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Einordnung der Cnidaria

Allgemeines - Einordnung - System - Generationswechsel - Nervensystem

Äußere Systematik

Die systematische Stellung der Cnidaria ist immer noch umstritten. In drei Lehrbüchern der speziellen Zoologie findet man mit Sicherheit fünf unterschiedliche Vorschläge zur Einordnung dieser Tiere in das System der Eukaryoten.

Einordnung laut Kaestner (1984)
Beschreibung siehe folgenden Text

Einordnung der Cnidaria laut Kaestner (1984)
Autor: Ulrich Helmich 08/2023, Lizenz: siehe Seitenende

Klar ist, dass die Cnidaria zu den Metazoa gehören, den mehrzelligen Tieren , weil Nervenzellen und Muskelzellen vorhanden sind, teils sogar einfache Sinnesorgane, und sich die Quallen frei und aktiv im Wasser bewegen können.

In noch älteren Lehrbüchern wurden die Cnidaria mit den Ctenophora zu den Coelenterata (Hohltieren) zusammengefasst. Im Kaestner von 1984 werden dagegen die beiden Stämme Cnidaria und Ctenophora "gleichberechtigt" nebeneinander gestellt.

Einordnung laut Westheide/Rieger (2014)

Auch in dem relativ neuem Lehrbuch von Westheide und Rieger werden die Cnidaria und Ctenophora als Coelenterata zusammengefasst und den Bilateria gegenüber gestellt. Die Coelenterata und die Bilateria sind jeweils monophyletisch, haben also je einen gemeinsamen Vorfahren. Beide Gruppierungen werden dann als Eumetazoa, also als "echte Vielzeller" zusammengefasst. Die Schwestergruppe der Eumetazoa sind die Porifera, also die Schwämme. Insofern entspricht diese Einordnung im Prinzip der alten von Kaestner.

Einordnung laut Burda, Hilken und Zrzavy
Beschreibung siehe folgenden Text

Einordnung der Cnidaria laut Burda, Hilken, zrzavy (2016)
Autor: Ulrich Helmich 08/2023, Lizenz: siehe Seitenende

Hier sind nicht die Coelenterata die Schwestergruppe der Bilateria, sondern nur die Cnidaria. Die Ctenophora sind in diesem Lehrbuch die ursprünglichsten Metazoa. Als mögliche Gründe für diese enge Verwandtschaft mit den Bilateria werden die Muskelzellen und vor allem die Nervenzellen der Cnidaria angegeben sowie die Tatsache, dass die Tiere "richtige" Gewebe besitzen.

Was sagt die Wikipedia dazu?

Natürlich schauen wir auch mal in die deutsche und englische Wikipedia hinein. Wie werden die Cnidaria hier eingeordnet?

Deutsche Wikipedia

Hier gehört der Stamm Cnidaria zu den Eumetazoa, die wiederum eine Untergruppe der Metazoa sind. Eumetazoa und Metazoa haben hier keinen Rang.

Englische Wikipedia

Das Phylum Cnidaria wird hier den ParaHoxazoa eingegliedert, die wiederum zu dem Unterreich der Eumetazoa gehören.

Fazit

Wie bereits angedeutet - in drei Lehrbüchern der speziellen Zoologie oder auf drei seriösen Internetseiten findet man mit Sicherheit fünf unterschiedliche Vorschläge zur Einordnung dieser Tiere in das System der Eukaryoten. Alles ist noch in Bewegung. Einige molekulare Befunde sprechen für die nahe Verwandtschaft von Cnidaria und Ctenophora und rechtfertigen so die Existenz der Gruppe Coelenterata (Hohltiere), andere molekulare Befunde beweisen genau das Gegenteil, dass die Cnidaria und Ctenophora nicht näher miteinander verwandt sind, sondern dass sich die auffälligen Ähnlichkeiten rein konvergent entwickelt haben.

Und was meint ChatGPT?

Ja, da fällt mir gerade ein, man könnte ja auch mal ChatGPT befragen, was diese KI dazu "meint".

Hier die Fragestellung:

"Welche Befunde sprechen dafür, dass die Cnidaria und die Ctenophora eng miteinander verwandt sind, und welche Befunde sprechen dagegen?"

