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Generationswechsel der Nesseltiere

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Bei drei Klassen der Cnidaria liegt ein typischer metagenetischer Generationswechsel vor: Die Polypen vermehren sich ungeschlechtlich durch Knospung und können gelegentlich kleine Quallen-Larven abspalten. Die Quallen-Larven entwickeln sich dann zu kleinen bis großen Quallen und pflanzen sich in der Regel geschlechtlich fort. Die befruchtete Keimzelle wird zur Planula-Larve, die sich nach einer gewissen Zeit auf dem Boden oder einer Pflanze festsetzt und dann wieder zu einem Polypen heranwächst.

Der Generationswechsel ist homophasisch, weil beide Organisationsformen, der Polyp und die Qualle, diploid sind. Es kommt also kein Wechsel des Ploidiegrades vor.

Bei vielen pflanzlichen Organismen wie Moose oder Farnen liegt dagegen ein heterophasischer Generationswechsel vor: Die eine Generation ist diploid, die andere aber haploid. Bei den Nesseltieren ändert sich der Chromosomensatz jedoch nicht. Die Polypen sind diploid. Wenn sich die Medusen durch Knospung bilden, sind diese ebenfalls diploid. Die Keimzellen der Medusen sind natürlich haploid, wegen der Meiose, die zu ihrer Bildung geführt hat. Verschmelzen zwei Keimzellen zu einer Zygote, ist diese wieder diploid. Und so ist auch die Planula-Larve, die aus dieser Zygote entsteht, diploid.

Der Generationswechsel ist metagenetisch, weil sich die beiden Generationen in ihrer Fortpflanzungsart unterscheiden: Die Polypen pflanzen sich asexuell fort, die Medusen sexuell.

Bildung von Medusen

Das folgende Bild aus der Wikipedia zeigt, wie Quallen bzw. Medusen entstehen und in welcher Beziehung sie zu Polypen stehen.

Entwicklungsstadien einer Qualle
Autor: Matthias Jacob Schleiden (1804-1881), Lizenz: Public domain

Die Stadien 1 bis 8 zeigen eine Planula-Larve, wie sie sich entwickelt (2, 3), sich auf dem Untergrund festsetzt (4) und sich dann zu einem Polypen weiterentwickelt (Metamorphose, 4-8).

Die Stadien 9 bis 10 zeigen die Abschnürung der Ephyral-Larven, die sich dann zu ausgewachsenen Quallen weiterentwickeln (12-14). Bei diesem Prozess handelt es sich um eine asexuelle, vegetative Vermehrung.

Was das Bild jetzt nicht zeigt ist die sexuelle Fortpflanzung der Quallen. Aus den befruchteten Eizellen (diploid) bilden sich dann neue Planula-Larven, die sich wieder als Polyp (haploid) festsetzen.

Es liegt also ein typischer Generationswechsel vor, bei dem sich eine haploide und eine diploide Generation abwechseln. Wenn man die Lebenszeiten von Polypen und Quallen miteinander vergleicht, dann kommt man zum Schluss, dass der Polyp die Hauptform ist und nicht die Qualle. Manche Polypen können mehrere Jahre leben, Quallen dagegen nur wenige Wochen oder Monate.

Die Fortpflanzung näher betrachtet

Sexuelle Fortpflanzung

Die meisten Nesseltiere sind getrenntgeschlechtlich, es gibt also männliche und weibliche Medusen, bei den Anthozoa, die ja keine Medusen bilden, sind die Polyen männlich oder weiblich, teils auch zweigeschlechtlich (Zwitter).

Die Befruchtung kann sowohl äußerlich wie auch innerlich sein (im Magenraum).

Brutpflege ist recht verbreitet, die Larven verbleiben dann zunächst im Gastrovaskularsystem, also im teils stark verzweigten Magenraum.

Asexuelle Fortpflanzung

Bei den Nesseltieren gibt es im Prinzip vier Arten der ungeschlechtlichen Fortpflanzung [4]:

  1. Bildung von Medusen aus Polypen
  2. Bildung neuer Polypen aus Polypen
  3. Bildung neuer Medusen aus Medusen (eher selten)
  4. Bildung von Schwimmknospen aus Medusen, die dann zu Polypen werden.
Anthozoa (Blumentiere)

Die Blumentiere umfassen ca. 7.500 Arten, sie sind damit die größte Klasse der Nesseltiere. Da die Polypen der Anthozoa keine Medusen ausbilden, nimmt man an, dass es sich bei dieser Klasse um die ursprünglichste Klasse der Cnidaria handelt. Ein Generationswechsel kommt hier also nicht vor.

Die Polypen der Blumentiere können sich sowohl sexuell wie auch asexuell fortpflanzen.

Sexuelle Fortpflanzung

Manche Arten sind zweigeschlechtlich, besitzen also nur männliche oder weibliche Keimzellen, andere Arten sind dagegen Zwitter, in den Polypen finden sich also männliche und weibliche Keimzellen. Zur Selbstbefruchtung kommt es hier aber nicht, weil sich die männlichen und weiblichen Keimzellen in jedem Polypen einer Art zu unterschiedlichen Zeitpunkten entwickeln.

Aus der befruchteten Eizelle bildet sich eine frei schwimmende Larve, die sich irgendwann festsetzt und zu einem neuen Polypen heranwächst.

Asexuelle Fortpflanzung

Bei einigen Arten der Anthozoa kommt hauptsächlich die ungeschlechtliche Vermehrung durch Knospung vor, was aber eine geschlechtliche Fortpflanzung nicht ausschließt.

Cubozoa (Würfelquallen)

Bei diesen Tieren reift die Planula-Larve zu einem nur sehr kleinen Polypen heran, aus dem dann nur eine einzige Qualle entsteht. Der Entwicklungszyklus ist hier also sehr einfach und ursprünglich.

Scyphozoa (Echte Quallen, Scheibenquallen)

Die Individuen dieser Ordnung vermehren sich genau so, wie es in der historischen Abbildung von Schleiden (Abb. 5) zu sehen ist. Durch eine besondere Art der Knospung, der Strobilation, entstehen am oberen Ende des Polypen die Ephyra-Larven. Nachdem diese sich vom Polypen abgetrennt haben, entwickeln sie sich zu geschlechtsreifen Quallen. Der Polyp selbst wird durch die Strobilation zwar zunächst kleiner, regeneriert sich aber bald und kann neue Ephyra-Larven bilden.

Hydrozoa

Auch die Hydrozoa (bekanntester Vertreter ist der Süßwasserpolyp Hydra) haben einen Generationswechsel, bei dem sich der Polyp ungeschlechtlich durch Knospung vermehrt und Medusen abspaltet, während sich die sehr kleinen Medusen geschlechtlich fortpflanzen.

Quellen:

  1. Kaestner, Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Band I: Wirbellose Tiere, 2. Teil. Stuttgart 1984.
  2. Wikipedia, verschiedene Artikel.
  3. "Nesseltiere" auf www.william-hogarth.de.
  4. Westheide, Runge (Hrsg.), Spezielle Zoologie, Teil 1. 3. Auflage, Berlin Heidelberg 2013.