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3. Physikalische Eigenschaften

Allgemeines - Nomenklatur - phys. Eigenschaften - Konformationen - Radikalische Substitution

3.1 Rekapitulation: Schulwissen

Aus dem Schul-Unterricht wissen Sie sicherlich, dass Alkane sehr niedrige Schmelzpunkte, Siedepunkte und Dichten haben und so gut wie nicht wasserlöslich sind. Ursache hierfür sind die nur sehr schwachen intermolekularen Kräfte. Alkan-Moleküle sind keine Dipole, und noch weniger sind sie in der Lage, Wasserstoffbrücken-Bindungen untereinander auszubilden. Das Einzige, was Alkan-Moleküle zusammenhält, sind die sehr schwachen van der Waals-Kräfte.

Je größer die Kontaktfläche zwischen den einzelnen Molekülen, desto größer sind diese Kräfte. Daher haben langkettige Alkane auch höhere Schmelzpunkte und Siedepunkte als kurzkettige.

Nun wieder eine kleine Aufgabe, die sie locker lösen können sollten, wenn Sie guten Chemie-Unterricht gehabt haben:

Betrachten wir drei Isomere des Alkans Pentan:

Aufgabe:

Erklären Sie die unterschiedlichen Siedetemperaturen der folgenden drei Pentan-Isomere!

Lösung:

Die van der Waals-Kräfte wirken über die Kontaktflächen zwischen den einzelnen Molekülen. Je größer diese Kontaktfläche, desto stärker diese intermolekularen Kräfte.

Das 2,2-Dimethyl-propan ganz rechts hat eine fast kugelförmige Gestalt, daher ist die Kontaktfläche zwischen den Molekülen minimal - wenn sich zwei Kugeln berühren, ist die Kontaktfläche auch minimal.

Diese minimale Kontaktfläche zwischen den Molekülen hat extrem geringe intermolekulare Anziehungskräfte zur Folge, und die wiederum haben einen sehr niedrigen Siedepunkt zur Folge, weil ja nicht viel Energie aufgewandt werden muss, um diese Anziehungskräfte zu überwinden.

Das langkettige n-Pentan ganz links hat eine große Kontaktfläche mit anderen n-Pentan-Molekülen, die Folge sind hohe zwischenmolekulare Kräfte und somit ein relativ hoher Siedepunkt.

physikalische Eigenschaften der Alkane

Falls Sie mit dieser einfachen Aufgabe noch Probleme hatten, schauen Sie in Ihr altes Chemie-Schulbuch oder gehen einfach auf die oben genannte Seite.

Wenn Sie vorhaben, Chemie zu studieren, können Sie den folgenden Medizin-Kasten überspringen. Angehende Mediziner dagegen sollten sich diesen Kasten näher ansehen und dann den folgenden Kasten 3.3 überspringen.

3.2 Vorbereitung auf das Medizin-Studium

1. Löslichkeit
Begriff Polarität

Alkane sind nicht wasserlöslich, da in Kohlenwasserstoffen nur unpolare Atombindungen vorhanden sind. Damit sich eine Verbindung sehr gut oder sogar unbegrenzt in Wasser lösen kann, muss sie in der Lage sein, Wasserstoffbrücken-Bindungen mit Wasser-Molekülen zu bilden. Für eine mittlere bis gute Wasserlöslichkeit reicht es aus, wenn die Verbindung polar ist und Wasser-Moleküle elektrisch anzieht, ohne Wasserstoffbrücken-Bindungen zu bilden.

Völlig unpolare Moleküle wie die Moleküle der Alkane können weder Wasserstoffbrücken-Bindungen mit Wasser-Molekülen eingehen noch sind sie in der Lage, Wasser-Moleküle elektrisch anzuziehen.

Begriffe hydrophob und lipophil

Aus diesem Grund bezeichnet man unpolare Verbindungen wie die Alkane als hydrophob, das heißt so viel wie "Wasser meidend".

