Helmichs Biologie-Lexikon

Epithelien

"Epithelien bedecken die Körperoberfläche und kleiden alle inneren Höhlen aus, und sie müssen ein frühes Merkmal in der Evolution der Tiere gewesen sein. Zellen, die zu einer Epithelschicht verbunden sind, erzeugen eine Barriere, was für den vielzelligen Organismus die gleiche Bedeutung besitzt wie die Plasmamembran für eine einzelne Zelle." [1]

Die meisten der ca. 200 verschiedenen Zelltypen im Körper eines Wirbeltiers ist in Epithelien organisiert. Darunter versteht man vielzellige Schichten eng benachbarter Zellen, die untereinander durch Zell-Zell-Kontakte sowie mit der extrazellulären Matrix durch Zell-Matrix-Kontakte verbunden sind. Epithelien bedeckten äußere (z.B. Haut) und innere Körperoberflächen (z.B. Dünndarm).

Epithelien (Singular Epithlium) können einschichtig oder mehrschichtig sein. Das Epithel des Dünndarms ist beispielsweise einschichtig, während das Epithel der Haut aus mehreren Schichten von Zellen besteht.

Epithelien können aus nur einem Zelltyp bestehen oder aus verschiedenen mit unterschiedlichen Aufgaben, zum Beispiel Drüsenzellen und Stützzellen.

Epithelien haben unterschiedlichste Funktionen. Das Haut-Epithel zum Beispiel hat eine Schutzfunktion, das Dünndarm-Epithel resorbiert die Nährstoffe, die Netzhaut des Auges absorbiert Licht unterschiedlicher Wellenlängen.

Epithelien gehören neben dem Muskel-, dem Nerven- und dem Bindegewebe zu den vier Grundgewebearten der Metazoa, der vielzelligen Tiere. Aber auch bei Pflanzen findet man Epithelien, zum Beispiel auf der Blattober- und unterseite.

Epithelzellen
Beschreibung siehe folgenden Text

Epithelzellen eines einschichtigen Epithels
Autor: Ulrich Helmich 08/2023, Lizenz: siehe Seitenende

Auf diesem Bild sehen wir schematisch ein einschichtiges Epithel. Die Epithelzellen haben eine apikale Seite ("oben"), eine basale Seite ("unten") und zwei laterale Seiten ("seitlich"). Die apikale Seite eines Epithels ist stets dem Äußeren (Haut) oder dem Lumen (Dünndarm, Drüsen) zugewandt. Die basale Seite ist dagegen mit der Basallamina verbunden, und zwar über Zell-Matrix-Kontakte. Untereinander sind die Epithelzellen durch verschiedene Zell-Zell-Kontakte verbunden, zum Beispiel durch Desmosomen [1].

Einschichtige Epithelien

Wikipedia-Artikel, aber für den Schulgebrauch gekürzt und vereinfacht von U. Helmich

Beschreibung siehe folgenden Text

Die verschiedenen Epithelarten
Autor: SEER, Lizenz: Public domain

Einfache Epithelien

Einschichtiges Plattenepithel: Solche Epithelien dienen vor allem der glatten Auskleidung innerer Oberflächen. Da sie sehr dünn sind, ermöglichen einschichtige Plattenepithelien einen Stoffaustausch (z. B. Gasaustausch in den Lungenbläschen). Beispiele für einfache Epithelien sind die Auskleidungen der Blut- und Lymphgefäße, der Nierentubuli, der Speicheldrüsen, der Gallenblase und der Gallengänge, der Eierstöcke und Eileiter, der Magen- und Darmschleimhaut sowie die Hodenkanälchen.

Mehrreihige Epithelien

Auch das mehrreihige Epithel ist noch einschichtig, alle Zellen sind wie beim einschichtigen Epithel auf der Basallamina verankert, aber nicht alle erreichen das Lumen. Hochprismatische Zellen erfüllen die eigentliche Funktion, während kleine Basalzellen als Reserve für untergegangene Zellen bereitstehen. Die Zellkerne liegen so in unterschiedlicher Höhe und bilden dadurch scheinbare Schichten (Reihen). Beispiele für solche Epithelien sind das Flimmerepithel der Luftröhre sowie die Epithelien der Samenleiter und Nebenhodengänge.

Mehrschichtige Epithelien

Wikipedia-Artikel, aber für den Schulgebrauch gekürzt und vereinfacht von U. Helmich

Im mehrschichtigen Epithel liegen viele (mehr als zehn) Zellschichten übereinander. Es lässt sich grundsätzlich eine Dreiteilung vornehmen: In der basalen Schicht, die an der Basallamina verankert ist, finden Zellteilungen statt. Die Zellen steigen auf und differenzieren in einer Mittel- oder Intermediärschicht auf spezifische Weise. Schließlich erreichen sie die Oberflächen- oder Superfizialschicht.

