auf einer Wasserschicht
Autor: , Lizenz: Public domain.

Biomembranen

Zum Thema Membranen finden Sie in der Zellbiololgie-Abteilung der Biologie-Seiten jede Menge Informationen.

Speicherlipide

Neutralfette sind Speicherlipide, sie enthalten nämlich sehr viel Energie. In den meisten eukaryotischen Zellen bilden die Neutralfette eine eigene Phase im Cytoplasma - ähnlich wie Fette in einer Suppe Fettaugen bilden. Im Lichtmikroskop kann man dann Öltropfen im Plasma erkennen. Diese Öltropfen dienen in erster Linie als Energiespeicher für die Zelle.

Bei den Wirbeltieren gibt es Zellen, die sich auf das Speichern von Fetten spezialisiert haben, die Adipocyten. Bei Pflanzen werden Neutralfette oft in den Samen gespeichert, als Energievorrat für den aufwendigen Prozess der Keimung. Sowohl die Adipocyten der Wirbeltiere wie auch die keimenden Samen der Pflanzen enthalten Enzyme, die in der Lage sind, die Neutralfette in Glycerin und Fettsäuren zu spalten. Die Fettsäuren dienen dann der eigentlichen Energieversorgung.

Warum sind Fette die bevorzugten Energiespeicher und nicht Kohlenhydrate?

Fette haben gegenüber den Kohlenhydraten mehrere Vorteile:

  • Die Energiedichte von Fetten ist sehr viel höher als die von Kohlenhydraten. 1 g Fett liefert eine Energie von 37 bis 40 kJ, während 1 g Kohlenhydrate nur zwischen 16 und 18 kJ liefert. Das liegt daran, dass die C-Atome der Fette stärker reduziert sind als die C-Atome der Kohlenhydrate, die ja fast immer mit einem O-Atom verbunden sind.
  • Fette sind hydrophob, können daher keine Hydrathülle bilden, die Wasser bindet. Kohlenhydrate dagegen sind eher hydrophil, verbrauchen bei der Speicherung also Wasser. Das hört sich auf den ersten Blick nicht so schlimm an. Tatsache ist aber, dass 1 g Kohlenhydrat 2 g Wasser binden kann [1]. Menschen speichern normalerweise in ihren Fettpolstern 15 bis 20 kg Neutralfette. Würden sie stattdessen Kohlenhydrate speichern, müssten sie mehr als die doppelte Menge unterbringen, nämlich 30 bis 40 kg, die dann auch noch 60 bis 80 kg Wasser binden würden.
  • Der einzige Vorteil der Kohlenhydrate gegenüber den Fetten ist die schnellere Mobilisierung. Kohlenhydrate können relativ leicht abgebaut werden, bei Fetten ist dieser Vorgang wesentlich aufwendiger.

Bei vielen gleichwarmen Tieren dienen die Neutralfette nicht nur als Energiespeicher, sondern auch als Wärmeisolatoren.

Quellen:

  1. Nelson, Cox. LEHNINGER Principles of Biochemistry. Macmillan Learning, New York 2021.
  2. Römpp Chemie-Lexikon, 9. Auflage 1992
  3. Alberts, Bruce et al. Lehrbuch der Molekularen Zellbiologie, 5. Auflage, Weinheim 2021.