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Allgemeines

Allgemeines - Einordnung - System - Generationswechsel - Nervensystem

Nesseltiere

Im Deutschen werden die Cnidaria als Nesseltiere bezeichnet, weil sie in ihrer Epidermis über Nesselkapseln verfügen, die zur Betäubung bzw. Tötung von Beute sowie zur Abwehr von Fressfeinden dienen.

Bei den ca. 11.000 Arten der Nesseltiere handelt es sich um relativ einfach gebaute sessile oder schwimmende Wasserlebewesen, die im Meer und seltener im Süßwasser als Polypen (sessil) bzw. Quallen (schwimmend) leben.

Beschreibung siehe folgenden Text

Eine angestrandete Qualle am Strand der Ostsee
Autor: Ulrich Helmich 2016, Lizenz: siehe Seitenende

Klassen der Cnidaria

Es gibt vier große Klassen der Cnidaria [2], nämlich

  1. Scyphozoa(Schirmquallen)
  2. Cubozoa(Würfelquallen)
  3. Hydrozoa(Hydrozoen)
  4. Anthozoa(Blumentiere)
System der Cnidaria

Einige Autoren teilen die Cnidaria auch in fünf Klassen ein oder sogar in sechs oder sieben Untergruppen. Einzelheiten dazu finden Sie auf dieser Vertiefungsseite.

Generationswechsel

In allen vier Klassen bilden die Polypen sozusagen die Ausgangsform, während die Medusen (Quallen) durch eine spezielle Form der Knospung aus den Polypen entstehen. Die Medusen pflanzen sich dagegen geschlechtlich fort. Aus den befruchteten Eizellen entstehen sogenannte Planula-Larven, die sich nach einige Zeit auf dem Substrat (Meeresboden, Pflanzen) festsetzen und wieder zu neuen Polypen entwickeln. Es handelt sich hier also um einen typischen Generationswechsel.

Generationswechsel der Nesseltiere

Auf dieser Vertiefungsseite wird der Generationswechsel der Nesseltiere näher dargestellt.

Polypen- und Medusenformen

Bereits an den deutschen Bezeichnungen der Scyphozoa und Cubozoa (Schirmquallen bzw. Würfelquallen) kann man erkennen, dass hier die Medusenform die ins Auge springende Organisationsform ist, während die Polypen sehr klein und unscheinbar sind. Auch bei den Hydrozoen sind die Polypen eher klein, die Quallen dagegen oft recht auffällig.

Ein besonderer Fall sind die Anthozoa (Blumentiere). Hier fehlt die Medusenform komplett, und die Polypen können sich ungeschlechtlich und geschlechtlich fortpflanzen.

Nesseltiere leben solitär oder stockbildend

Die Polypen der Cnidaria kommen solitär oder stockbildend vor, also als Einzeltiere oder als Mitglied einer größeren Kolonie von Tieren. Ein Korallenstock beispielsweise besteht aus vielen Hundert bis Tausend spezialisierten Polyen, deren Hohlräume untereinander zu einem großen Netzwerk verbunden sind.

Nesseltiere sind nackt oder haben ein Skelett

Beispiele für nackte Nesseltiere sind die verschiedenen Quallen, aber auch viele Polypen wie zum Beispiel Hydra, der bekannte Süßwasserpolyp.

Korallen dagegen bilden Endoskelette, und die Endoskelette einer großen Korallen-Kolonie bilden dann ein großes Korallenriff.

Nesseltiere haben eine sackförmige und radialsymmetrische Grundgestalt

Von oben betrachtet, haben sowohl die Polypen wie auch die Medusen eine runde Gestalt. In der Fachliteratur findet man die Formulierung "vier- bis n-strahlig radiärsymmetrisch um eine zentrale Hauptachse". [2].

Die Beschreibung der Nesseltiere als "sackförmig" ist vielleicht etwas zu allgemein, auf manche Arten mag das vielleicht zutreffen, aber es gibt viele bizarre und interessante Formen bei den Nesseltieren zu beobachten, die alles andere als sackförmig sind.

Die Körper der Nesseltiere bestehen aus zwei Epithelien

Unter einem Epithel versteht man ein Abschlussgewebe. Solche Abschlussgewebe bestehen meistens aus einer, zwei oder nur wenigen Zellschichten. Sie schließen den Körper nach außen ab oder sie kleiden den Hohlraum bestimmter Organe wie zum Beispiel den Magen aus.