Mehrschichtiges Plattenepithel

Dieses Epithel ist von großer Bedeutung und findet sich überall dort, wo die mechanische Belastung groß ist. Cytoskelett und Zellkontakte sind auf diese Belastung abgestimmt. In Regionen, die ständig befeuchtet sind, bleibt das mehrschichtige Plattenepithel unverhornt, wo es der Luft ausgesetzt ist, verhornt es.

Mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel

Mundhöhle, Speiseröhre, Analkanal, Vagina, Hornhaut und Bindehaut des Auges, in der männlichen Harnröhre kurz vor der äußeren Mündung.

Mehrschichtiges verhorntes Plattenepithel

Als weitere Schutzfunktion kommt hier noch das Absterben und Verhornen der äußeren Zellschichten hinzu. Die Zellen sind massiv mit Desmosomen untereinander und mit Hemidesmosomen in der Basallamina verankert.

Beim Menschen ist die Epidermis (Haut) das einzige verhornende Plattenepithel, bei Wiederkäuern (zum Beispiel Rindern) kommt es auch in Netzmagen, Blättermagen und Pansen vor.

Weitere mehrschichtige Epithelien

Neben mehrschichtigen Plattenepithelien kommen bei den Metazoen auch mehrschichtige Epithelien aus anders geformten Zellen vor, zum Beispiel isoprismatische Epithelien (zweischichtig und mehrschichtig) sowie mehrschichtige hochprismatische Epithelien.

Funktion der Epithelien

Wikipedia-Artikel, aber für den Schulgebrauch gekürzt und vereinfacht von U. Helmich

Schutzfunktion

Das Epithel erfüllt im Grunde zwei verschiedene Schutzfunktionen.

1. Mechanischer Schutz

Zum einen der rein mechanische Schutz vor allem durch die mehrschichtigen Epithelien. So muss die Epidermis der Haut ausreichende Reißfestigkeit besitzen und darf sich nicht vom darunterliegenden Bindegewebe ablösen.

2. Abdichtung

Zum anderen muss das Epithel die inneren Körperöffnungen abdichten: Magen- und Darminhalt müssen kontrolliert verwertet werden (hochprismatisches Epithel), der Urin muss in Blase und Harnleiter bleiben (Übergangsepithel), die Blut-Hirn-Schranke muss gewahrt bleiben (Kapillarendothel).

Resorption

Unter Resorption versteht man den Transport von Stoffen von apikal nach basal. Das klassische Beispiel ist die Resorption von Nährstoffen in der Darmschleimhaut. Die apikalen Oberflächen sind häufig differenziert, so kann eine Epithelienzelle ihre Oberfläche beispielsweise durch die Ausbildung zahlreicher Mikrovilli vergrößern.

Sekretion

Sämtliche Sekretionsvorgänge des Körpers geschehen von den Drüsenepithelien aus. Dementsprechend gibt es hier eine große Vielfalt, von der einzelnen Becherzelle der Darmschleimhaut über die Schweißdrüsen der Haut bis hin zu ganzen Organen wie den Speicheldrüsen oder der Bauchspeicheldrüse.

Drüsen sind Organe aus spezialisierten Epithelzellen; sie dienen der Sekretion. Man unterscheidet:

  • exokrine Drüsen, die ihre Sekrete durch einen Ausführungsgang an die Oberfläche bringen. Sie scheiden an inneren oder äußeren Oberflächen aus (z. B. Tränendrüse, Speicheldrüse, Schweißdrüse), und
  • endokrine Drüsen, die ihre Sekrete direkt an die umgebende Extrazellulärflüssigkeit abgeben und keinen Ausführungsgang besitzen. Häufig diffundieren die Sekrete (Hormone) anschließend in Blutgefäße und verteilen sich im ganzen Organismus (z. B. Schilddrüse, Hypophyse).
Sinnesfunktion

Ein Großteil der menschlichen Sinneszellen ist in epitheliale Zellverbände eingebettet. Diese Konstruktion bietet sich an, da Epithelien als oberflächliche Zelllagen aufgrund ihrer Anordnung eine vermittelnde Position zwischen Innen und Außen einnehmen. Beispiele:

  • Netzhaut des Auges
  • innere und äußere Haarzellen des Innenohrs
  • Riechschleimhaut (Riechepithel) in der Nasenschleimhaut
  • Geschmackszellen der Zunge
  • Merkel-Zellen (Mechanorezeptoren) sowie Schmerz- und Temperaturrezeptoren in der Epidermis
Transportfunktion

Manche Epithelien besitzen zusätzlich Flimmerhärchen auf ihrer Oberfläche, welche eine Transportfunktion haben. Sie können mit ihrem kräftigen Schlag Fremdkörper aus dem Organismus ausschleusen. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Flimmerepithel, das den größten Teil der Atemwege auskleidet.

Quellen:

  1. Alberts, Bruce et al. Lehrbuch der Molekularen Zellbiologie, 5. Auflage, Weinheim 2021.
  2. Wikipedia, Artikel "Epithel"