Home > Biologie > Neurobiologie > Grundlagen > Erregungsentstehung und -weiterleitung > Aktionspotenzial

Phase 3 für Experten

Allgemeines - Ablauf - Phasen - positive Rückkopplung - Ionen-Permeabilitäten - Historisches - Ionen-Kanäle

Auf der Hauptseite hatten wir gesagt, dass eine positive Rückkopplung einsetzt, sobald das Membranpotenzial einen gewissen Schwellenwert überschritten hat, der üblicherweise irgendwo zwischen -50 und -30 mV liegt.

Auf dieser Seite, die sich vorwiegend an Expertinnen und Experten richtet, die vielleicht sogar schon Biologie, Chemie oder Medizin studieren, wollen wir zwei wichtigen Fragen nachgehen.

  1. Was versteht man eigentlich unter einem Gleichgewichtspotenzial?
  2. Wie ist das Einströmen der Natrium-Ionen während eines Aktionspotenzials unter energetischen Gesichtspunkten zu sehen?

Was ist ein Gleichgewichtspotenzial?

Messung des Gleichgewichtspotenzials

Die Bildung eines Gleichgewichtspotenzials wurde auf den Seiten zum Ruhepotenzial ausführlich besprochen, vor allem bei der Behandlung des zweiten Modellversuchs (links Kaliumcitrat, rechts dest. Wasser).

Berechnung von Gleichgewichtspotenzialen
Berechnung von Gleichgewichtspotenzialen

Auf dieser Lexikonseite wird ausführlich und an zwei Beispielen dargestellt, wie man das Gleichgewichtspotenzial für Ionen berechnen kann.

Energetische Aspekte

Wie berechnet man nun die in einem Na+- oder K+-Gradienten gespeicherte freie Enthalpie ΔG?

Die entsprechende Formel lautet

$\Delta G = 2,303 \cdot R\cdot T \ \cdot log \frac{c_{2}}{c_{2}} + z \cdot F \cdot U$

Dabei gilt:

  • R = Gaskonstante = 0,008315 kJ mol-1 K-1
  • T = absolute Temperatur in K
  • z = elektrische Ladung
  • F = Faraday-Konstante = 96,5 kJ mol-1 V-1
  • U = Membranpotenzial

Die Membranspannung im Ruhezustand beträgt im Schnitt U = -70 mV. Die Konzentration der Natrium-Ionen auf der Außenseite der Zelle liegt bei Säugetieren bei 145 mmol/l, während die Innenkonzentration nur 12 mmol/l beträgt. Wenn sich die spannungsgesteuerten Natrium-Kanäle öffnen, strömen Natrium-Ionen mit hoher Geschwindigkeit von außen nach innen in die Nervenzelle. Bei einer Temperatur von 37 ºC oder 310 K berechnen wir dann Folgendes:

$\Delta G = 2,303 \cdot 0,008315 \frac{kJ}{mol \cdot K} \cdot 310 K \ \cdot log \frac{0,012}{0,145} + 1 \cdot 96,5 \frac{kJ}{V \cdot mol} \cdot -0,07 V$

$\Delta G = (5,936 \frac{kJ}{mol} \ \cdot -1,082) -6,755 \frac{kJ}{mol}$

$\Delta G = - 13,18 \frac{kJ}{mol}$

Das Membranpotenzial von -70mV hat also einen sehr großen Einfluss auf die Diffusion der Natrium-Ionen. Mit -6,755 kJ/mol trägt das elektrische Potenzial ungefähr genau so viel zur Diffusion bei wie das chemische Potenzial mit -6,422 kJ/mol. Beide Triebkräfte, elektrisches und chemisches Potenzial zeigen ja auch in die gleiche Richtung, nämlich ins Zellinnere. Die Zellinnenseite ist negativ geladen und zieht daher die positiven Natrium-Ionen an.

In der Repolarisierungsphase strömen die Kalium-Ionen aus der Zelle heraus. Wie sieht hier die Energiebilanz aus? Das Membranpotenzial beträgt jetzt +30 mV, die Kalium-Ionen liegen in den bekannten Konzentrationen vor (siehe oben). Setzen wir diese Wert in die Formel ein:

$\Delta G = 2,303 \cdot 0,008315 \frac{kJ}{mol \cdot K} \cdot 310 K \ \cdot log \frac{0,155}{0,004} + 1 \cdot 96,5 \frac{kJ}{V \cdot mol} \cdot +0,03 V$

$\Delta G = (5,936 \frac{kJ}{mol} \ \cdot 1,588) +2,895 \frac{kJ}{mol}$

$\Delta G = +12,321 \frac{kJ}{mol}$

Das Ergebnis ist hier formal zunächst positiv, weil die Diffusion der Kalium-Ionen in entgegengesetzer Richtung erfolgt. Für eine Bergaufdiffusion nach innen müsste man eine Enthalpie von 12,321 kJ/mol aufwenden. Strömen die Kalium-Ionen dagegen nach außen, wie es beim Aktionspotenzial der Fall ist, werden 12,321 kJ/mol freigesetzt. 9,426 kJ/mol entfallen dabei auf die im Konzentrationsgradienten gespeicherte Energie, 2,895 kJ/mol auf die im elektrischen Potenzial gespeicherte Energie. Die Innenseite ist positiv geladen und "drückt" die Kalium-Ionen regelrecht heraus.