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Nervensystem

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Das Nervennetz

Ob man bei den Nesseltieren schon von einem richtigen Nerven-System sprechen kann, ist noch relativ umstritten. Nervenzellen sind vorhanden, und die einzelnen Zellen sind untereinander stark vernetzt, so dass sich ein Nerven-Netz bildet, das mit Sinneszellen und -organen verbunden ist. Aber Nerven-Knoten (Ganglien) oder gar eine Art Gehirn fehlen den Nesseltieren. Allerdings sind die Nervenzelle im Kopfbereich und im Fußbereich des Polypen konzentriert, wie man auf dem folgenden Bild gut sehen kann. Damit ist das Nervensystem der Cnidaria das "einfachste, das wir im gesamten Tierreich kennen" [1].

Beschreibung siehe folgenden Text

Das Nervennetz eines Polypen
Aus Kaestner 1984 nach McConnel 1932

Neuere Forschungen haben gezeigt, dass zumindest Hydra (der "Schulbuch-Poly") mehrere Nervennetze besitzt, die sich überlagern.

Beschreibung siehe folgenden Text

Die Nervennetze von Hydra
Autor: Dupre and Yuste [2], Lizenz: siehe PMC Copyright Notice

In dieser Abbildung aus dem Original-Artikel von Dupre und Yuste [2] sind vier verschiedene Nervennetze farbig hervorgehoben.

Ein Nervennetz ist für die Reaktion auf Lichtreize verantwortlich und bewirkt ein Längenwachstum des Polypen. Ein anderes Netz ist für eine "radiale Kontraktion" des Polypenkörpers zuständig, und dann gibt es noch Netze für die "longitudinale Kontraktion" sowie ein Netz für das Bewegen der Tentakel [2]. Interessant ist, dass bereits im Kaestner von 1980 folgendes zu lesen ist: "In der Mehrzahl der Fälle... muss das Vorhandensein mehrerer Leitungsnetze indirekt aus den physiologischen Leistungen ... erschlossen werden." [1]

Die Nervenzellen der Cnidaria

Laut [1] gibt es mindestens vier Typen von Nervenzellen in den Nesseltieren: monoplare, bipolare und multipolare Nervenzellen sowie bipolare Riesennervenzellen mit einem, zwei oder mehreren Axonen/Dendriten. Da die Nervenzellen isopolar sind kann man die Axone nicht von den Dendriten unterscheiden. Die Axone sind nicht von einer Myelinscheide umgeben, allerdings wickeln sich manche Epithelzellen lappenartig um Teile von Nervenzellen [1].

Interessant ist, dass beim Generationswechsel die Medusen, die durch Knospung aus dem Polypen entstehen, ein sehr viel komplexeres Nervennetz mit "übergeordneter nervöser Koordination" besitzen [1].

Impulsleitung

Die Aktionspotenziale werden im Nervennetz recht diffus weitergeleitet, es gibt also keine Vorzugsrichtung, sondern die Impulse breiten sich im ganzen (Teil)netz in allen Richtungen aus, gehorchen dabei aber dem allgemeinen Alles-oder-Nichts-Gesetz, schwächen sich also in ihrer Amplitude nicht ab.

Die Geschwindigkeit der Erregungsweiterleitung ist sehr gering, sie schwankt zwischen 4 cm und 1,2 m pro Sekunde [1].

Synapsen

Die Synapsen zeigen teils den "klassischen" Aufbau, sowohl bei den Synapsen zwischen zwei Nervenzelle wie auch bei den Synapsen zwischen einer Nervenzelle und einer Muskelzelle. "Klassischer Aufbau" heißt hier, dass das Axon der einen Nervenzelle zu einem synaptischen Köpfchen verdickt ist und viele synaptische Vesikel mit Neurotransmittern enthält, während in der postsynaptischen Zelle keine Vesikel zu beobachten sind (polarisierte Synapsen). Man hat aber auch Synapsen bei den Nesseltieren gefunden, die nicht dem "klassischen Aufbau" entsprechen. Hier kann man im Elektronenmikroskop synaptische Vesikel auf beiden Seiten des synaptischen Spalts erkennen (unpolarisierte Synapsen) [1].

Quellen:

  1. Kaestner, Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Band I: Wirbellose Tiere, 1. Teil. Stuttgart 1980.
  2. Dupre, Yuste, "Non-overlapping neural networks in Hydra vulgaris", Curr Biol. 2017 April 24; 27(8): 1085–1097.