Helmichs Chemie-Lexikon

Ethen

Relevanz für den Chemie-Unterricht

Für den Chemie-Unterricht ist Ethen in mehrfacher Hinsicht relevant. Einmal dient Ethen als Stellvertreter für die Stoffklasse der Alkene, am Beispiel Ethen kann der Mechanismus der elektrophilen Addition gut erklärt werden. Dann kann am Beispiel Ethen sehr gut die Struktur der C=C-Doppelbindung erklärt werden, wobei Kenntnisse des Orbitalmodells natürlich sehr helfen. Ethen ist drittens für das Thema "Polymere" wichtig, man denke etwa an Polyethylen und andere Kunststoffe, die durch Polymerisation von Alkenen und Alkenderivaten entstehen. Für die Behandlung des Thema "Benzol" sind Kenntnisse über Ethen und Alkene ebenfalls sehr wichtig, wird doch bei der Besprechung von Aromaten immer wieder auf die konjugierten C=C-Doppelbindungen eingegangen. Auch bei dem Thema "Farbstoffe" wird auf die Überlappung von p-Orbitalen eingegangen, wobei dann wieder auf Kenntisse zum Thema "Ethen" und "C=C-Doppelbindung" zurückgegriffen wird.

Struktur und Strukturdaten

Struktur des Ethen-Molekuels

Strukturdaten des Ethen-Moleküls

Die beiden C-Atome des Ethen-Moleküls sind sp2-hybridisiert, die sp2-Hybridorbitale liegen in einer Ebene. Die C=C-Doppelbindung besteht aus zwei verschiedenen Bindungen, der stabileren Sigma-Bindung und der schwächeren Pi-Bindung.

Sigma-Bindung

Die Sigma-Bindung ergibt sich durch die Überlappung von zwei sp2-Hybridorbitalen der beiden C-Atome. Sie hat eine Länge von 134 pm und ist damit kürzer als die C-C-Einfachbindung im Ethan-Molekül (154 pm). Das liegt daran, dass die sp2-Hybridorbitale kleiner bzw. kürzer sind als die sp3-Hybridorbitale im Ethan-Molekül. Der s-Anteil in einem sp2-Hybridorbital ist einfach größer als der in einem sp3-Hybridorbital, daher ist ein sp2-Orbital etwas kürzer als ein sp3-Orbital.

C-H-Bindungen

Dieser Unterschied wirkt sich auch auf die vier C-H-Bindungen im Ethen-Molekül aus. Die Bindungslänge beträgt hier 110 pm, und das ist auch etwas kürzer als die sechs C-H-Bindungen im Ethan-Molekül (108,7 pm). Allerdings ist hier der sp2/sp3-Unterschied nicht so gravierend wie bei der C-C-Bindung.

Pi-Bindung

Die beiden pz-Orbitale der beiden C-Atome des Ethens stehen parallel ausgerichtet zueinander, was die Möglichkeit zur Überlappung ergibt. Durch die leichte Überlappung dieser beiden Orbitale entsteht die Pi-Bindung. Diese ist deutlich schwächer als die Sigma-Bindung, zur Spaltung dieser Bindung werden lediglich 270 kJ/mol benötigt, während die Bindungsdissoziationsenergie der sigma-Bindung bei 450 kJ/mol liegt.

Physikalische Eigenschaften

Die physikalischen Eigenschaften des Ethens sind für den Chemieunterricht eigentlich nicht so interessant, wer will, kann ja alle Einzelheiten in der Wikipedia nachschlagen. Es reicht zu wissen, dass Ethen ähnliche Eigenschaften wie Ethan hat: Es ist farblos, bei Zimmertemperatur gasförmig, hat sehr niedrige Schmelz- und Siedepunkte, eine geringe Dichte, so gut wie keine Wasserlöslichkeit und ist brennbar (wobei das aber schon eine chemische Eigenschaft ist). Viel wichtiger als die Kenntnis des genauen Siedepunkts ist zu wissen, warum Ethen (und Ethan und überhaupt alle Alkane und Alkene) einen so niedrigen Siedepunkt und Schmelzpunkt haben. Diese Eigenschaften sind eine Folge der Struktur der Moleküle. Ethen hat nur nahezu unpolare C-H-Bindungen und völlig unpolare C-C-Bindungen. Das Molekül ist also weder ein Dipol noch kann es H-Brücken untereinander oder mit Wasser-Molekülen ausbilden. Das Einzige, was Ethen-Moleküle untereinander zusammenhält, sind die schwachen van-der-Waals-Kräfte.

Chemische Eigenschaften

Für den Chemieuntericht viel wichtiger sind die chemischen Eigenschaften des Ethens und der Alkene allgemein. Die für den Alltag wichtigste Reaktion ist vielleicht die Verbrennung mit Sauerstoff, aber für den Unterricht wichtiger ist die Addition elektrophiler Stoffe an die C=C-Doppelbindung. Auf dieses Thema wird auf den Seiten zur elektrophilen Addition ausführlich eingegangen. Neben der elektrophilen Addition spielt aber auch die radikalische Addition an die C=C-Doppelbindung eine gewisse Rolle, bei der Herstellung von Kunststoffen sogar eine wichtige Rolle (siehe Polymerisation).