Und hier die Antwort von ChatGPT:

ChatGPTs Antwort

Die Beziehung zwischen den Cnidaria (Nesseltiere) und den Ctenophora (Rippenquallen) in der biologischen Systematik ist immer noch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen und Untersuchungen. Es gibt einige Befunde, die dafür sprechen könnten, dass diese beiden Gruppen eng miteinander verwandt sind, sowie Befunde, die dagegen sprechen.

Befunde, die dafür sprechen, dass Cnidaria und Ctenophora eng miteinander verwandt sind:

Gewisse morphologische Ähnlichkeiten: Cnidaria und Ctenophora teilen einige morphologische Merkmale, wie beispielsweise eine radial-symmetrische Körperstruktur, die bei anderen Tiergruppen weniger häufig vorkommt.

Nesselzellen: Beide Gruppen besitzen spezialisierte Zellen, sogenannte Nesselzellen, mit denen sie Beute fangen und sich vor Feinden schützen. Die Ähnlichkeit in der Struktur und Funktion dieser Zellen könnte auf eine gemeinsame Evolution hinweisen.

Befunde, die dagegen sprechen, dass Cnidaria und Ctenophora eng miteinander verwandt sind:

Embryonale Entwicklung: Die embryonale Entwicklung von Cnidaria und Ctenophora unterscheidet sich erheblich. Während die Cnidaria eine zweischichtige Keimblattstruktur haben (Diploblastie), haben die Ctenophora eine dreischichtige Keimblattstruktur (Triploblastie), die komplexer ist.

Genomische Unterschiede: Untersuchungen der Genome beider Gruppen haben erhebliche Unterschiede in genetischen Sequenzen und genetischen Markern gezeigt, die darauf hindeuten könnten, dass ihre letzte gemeinsame Vorfahren lange Zeit zurückliegt.

Molekulare Unterschiede: Untersuchungen von Molekülen wie Ribosomaler RNA (rRNA) haben auf signifikante Unterschiede zwischen Cnidaria und Ctenophora hingewiesen, die auf eine mögliche distante Verwandtschaft hinweisen könnten.

Fehlen von Zwischenformen: Es gibt bisher keine fossilen Zwischenformen oder Übergänge, die eine klare Verbindung zwischen den beiden Gruppen anzeigen würden.

Insgesamt bleibt die Beziehung zwischen Cnidaria und Ctenophora ein ungelöstes Rätsel in der Evolutionsbiologie. Es gibt sowohl unterstützende als auch widersprüchliche Hinweise auf eine mögliche Verwandtschaft. Weitere Forschung ist notwendig, um diese Fragen genauer zu klären und ein besseres Verständnis für die evolutionäre Geschichte dieser Tiergruppen zu entwickeln.

Ich will nun nicht sagen, dass diese Antwort sehr viele Fehler enthält, aber die Sache mit den Nesselzellen ist ja wohl ein "dicker Hund". Die Ctenophora besitzen keine Nesselzellen!

Ein weiterer "dicker Hund" ist die embryonale Entwicklung der Ctenophora, die von ChatGPT als Triploblastie eingeordnet wird, was aber völliger Unsinn ist. Genau wie die Cnidaria entwickeln die Ctenophora nur zwei Keimblätter, sind also diploblastisch.

Das Fehlen von fossilen Zwischenformen ist ja wohl auch ein Witz. Wie sollen denn Fossilien von Tieren erhalten sein, die hauptsächlich aus Gelee bestehen?

Meinen ursprünglichen Befund, dass die Antwort nicht viele Fehler enthält, ziehe ich hiermit zurück. Die Antwort ist voller Fehler. Die Aussagen zu den molekularen Unterschieden kann ich im Augenblick noch nicht überprüfen, dazu fehlen mir weiterreichende Informationen.

Quellen:

  1. Kaestner, Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Band I: Wirbellose Tiere, 1. Teil. Stuttgart 1980.
  2. Westheide, Runge (Hrsg.), Spezielle Zoologie, Teil 1. 3. Auflage, Berlin Heidelberg 2013.
  3. Wikipedial, Artikel "Nesseltiere".
  4. Burda, Hilken, Zrzavy, Systematische Zoologie, 2. Auflage, utb-Basics 2016.