In anderen unpolaren Verbindungen lösen sich Alkane dagegen sehr gut, zum Beispiel in Pflanzenöl, Benzol oder Diethylether. Und natürlich in anderen flüssigen Alkanen, Alkenen oder Alkinen. Alkane werden daher als lipophil bezeichnet, als "Fett liebend".

Einen Spruch, den Sie vielleicht schon aus dem Schulunterricht kennen, sollten Sie sich auf jeden Fall merken: Gleiches löst sich in Gleichem.

Begriffe homogen und heterogen

Löst man ein Alkan in einem anderen Alkan, einem Alken oder einer vergleichbaren völlig unpolaren Flüssigkeit, so erhält man ein homogenes Stoffgemisch, eine sogenannte Lösung.

Mit dem bloßen Auge kann man nicht mehr erkennen, dass es sich um zwei verschiedene Stoffe handelt. Auch wenn man eine Lupe oder gar ein Mikroskop zu Hilfe nimmt, kann man keine zwei Stoffe erkennen.

Versucht man, ein Alkan in Wasser zu lösen, so funktioniert das nicht. Das Alkan bildet eine farblose Schicht auf dem Wasser. Wenn man nun kräftig schüttelt oder rührt, gelingt zunächst eine Vermischung der beiden Flüssigkeiten, es bildet sich eine milchig trübe Emulsion.

Hier kann man vielleicht schon mit dem bloßen Auge sehen, dass in dem Wasser kleine Tröpfchen einer anderen Verbindung schweben. Wenn man sehr gut geschüttelt hat, muss man vielleicht zu einer Lupe greifen, um die Alkan-Tröpfchen zu sehen.

Eine Emulsion gehört zu den heterogenen Stoffgemischen. Darunter versteht man allgemein solche Stoffgemische, bei denen man - eventuell mit optischen Hilfsmitteln - erkennen kann, dass es sich um ein Gemisch aus zwei verschiedenen Stoffen handelt. Neben den Emulsionen (flüssig / flüssig, also ein flüssiger Stoff befindet sich in einem anderen flüssigen Stoff) gibt es auch noch Suspensionen (fest / flüssig), Rauch (fest / gasförmig), Nebel (flüssig / gasförmig) und Schaum (gasförmig / flüssig). Ach ja, und das Gemenge (fest / fest).

2. Siedepunkte

Alkane haben im Vergleich zu anderen Verbindungen die niedrigsten Siedepunkte überhaupt. Auch das liegt daran, dass die Alkane völlig unpolare Verbindungen sind. Die Anziehungskräfte zwischen den Molekülen sind daher äußerst gering, und deswegen braucht man nicht besonders viel Wärmeenergie, um diese Anziehungskräfte zu überwinden und die Verbindung vom festen Aggregatzustand in den flüssigen zu überführen.

Polare Stoffe haben dagegen polare Moleküle, also Moleküle mit einem Pluspol und einem Minuspol. Plus und Minus ziehen sich bekanntlich an. Daher sind die intermolekularen Anziehungskräfte (also die Anziehungskräfte zwischen den einzelnen Molekülen) recht groß. Zur Überwindung dieser Anziehungskräfte braucht man mehr Wärmeenergie, und entsprechend sind die Siedpunkte von polaren Stoffen wie beispielsweise Aceton größer als die Siedepunkte der Alkane.

Moleküle stark polare Verbindungen können Wasserstoffbrücken-Bindungen untereinander ausbilden, die noch stärker sind als reine elektrische Anziehungskräfte. Entsprechend hoch sind die Siedepunkte von Verbindungen wie Wasser, Ethanol oder Essigsäure.

Warum gibt es aber flüssige Alkane wie Hexan?

