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1. Einführung
Aceton ist der Trivialname für Propanon, dem einfachsten Keton bzw. Alkanon.
2. Strukturdaten
Die Strukturdaten des Aceton-Moleküls zu finden, war sehr schwierig, sowohl die Fachliteratur wie auch das Internet liefern dazu kaum Informationen. Bei einer Google-Bildersuche bin ich dann auf den Seiten von Chemie-Schule.de fündig geworden.
Strukturdaten des Aceton-Moleküls
Autor: Ulrich Helmich 10/2024, Lizenz: Public domain
Eine Carbonylgruppe C=O ist mit zwei Methylgruppen -CH3 verknüpft. Wegen der hohen Elektronegativität des O-Atoms ist das C-Atom der Carbonylgruppe positiv polarisiert. Die hohe Elektronendichte des O-Atoms "drückt" die beiden C-C-Einfachbindungen etwas zusammen, so dass wir statt der "normalen" Bindungswinkel von 120º einen etwas engeren C-C-C-Winkel von 116º haben.
Was man auf diesem Bild nicht sehen kann, ist die planare Struktur des Aceton-Grundgerüstes. Die Carbonylgruppe sowie die beiden C-Atome der Methylgruppen liegen in einer Ebene. Ursache für die planare Struktur ist die sp2-Hybridisierung des C-Atoms und des O-Atoms der Carbonylgruppe.
Keto-Enol-Tautomerie
Wie viele Ketone zeigt auch Aceton eine Keto-Enol-Tautomerie.
Keto-Enol-Tautomerie bei Aceton
Autor: Ulrich Helmich 10/2024, Lizenz: Public domain
An sich gibt eine Alkyl-Gruppe kein Proton ab, die pKS-Werte sind extrem gering. Das gilt auch für die beiden CH3-Gruppen des Acetons. In Anwesenheit einer sehr starken Base jedoch gelingt es tatsächlich, der Methyl-Gruppe ein Proton zu entreißen. Zurück bleibt dann ein Carbanion, hier also ein Aceton-Anion mit einer negativ geladenen CH2--Gruppe.
Dieses Carbanion wird durch eine mesomere Grenzstruktur stabilisiert, einem Enolat, bei der sich eine C=C-Doppelbindung gebildet hat und die negative Ladung zum Sauerstoff-Atom gewandert ist.
Durch Anlagerung eines Protons an diese Enolat-Grenzstruktur entsteht die Enolform des Acetons, die formal als Propen-2-ol bezeichnet werden müsste.
3. Physikalische Eigenschaften
3.1 Schmelz- und Siedepunkt
Der Schmelzpunkt von Aceton bzw. Propanon liegt bei -95 ºC, der Siedepunkt bei 56 ºC.
Der Siedepunkt von Aceton liegt deutlich höher als der Siedepunkt vergleichbarer Alkane, aber auch deutlich unterhalb dem Siedepunkt vergleichbarer Alkohole:
- Butan (M = 58,1 g/mol, Sdp. = -0,5 ºC )
- Aceton (M = 58,1 g/mol, Sdp = 56 ºC)
- 2-Propanol (M = 60,1 g/mol, Sdp. = 82 ºC )
Wie kommt dieser "mittlere" Siedepunkt des Propanons zustande?
Propanon hat einen höheren Siedepunkt als ein Alkan mit vergleichbarer Molmasse (Butan). Das liegt daran, dass Propanon ein permanenter Dipol ist, daher wirken nicht nur die London-Kräfte zwischen den Molekülen (wie bei den Alkanen), sondern zusätzlich auch Keesom-Kräfte (oft als Dipol-Dipol-Wechselwirkung bezeichnet).
Ein vergleichbarer Alkohol (2-Propanol) dagegen hat einen deutlich höheren Siedepunkt als Propanon, denn die Alkohol-Moleküle werden nicht nur durch die eben genannten schwachen van-der-Waals-Kräfte zusammengehalten (London-Kraft, Keesom-Kraft), sondern zusätzlich durch relativ starke Wasserstoffbrücken-Bindungen.
3.2 Löslichkeitsverhalten
Aceton ist unbegrenzt in Wasser löslich. Verantwortlich dafür ist das O-Atom der Carbonylgruppe, das mit den Wasser-Molekülen H-Brücken bilden kann. Das O-Atom dient dabei als H-Brücken-Akzeptor, die H2O-Moleküle als H-Brücken-Donator.
Lösungsmittel
Aceton löst organische unpolare Stoffe meistens sehr gut, daher wird es häufig als universelles Lösemittel für alles Mögliche eingesetzt, zum Beispiel für Farben und Lacke, Vinylharze, Öle und so weiter. Auch als Nagellack-Entferner ist Aceton im Einsatz.
3.3 Weitere Eigenschaften
Aceton ist eine farblose, nach Nagellack riechende Flüssigkeit, die mit blau-gelber Flamme brennt. Die Dichte beträgt 0,79 g/cm3, das Dipolmoment 2,88 D.