Baupläne der Medusen und Polyen
Autor: Philcha, Lizenz: Public domain

Die beiden Abschlussgewebe der Nesseltiere sind die äußere Epidermis (rot gezeichnet) und die innere Gastrodermis (blau gezeichnet). Zwischen den beiden Geweben befindet sich eine mehr oder weniger zellfreie Mesoglea (grau dargestellt).

Die Epidermis enthält u.a. Nesselzellen, mit deren Gift die Cnidaria Beute überwältigen oder Fressfeinde abwehren. Die Gastrodermis enthält u.a. Drüsenzellen , die Verdauungsenzyme in den Magen abgeben.

Nesseltiere haben einen Mund und einen Magen

Durch den Mund des Nesseltiers kommt die von den Tentakeln eingefangene Nahrung in den Magen, dort wird sie von den Enzymen verdaut. Die so gewonnenen Nährstoffe gehen in die Zellen der beiden Gewebe über, und die nicht verwertbaren Reste der Nahrung werden durch die Mundöffnung wieder ausgestoßen.

Nesseltiere besitzen Nerven- und Muskelzellen

Die Polyen und Quallen der Cnidaria enthalten Nervenzellen, die sich untereinander zu größeren Netzen - Nervennetzen - verbunden haben. Diese Nervennetze haben aber kein Zentrum. Es können aber Informationen von den Sinneszellen zu den Muskelzellen übertragen werden, so dass das Tier auf Außenreize reagieren kann. Richtige Muskelgewebe haben die Nesseltiere nicht, sondern auch nur einzelne Zellen, die ein Netzwerk bilden und den Quallen so das aktive Schwimmen ermöglichen. Aber auch Polypen können sich bewegen, vor allem ihre Tentakel, mit denen sie die Beute einfangen.

Nesseltiere haben keine echten Organe

Organe fehlen den Nesseltieren. Eine Ausnahme sind die Augen vieler Quallen, die teils recht komplex gebaut sind.

Systematik

Äußere Systematik

Die systematische Stellung der Cnidaria ist immer noch umstritten. In drei Lehrbüchern der speziellen Zoologie findet man mit Sicherheit fünf unterschiedliche Vorschläge zur Einordnung dieser Tiere in das System der Eukaryoten.

Ältere Fachbücher
Beschreibung siehe folgenden Text

Einordnung der Cnidaria laut Kaestner (1984)
Autor: Ulrich Helmich 08/2023, Lizenz: siehe Seitenende

In älteren Lehrbüchern wurden die Cnidaria mit den Ctenophora zu den Coelenterata (Hohltieren) zusammengefasst. Im Kaestner von 1984 werden dagegen die beiden Stämme Cnidaria und Ctenophora "gleichberechtigt" nebeneinander gestellt.

Aber auch in dem relativ neuem Lehrbuch von Westheide und Rieger werden die Cnidaria und Ctenophora als Coelenterata zusammengefasst und den Bilateria gegenüber gestellt.

Beschreibung siehe folgenden Text

Einordnung der Cnidaria laut Burda, Hilken, zrzavy (2016)
Autor: Ulrich Helmich 08/2023, Lizenz: siehe Seitenende

In anderen Büchern sind nicht die Coelenterata die Schwestergruppe der Bilateria, sondern nur die Cnidaria. Die Ctenophora sind in dem Lehrbuch von Burda, Hilken und Zrzavy (2016) die ursprünglichsten Metazoa.

Einordnung der Cnidaria

Auf dieser Vertiefungsseite werden die Ansichten der genannten Autoren etwas genau dargestellt. Außerdem schauen wir in die deutsche und engl. Wikipedia und fragen auch ChatGPT, was die KI dazu zu sagen hat. Dabei entdecken wir dann gravierende Fehler! Leute, die meinen, dass sie sich ihre Examensarbeit von ChatGPT schreiben lassen wollen, sollten sich diese Vertiefungsseite wirklich mal näher anschauen.

Quellen:

  1. Kaestner, Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Band I: Wirbellose Tiere, 1. Teil. Stuttgart 1980.
  2. Westheide, Runge (Hrsg.), Spezielle Zoologie, Teil 1. 3. Auflage, Berlin Heidelberg 2013.
  3. Burda, Hilken, Zrzavy, Systematische Zoologie, 2. Auflage, utb-Basics 2016.
  4. Wikipedial, verschiedene Artikel.