Helmichs Chemie-Lexikon

Cholesterin

Cholesterin, auch Cholesterol genannt (wegen der einen OH-Gruppe unten links auf der folgenden Abbildung) ist ein fettartiger Naturstoff, der in allen lebenden Tier- und Pflanzenzellen vorkommt, vor allem in der Biomembran.

Struktur

Strukturformel des Cholesterins (Quelle: Wikipedia)

Cholesterin weicht in seiner chemischen Struktur total von den anderen bisher behandelten Lipiden ab, es ist vor allem kein Fettsäure-Ester des Glycerins wie die Neutralfette, die Phospholipide oder die Glycolipide. Cholesterin ist noch nicht mal ein einfacher Ester, sondern ein komplexer ungesättigter Alkohol, da die OH-Gruppe neben der C=C-Doppelbindung die einzige funktionelle Gruppe im Molekül ist. Weil Cholesterin chemisch ein Alkohol ist, wird es oft auch als Cholesterol bezeichnet.

Aufgaben

Die Aufgaben des Cholesterins sind in der Wikipedia hervorragend zusammengefasst. Ich zitiere einmal:

"Cholesterin ist ein lebenswichtiges Sterol und ein wichtiger Bestandteil der Plasmamembran. Es erhöht die Stabilität der Membran und trägt gemeinsam mit Proteinen dazu bei, Signalstoffe in die Zellmembran einzuschleusen und wieder hinauszubefördern. Der menschliche Körper enthält etwa 140 g Cholesterin, über 95% des Cholesterins befindet sich innerhalb der Zellen und Zellmembranen."

Cholesterin hat einen starken Einfluss auf die physische Stabilität der tierischen Zellmembranen. Bei niedrigen Temperaturen sorgt die Einlagerung von Cholesterin-Molekülen dafür, dass die Membran nicht zu starr bzw. kristallin wird. Hier erhöht Cholesterin also die Fluidität der Membran. Bei hohen Temperaturen dagegen hat Cholesterin eine gegenteilige Wirkung, die Fluidität (Flüssigkeit) der Membran wird verringert. Daher wird Cholesterin manchmal auch als Fluiditäts-Puffer bezeichnet.

Transport

Wenn man sich die Struktur des Cholesterin-Moleküls anschaut, wird einem sofort klar, dass diese Verbindung nicht die Spur wasserlöslich ist. Wie wird es dann aber im Blut zu den Zellen transportiert, wenn es sich nicht im wässrigen Blutplasma löst. Als Emulsion, in Form von kleinen Fetttröpfchen?

Lipoproteine

Nein, das Cholesterin wird in Form sogenannter Lipoproteine transportiert. Lipoproteine sind Aggregate, die aus Proteinen und Lipiden bestehen und meistens so aufgebaut sind, dass die Außenhülle hydrophil, die Innenseite dagegen lipophil ist. Hier eine einfache Skizze eines solchen Lipoproteins:

Ein einfaches Lipoprotein

Die Zeichnung stellt eine kleine Micelle dar, in deren Außenhülle einige Proteine eingebettet sind. Im Innern der Micelle befinden sich - im lipophilen Raum - einige Cholesterin-Moleküle sowie einige Triglycerid-Moleküle. In Wirklichkeit ist ein solches Lipoprotein viel komplexer aufgebaut.

Cholesterin-Moleküle sind hydrophob (wasserabweisend) und können daher nicht direkt im wässrigen Blutplasma transportiert werden. Sie werden in sogenannte Lipoproteine verpackt und können in dieser Form leicht transportiert werden.

HDL und LDL

Die beiden wichtigsten Lipoproteine, mit denen Cholesterin im Blut transportiert wird, sind die Lipoproteine HDL und LDL. HDL wird fälschlicherweise oft als "gutes Cholesterin" bezeichnet ("hab dich lieb"), während LDL häufig als "schlechtes Cholesterin" Berühmtheit erlangt hat ("liederlich").

