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Grundsätzliche Überlegungen

Allgemeines - marklose Axone - markhaltige Axone - Druckwellen-Theorie

Aktionspotenziale entstehen am Axonhügel

Die Entstehung eines Aktionspotenzials hatten wir bereits besprochen. Was noch nicht erwähnt wurde, ist die Tatsache, dass ein Aktionspotenzial stets am Axonhügel der Nervenzelle gebildet wird.

Am Axonhügel befinden sich besonders viele spannungsgesteuerte Natrium-Kanäle. Ist die Membran der Nervenzelle am Axonhügel über einen bestimmten Schwellenwert hinaus depolarisiert, öffnen sich die spannungsgesteuerten Natrium-Kanäle und es bildet sich ein Aktionspotenzial. Bei den meisten Säugetierzellen liegt dieser Schwellenwert bei -30 mV.

Wir hatten ja in den ersten Kapiteln der Neurobiologie gesehen, dass die Dendriten eines Neurons die Aufgabe haben, Informationen von außerhalb der Nervenzelle zu empfangen und in elektrische Informationen umzuwandeln. Diese elektrischen Informationen werden in Form von Membranpotenzial-Änderungen, also in Form von Depolarisierungen oder Hyperpolarisierungen, zum Soma der Nervenzelle weitergeleitet. Dabei schwächen sich die De- und Hyperpolarisierungswellen allerdings mit der Zeit und mit zunehmender Ausbreitung ab - ähnlich wie die Wellen, die entstehen, wenn man einen Stein ins Wasser wirft.

Wenn eine solche Depolarisierung oder Hyperpolarisierung allerdings den Axonhügel erreicht, hat sie einen Einfluss auf das Membranpotenzial am Axonhügel. Ankommende Depolarisierungen, und seien sie auch noch so schwach, depolarisieren den Axonhügel. Kommen mehrere Depolarisierungswellen gleichzeitig am Axonhügel an, so addieren sich diese, und der Axonhügel wird stärker depolarisiert. Treffen gleichzeitig Hyperpolarisierungswellen am Axonhügel ein, so schwächen sie die Depolarisierungswellen wieder ab.

Eine durchschnittliche Nervenzelle ist mit vielen Hundert anderen vorgeschalteten Nervenzellen verbunden, von denen sie erregende oder hemmende Impulse empfangen kann. Die erregenden Impulse führen zu Depolarisierungswellen, die hemmenden Impulse zu Depolarisierungswellen. Am Axonhügel werden diese Wellen summiert, man spricht auch von einer räumlichen Summation. Auch wenn mehrere kleine Depolarisierungswellen nacheinander am Axonhügel eintreffen, erfolgt eine Summierung, hier spricht man dann von einer zeitlichen Summation.

All die ankommenden Wellen werden also am Axonhügel summiert und verändert dort das Membranpotenzial. Sobald das Membranpotenzial am Axonhügel einen gewissen Schwellenwert übersteigt (normalerweise um die -30 mV), öffnen sich dort zahlreiche spannungsgesteuerte Natrium-Kanäle, und ein Aktionspotenzial wird gebildet.

Aktionspotenziale entstehen am Axonhügel einer Nervenzelle, wenn dort das Membranpotenzial einen bestimmten Schwellenwert überschreitet, der bei ca. -30 mV liegt.

Aktionspotenziale werden nach dem Alles-oder-Nichts-Gesetz gebildet

Was passiert eigentlich, wenn die Depolarisierungswelle, die am Axonhügel ankommt, unter dem Schwellenwert (ca. -30 mV) liegt?

Man könnte nun denken, dass dort ein "kleines" Aktionspotenzial entsteht, dessen Peak nicht bei +30 mV liegt, sondern vielleicht nur bei +10 mV.

Das ist aber nicht der Fall. Wenn die die Depolarisierung unter dem Schwellenwert von ca. -30 mV liegt, passiert am Axonhügel gar nichts. Keine Spur von einem Aktionspotenzial!

Wenn die Depolarisierung aber den Schwellenwert erreicht oder sogar überschreitet, entsteht ein vollständiges Aktionspotenzial mit einem Peak von +30 mV. Halbe Aktionspotenziale gibt es an der Nervenzelle nicht. Einen solchen Sachverhalt bezeichnet man auch als Alles-oder-Nichts-Gesetz.

Aktionspotenziale entstehen nach dem Alles-oder-Nichts-Gesetz: Entweder bilden sie sich gar nicht, oder sie entstehen in vollem Ausmaß.

Aktionspotenziale werden verlustfrei weitergeleitet

Man hat festgestellt, dass die Stärke bzw. die Amplitude des Aktionspotenzials auf dem Weg vom Axonhügel zum synaptischen Endknöpfchen konstant bleibt. Auch an der Synapse kann man ein Membranpotenzial von +30 mV messen, wenn dort ein Aktionspotenzial ankommt. Das Aktionspotenzial wird also ohne Verluste weitergeleitet - wenn es denn mal am Axonhügel entstanden ist.

Aktionspotenziale werden verlustfrei am Axon weitergeleitet; die Amplitude des Aktionspotenzial nimmt auf dem Weg vom Axonhügel zur synaptischen Endigung nicht ab.

Auf der nächsten Seite beschäftigen wir uns mit der Frage, nach welchem Mechanismus eigentlich ein Aktionspotenzial weitergeleitet wird.