Das ist eine gute Frage. Wenn die Hexan-Moleküle völlig unpolar wären, dürften sich die Moleküle überhaupt nicht gegenseitig anziehen und Hexan müsste daher auch bei sehr niedrigen Temperaturen gasförmig sein. Die Antwort zu dieser Frage lautet: van-der-Waals-Wechselwirkungen! Das sind ganz schwache intermolekulare Kräfte, die zwischen völlig unpolaren Molekülen herrschen. Das Zustandekommen dieser Wechselwirkungen zu erklären würde hier zu weit führen. Wenn Sie wirklich wissen wollen, um was es sich dabei handelt, sollten Sie zumindest den ersten Abschnitt des folgenden Kapitels 3.3 lesen. Hier wird alles erklärt, die Ausführungen gehen aber weit über die Anforderungen des Gegenstandskatalogs hinaus, für Ihre Prüfung müssen Sie das wahrscheinlich nicht alles wissen.

Ansonsten machen Sie weiter mit dem Thema "Konformations-Isomerie", das im Gegenstandskatalog kurz angerissen wird.

3.3 Vorbereitung auf das Chemie-Studium

Die Siedepunkte der Alkane, die Dichten etc. können relativ leicht mit den schwachen van der Waals-Kräften erklärt werden, durch die die Alkan-Moleküle zusammengehalten werden.

London-, Debye- und Keeson-Wechselwirkungen

Im Chemiestudium sollten Sie sich daran gewöhnen, dass der Begriff "van der Waals-Kraft" in der Schule meistens etwas falsch benutzt wird. Das, was Ihnen in der Schule als "van der Waals-Kraft" verkauft wurde, ist in Wirklichkeit nur eine von drei verschiedenen van der Waals-Wechselwirkungen, nämlich die London-Wechselwirkung. Auf dieser Seite erfahren Sie alles über diese drei Typen der van der Waals-Wechselwirkung.

Interessanter als die Siedepunkte sind die Schmelzpunkte der Alkane. Man sollte doch meinen, dass die Schmelzpunkte mit der Kettenlänge kontinuierlich ansteigen. Das ist aber nicht immer der Fall.

Schmelzpunkte der n-Alkane mit 1 bis 19 Kohlenstoff-Atomen
Autor: Ulrich Helmich, Lizenz: siehe Seitenende

Achten Sie auf das Ethan (2) und das Propan (3) ganz links in der Graphik. Das Propan hat einen niedrigeren Schmelzpunkt als das Ethan - was wir nun gar nicht erwartet hätten.

Die Unregelmäßigkeit in der Zunahme der Schmelztemperaturen liegt vermutlich daran, dass feste Alkane Kristallgitter bilden. Die Packungsdichte in diesen Kristallen ist bei Alkanen mit einer geradzahligen Anzahl von C-Atomen offensichtlich höher als bei ungeradzahligen Alkanen.

Je länger die C-Ketten der Alkane werden, desto unerheblicher werden diese Unterschiede allerdings.

Interessant ist die Frage, wie es mit dem Schmelzpunkten verzweigter Alkane aussieht. Bei den Siedepunkten war die Sache ja recht eindeutig: Je verzweigter das Alkan, desto geringer die Kontaktflächen zwischen den Molekülen und desto niedriger die Siedetemperatur. Betrachten wir nun mal die Schmelztemperaturen einiger Alkane näher.

Schmelzpunkt einiger verzweigter Alkane
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: siehe Seitenende

Hier sehen wir die Schmelztemperaturen der fünf Pentan-Isomere. Es ist keineswegs so, dass die Verbindung mit den "kugelförmigsten" Molekülen den niedrigsten Schmelzpunkt hat. Im Gegenteil - das recht langgestreckte 2-Methyl-pentan hat mit -154 ºC den geringsten Schmelzpunkt.

Bei den Schmelzpunkten spielt vor allem die Packungsdichte im Kristall eine wichtige Rolle. Zunächst denkt man vielleicht, dass sich lang gestreckte n-Alkane besser zusammenpacken lassen als verzweigte Isomere. Doch manche dieser verzweigten Isomere haben eine sehr kompakte Gestalt und lassen sich gerade deswegen noch besser zusammenpacken als ihre langkettigen Isomere. Daher hat das 2,2-Dimethyl-butan einen höheren Schmelzpunkt (-100 ºC) hat als das nicht ganz so kompakte 2-Methyl-pentan (-154 ºC).