Die Abkürzungen HDL und LDL stehen für das englische "High density lipoprotein" und "Low density lipoprotein". Das HDL hat also eine hohe Dichte, das LDL eine geringe Dichte.

Das LDL hat eine wichtige Funktion im Körper, es bringt nämlich das Cholesterin zu den Zellen, wo es benötigt wird. Aber auch das HDL hat eine wichtige Funktion im Körper, es sammelt nämlich überschüssiges Cholesterin wieder ein und transportiert es von den Zellen zur Leber.

Somit könnte man das LDL mit einem Pizza-Bringdienst oder Lieferservice vergleichen, das HDL dagegen mit einer Müllabfuhr, welche die Pizzareste und leeren Pizzakartons wieder wegholt.

Cholesterinspiegel

Wenn der Arzt bei einer Blutuntersuchung den Cholesterinspiegel feststellt, gibt er meistens drei Werte bekannt und bespricht diese.

Der Gesamtcholesterinspiegel ist die Menge des Cholesterins, die sich in Form von HDL und LDL gerade im Blut befindet. Sollte dieser Wert stark erhöht sein, schaut sich der Arzt an, wie hoch der HDL- bzw. LDL-Spiegel ist. Wenn nur der HDL-Spiegel erhöht ist, ist das normalerweise kein Grund zur Besorgnis. Schlimmer ist es, wenn der LDL-Spiegel erhöht ist. Denn nur das LDL-Cholesterin kann in die Gefäßwände eindringen und sich dort ablagern, was langfristig zur sogenannten Arteriosklerose (Arterien-"Verkalkung") führen kann (aber nicht muss). Das Wort "Verkalkung" in dem Begriff "Arterienverkalkung" ist übrigens Blödsinn, denn es wird ja kein Calciumcarbonat (Kalk) abgelagert, sondern Cholesterin.

Für das Fach Ernährungslehre ist es nun wichtig zu wissen, dass man durch eine fettarme und kohlenhydratreiche Ernährung den Cholesterinspiegel wieder senken kann. Allerdings sinkt dann nicht nur der LDL-Spiegel, sondern gleichzeitig auch der HDL-Spiegel, also der Anteil des "guten" Cholesterins. So zumindest ist die gängige Lehrbuchmeinung der Schulmedizin.

Neuere Erkenntnisse

Heute weiß man, dass es verschiedene Typen von LDL-Transportern gibt.

LDL-A ist das "normale" LDL-Cholesterin. Hierbei handelt es sich um recht große Lipoproteine, die keine große Neigung haben, in die Gefäßwände einzudringen.

LDL-B ist ein sehr kleines Lipoprotein, das sehr wenig Cholesterin transportiert. Das ist der Grund dafür, dass LDL-B viel leichter in die Gefäßwände eindringen kann.

Tatsächlich haben wissenschaftliche Studien ergeben, dass über 60% der Herzinfarkt-Patienten einen erhöhten LDL-B-Spiegel im Blut hatten. In der Medizin wird jetzt vermehrt auf das Verhältnis von LDL-A zu LDL-B geachtet.

Herkunft von LDL-B

In der Leber werden Schadstoffe wie Ethanol (Trinkalkohol), aber auch Fruchtzucker und andere Stoffe in Fettsäuren umgewandelt. Sogar aus Traubenzucker können in der Leber Fettsäuren entstehen, dann nämlich, wenn der Insulinspiegel in Folge einer Insulinresistenz stark überhöht ist.

Diese ständige Produktion von Fettsäuren ist für die Leber natürlich gar nicht gut, es droht eine Leberverfettung (Fettleber). Also, was macht die Leber? Sie sorgt dafür, dass die überschüssigen Fettsäuren wieder abtransportiert werden. Dazu benötigt die Leber aber einen Fetttransporter, weil sie die wasserunlöslichen Fettsäuren bzw. die aus ihnen hergestellten Triglyceride nicht so einfach ins Blut abgeben kann.

