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Quartärstruktur

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Proteine können aus mehreren Peptidketten bestehen

Viele Enzyme, Membranproteine und andere Proteine bestehen aus mehreren Peptidketten mit jeweils eigener Tertiärstruktur, die durch schwache chemische Bindungen (H-Brücken, elektrostatische Anziehung, van der Waals-Wechselwirkungen, hydrophobe Wechselwirkungen) zusammengehalten werden. Die räumliche Anordnung des sich so ergebenden Komplexes aus mindestens zwei Peptidketten bezeichnet man als Quartärstruktur.

Im einfachsten Fall besteht die Quartärstruktur aus zwei gleichen Peptidketten bzw. Untereinheiten. Ein solches Protein wird dann als Dimer bezeichnet. Das DNA-bindende Protein Cro aus dem Bakteriophagen λ ist ein Beispiel für ein solches Dimer [4].

Das Insulin-Molekül besteht aus zwei Peptidketten, die als A-Kette und B-Kette bezeichnet werden. Trotzdem bezeichnet man das Insulin-Molekül nicht als Dimer, denn die beiden Ketten sind kovalent über Disulfidbrücken miteinander verbunden.

Meistens ist die Quartärstruktur aber aus mehreren Untereinheiten zusammengesetzt. Das Hämoglobin beispielsweise besteht aus vier Untereinheiten, von denen zwei jeweils gleich sind. Das Hämoglobin ist also ein Tetramer.

Ein aus mehreren Peptidketten zusammengesetzte Protein wird allgemein als multimeres Protein oder einfach als Multimer bezeichnet [1,2].

Ein Extrembeispiel ist die Hülle des Rhinovirus. Es gibt vier verschiedene Typen von Peptidketten, und von jedem Typ sind 60 Exemplare vorhanden, die zusammen die Hülle des Virus bilden [4].

Die Zusammenlagerung der Untereinheiten erfolgt unter den richtigen Bedingungen spontan. Man spricht hier von einer Selbstassemblierung[3] (self assembly) oder einer Selbstaggregation[5]. Interessant ist, dass die Information für diese Selbstassemblierung letzten Endes durch die Primärstruktur festgelegt wird [3]. Im Labor kann man beobachten, wie sich die Untereinheiten eines solchen Multimers ohne Hilfe von Enzymen oder anderen Stoffen tatsächlich von selbst zusammenlagern [5].

Globuläre Proteine, Faserproteine, Membranproteine

Die Proteine mit einer Quartärstruktur werden unterteilt in eher kugelförmige globuläre Proteine, eher langgestreckte Faserproteine sowie die vielen verschiedenen Membranproteine.

Faserproteine kommen vor allem außerhalb der Zellen vor, in der extrazellulären Matrix. Und eigentlich müsste man auch die Proteinfilamente des Cytoskeletts (Mikrotubuli, Aktinfilamente, Intermediärfilamente) zu den Proteinen mit einer Quartärstruktur zählen.

Bekanntestes Beispiel für ein extrazelluläres Faserprotein ist sicherlich das Kollagen, das über 30% Anteil am Gesamtgewicht aller Proteine des Menschen ausmacht.

Globuläre Proteine sind meistens Enzyme im Zellplasma oder in den Zellorganellen, und Membranproteine kommen, wie der Name schon andeutet, in der Zellmembran und in den Membranen der Organellen vor.

Allosterie und Kooperativität bei Enzymen

Bei den globulären Proteinen muss man als erstes die verschiedenen Enzyme erwähnen, die oft aus mehreren Untereinheiten zusammengesetzt sind. Manche dieser Untereinheiten können kleinere Moleküle binden, weil sie über eine entsprechende Domäne verfügen. Wenn das kleine Molekül gebunden ist, ändert sich die Konformation der Untereinheit. Diese Konformationsänderung kann sich dann auf die anderen Untereinheiten auswirken, so dass das kleine Molekül die Struktur des gesamten Proteins verändern kann.

Auf diese Weise ist zum Beispiel eine allosterische Regulation der Enzymaktivität möglich. Der Aktivator oder Inhibitor (so nennt man die kleinen Moleküle, welche die Enzymaktivität erhöhen bzw. vermindern) bindet an eine spezielle Domäne einer Untereinheit, die daraufhin ihre Konformation ändert. Diese Konformationsänderung wirkt sich auf die Peptidkette mit dem aktiven Zentrum aus, so dass die Affinität (Bindungsfähigkeit, Bindungsneigung) des aktiven Zentrums zum spezifischen Substrat verändert wird.

Eine andere Art der Regulation, die oft als Kooperativität bezeichnet wird, liegt beim Hämoglobin oder anderen Enzymen vor, die aus mehreren Untereinheiten aufgebaut sind. Hier bindet nicht ein Effektor (Aktivator oder Inhibitor) an ein allosterisches Zentrum in einer Untereinheit, sondern ein Substrat-Molekül setzt sich in das aktive Zentrum einer Untereinheit. Diese verändert daraufhin ihre Konformation, was sich auf die aktiven Zentren der anderen Untereinheiten auswirkt, die jetzt leichter zugänglich für weitere Substrat-Moleküle werden [3].

Quartärstruktur und Genbegriff

Für den Genbegriff war die Entdeckung, dass Proteine aus mehreren Peptidketten bestehen können, von entscheidender Bedeutung. Die alte Definition "Ein Gen = ein Protein" (Ein-Gen-ein-Protein-Hypothese) konnte nicht mehr gehalten werden. Die Untereinheiten eines Proteins können durchaus von mehreren verschiedenen Genen codiert werden. Daher spricht man jetzt von einer Ein-Gen-ein-Polypeptid-Beziehung.

Quellen:

  1. Alberts, Bruce et al. Lehrbuch der Molekularen Zellbiologie, 5. Auflage, Weinheim 2021.
  2. Nelson, Cox. LEHNINGER Principles of Biochemistry. Macmillan Learning, New York 2021.
  3. Savada, Hillis, Heller, Hacker: Purves Biologie, Springer Verlag Deutschland 2019, 10. Auflage. Herausgegeben von Jürgen Markl.
  4. Berg, Tymoczko, Gatto ,Stryer. Stryer Biochemie. Springer Berlin Heidelberg.
  5. Alberts, Bruce et al. Molekularbiologie der Zelle, 6. Auflage, Weinheim 2017.

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