Was sagt die Fachliteratur?

Schauen wir einmal in die gängigen Fachbücher zur Organischen Chemie (siehe Quellen weiter unten auf dieser Seite). Was steht dort über die physikalischen Eigenschaften der Alkane?

Eigentlich nicht mehr, als auf dieser Webseite aufgeführt. Die physikalischen Eigenschaften der Alkane werden meistens auf einer, höchstens zwei Seiten abgehandelt. Auf die Unregelmäßigkeiten der Schmelzpunkte wird kaum eingegangen, und auch auf andere weiterführende Aspekte nicht. Auch in den Hochschul-Lehrbüchern wird auf die van der Waals-Kräfte verwiesen und wie sich diese schwachen Kräfte auf die Schmelzpunkte und Siedepunkte auswirken. Dass es drei van der Waals-Kräfte gibt, wird meistens gar nicht erwähnt.

Die geringe Wasserlöslichkeit der Alkane wird in diesen Büchern meistens an einer anderen Stelle erklärt, oft im Abschnitt über Fette oder Fettsäuren. Da geht es dann um den hydrophoben Effekt, der auch auf dieser Homepage in einem eigenen Lexikon-Artikel erläutert wird.

Übungen

Die folgenden Übungen wurden in Anlehnung an die Aufgaben, Übungen etc. der unten aufgeführten Fachbücher erstellt. Leider wird das Thema "physikalische Eigenschaften der Alkane" in den Aufgaben-Abschnitten dieser Bücher stark vernachlässigt.

Die Sternchen an den Aufgaben deuten den Schwierigkeitsgrad an:

  • * = sehr leicht, auch für gymnasiale Oberstufe geeignet
  • ** = einigermaßen leicht, LK-Leute sollten das noch hinbekommen
  • *** = das ist schon recht anspruchsvoll, gut geeignet für Erstsemester und Studieninteressierte
  • **** = da hätte ich selbst schon Probleme, wenn ich die Aufgabe ohne weitere Hilfsmittel lösen sollte.
  • ***** = hier schwitzen wahrscheinlich auch promovierte Fachleute.

Aufgabe 3.1**

Ordnen Sie folgende Alkane aufsteigend nach ihrem Siedepunkt, ohne vorher zu recherchieren:

  1. n-Pentan
  2. 2-Methylbutan
  3. 2,2-Dimethylpropan
  4. Propan
  5. n-Heptan
  6. 3,3-Dimethylpentan

Aufgabe 3.2***

Die neun Heptan-Isomere haben folgende Siedepunkte (Angaben aus der Wikipedia):

  1. n-Heptan: 98 ºC,
  2. 2-Methyl-hexan: 90 ºC,
  3. 3-Methyl-hexan: 92 ºC,
  4. 2,2-Dimethyl-pentan: 79 ºC,
  5. 2,3-Dimethyl-pentan: 90 ºC,
  6. 2,4-Dimethyl-pentan: 80 ºC,
  7. 3,3-Dimethyl-pentan: 86 ºC,
  8. 3-Ethyl-pentan: 93 ºC
  9. 2,2,3-Trimethyl-butan: 81 ºC

a) Zeichnen Sie die neun Strukturformeln (Skelett-Schreibweise),

b) diskutieren Sie dann, inwiefern sich die unterschiedlichen Siedepunkte der Heptan-Isomere mit der Kontaktflächen-Hypothese vereinbaren lassen (langgestreckte Moleküle haben höhere Siedepunkte als kompakt gestaltete Isomere).

Quellen und Literatur-Empfehlungen:

  1. VollhardT, Schore: Organische Chemie. 6. Auflage, Weinheim 2020.
  2. Morrison, Boyd, Bhattacharjee: Organic Chemistry. 7. Auflage, Dorling Kindersley 2011.
  3. J. Clayden, N. Greeves, S. Warren: Organische Chemie. Berlin 2013.
  4. Buddrus, Schmidt, Grundlagen der Organischen Chemie, 5. Auflage, De Gruyter-Verlag 2014.

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