Aus diesem Grunde produziert die Leber den Fett-Transporter VLDL (Verve Low density lipoprotein). Im Gegensatz zu den LDL- und HDL-Transportern transportieren die VLDL-Transporter aber kein Cholesterin, sondern die in der Leber hergestellten Triglyceride.

VLDL, LDL und HDL im Größenvergleich

Der Arzt kann den Anteil dieser VLDL-Transporter ebenfalls bei einer Blutuntersuchung messen; dieser Messwert wird dann als Triglycerid-Spiegel bezeichnet.

Jetzt ist aber immer noch nicht die Frage geklärt, wo eigentlich das LDL-B herkommt, das ja so besonders schädlich ist. Der Prozess ist aber auch reichlich kompliziert.

Wenn viel VLDL im Blut ist (hoher Triglycerid-Spiegel) und gleichzeitig wenig HDL, aber viel LDL, dann treten einige Triglycerid-Moleküle in die reichlich vorhandenen LDL-Transporter über. Dadurch sinkt der Cholesterin-Anteil in den LDL-Transportern, und der Triglycerid-Anteil steigt. Nun kommen die LDL-Transporter an Fettzellen vorbei und geben ihre Triglyceride ab. Dadurch schrumpfen die LDL-Transporter stark, sie enthalten jetzt nur noch Cholesterin, aber keine Triglyceride mehr. Aus den LDL-A-Transportern sind LDL-B-Transporter geworden.

Die Bildung von LDL-B ist also eine Folge eines zu hohen Triglycerid-Spiegels im Blut, wenn gleichzeitig der HDL-Spiegel niedrig ist.

Ernährungsempfehlungen

Bisher wurde bei Übergewicht, Adipositas oder Insulin-Resistenz eine kohlenhydratreiche und fettarme Ernährung empfohlen. Eine fettarme Ernährung senkt tatsächlich den Cholesterinspiegel, aber leider nicht nur den LDL-Spiegel, sondern gleichzeitig auch den HDL-Spiegel.

Liegt nun eine Insulinresistenz vor, so werden die im Überschuss aufgenommenen Kohlenhydrate in der Leber zu Fettsäuren abgebaut und in die VLDL-Transporter verpackt. Der Triglycerid-Spiegel steigt an. Das führt dann wie oben beschrieben zu einem Anstieg des gefährlichen LDL-B-Cholesterins. Der Arzt merkt das oft aber gar nicht, weil gleichzeitig der LDL-A-Spiegel sinkt, denn das LDL-B wird ja aus LDL-A hergestellt.

Was sollen Menschen mit Insulinresistenz also machen? Kohlenhydrate in der Ernährung sind nicht so gut; er müsste also wieder fettreicher essen. Welche Folgen hat eine fettreiche und kohlenhydratarme Ernährung? Zu dieser Frage hat die Universität Stanford im Jahre 2007 eine umfangreiche Studie durchgeführt, in der sie alle möglichen Diäten und ihre Auswirkungen auf den Stoffwechsel verglichen haben. Bei einer Low-Carb-Diät (wenige Kohlenhydrate, viel Fett) ist bei den Teilnehmern zwar der Cholesterinspiegel insgesamt gestiegen, nicht aber der Anteil des schädlichen LDL-B-Cholesterins. Die größte Überraschung war aber, dass der Triglyceridspiegel bei der Low-Carb-Gruppe doppelt so stark gefallen ist wie bei allen anderen Gruppen. In der Leber dieser Personen wurde kein Fett aufgebaut.

Low Carb ist häufig im Gespräch, wenn es um Gewichtsreduzierung geht. Gesundheitsbewusste Menschen geben dafür bereitwillig Geld aus. Deshalb gibt es inzwischen auch viele Low Carb Produkte, die Fitness und Vitalität unterstützen und Low Carb kochen einfach machen sollen.