4. Gewinnung und Synthese
4.1 Oxidation von Propan-2-ol
Im Chemieunterricht kann Aceton recht einfach aus Propan-2-ol durch Oxidation hergestellt werden. Der bekannteste und in fast jedem Schulbuch vertretende Versuch ist der, bei dem Kupferblech zum Glühen gebracht und dann in ein Reagenzglas mit Propan-2-ol geworfen wird.
Der Alkohol gibt zwei Elektronen und zwei Protonen ab und wird zum Propanon oxidiert:
$H_{3}C-CHOH-CH_{3} \to H_{3}C-CO-CH_{3} + 2 e^{-} + 2 H^{+}$
Die Cu2+-Ionen nehmen die zwei Elektronen auf und werden dadurch zu Kupfer Cu reduziert:
$Cu^{2+} + 2 e^{-} \to Cu$
Die Protonen vereinigen sich dann mit den noch vorhandenen Oxid-Ionen des entstandenen Kupferoxids zu Wasser:
$O^{2-} + 2 H^{+} \to H_{2}O$
4.2 Erhitzen von Calciumacetat
Eine andere Methode ist das starke Erhitzen von Calciumacetat. Aus zwei Acetat-Resten entsteht dann in einer recht komplexen Reaktion unter CO2-Abspaltung ein Aceton-Molekül. Auf der Seite von Prof. Blume findet sich eine gute Anleitung für diesen Versuch.
Schema der Synthese von Aceton aus Acetat über radikalische Zwischenstufen
Autor: Ulrich Helmich 2023, Lizenz: Public domain
In der Industrie wendet man diese Methode heutzutage nicht mehr an, sie gilt als veraltet. Es entstehen zu viele Nebenprodukte. Das kann man auch während des Schulversuchs gut beobachten. Nach der Anleitung von Prof. Blume soll man die entstehenden Acetondämpfe in ein Reagenzglas mit Wasser einleiten; dann entsteht aber kein reines Aceton, sondern eine Lösung von Aceton in Wasser. Ich habe den Versuch in meinem Unterricht so modifiziert, dass die Acetondämpfe in ein trockenes aber gut gekühltes Reagenzglas eingeleitet werden. Auf diese Weise sollte man reines Aceton erhalten. Eine anschließende Brennprobe bestätigt dies; das Reaktionsprodukt verbrennt mit blau-gelber Flamme, zeigt also eine Sauerstoff-Verbindung an. Allerdings bleibt bei dieser Verbrennung eine ölige Flüssigkeit auf dem Fliesentisch zurück. Ich vermute mal, dass es sich hierbei um eine Art Polyaceton handelt, also ein Polymer des Acetons, wie man es ja auch vom Formaldehyd her kennt.
4.3 Cumol-Verfahren
In der Industrie wird Aceton nach einem komplexeren Verfahren hergestellt. Zunächst lässt man Benzol mit Propen unter saurer Katalyse (Phosphorsäure) reagieren, dabei entsteht die Verbindung Cumol:
Synthese von Cumol aus Benzol und Propen
Autor: Ulrich Helmich 2023, Lizenz: Public domain
Chemisch gesehen handelt es sich hier um eine Art elektrophiler Substitution. Das eine H-Atom des Benzolringes wird durch das Carbenium-Ion ersetzt. Das Carbenium-Ion entsteht, wenn sich ein Proton an die Doppelbindung des Propens setzt. Einen solchen Vorgang - "Anbau eines Carbenium-Ions an einen Benzolring" bezeichnet man übrigens als Friedel-Crafts-Alkylierung.
Das gebildete Cumol reagiert dann mit Luftsauerstoff zu Cumolhydroperoxid:
Bildung des Cumolhydroperoxids
Autor: Ulrich Helmich 2023, Lizenz: Public domain
Unter Säurekatalyse zerfällt das Cumolhydroperoxid dann zu Phenol und Aceton, zwei in der Industrie sehr nachgefragte Rohstoffe für weitere chemische Synthesen:
Säurekatalysierter Zerfall von Cumolhydroperoxid in Phenol und Aceton
Autor: Ulrich Helmich 2023, Lizenz: Public domain
5. Reaktionen
5.1 Aceton ist ein Angriffsziel für Nucleophile
Aceton als einfachster Vertreter der Ketone hat auch alle chemischen Eigenschaften der Ketone. Für den Chemieunterricht am wichtigsten ist natürlich die polare Carbonylgruppe im Aceton-Molekül, an die sich sowohl nucleophile wie auch elektrophile Teilchen anlagern können. Die typische Reaktion der Carbonylverbindungen, die nucleophile Addition, ist auf eigenen Seiten dieser Homepage ausführlich dargestellt.
5.2 Aceton kann selbst ein Nucleophil sein
Umgekehrt kann Aceton aber auch als Nucleophil eingesetzt werden. Gibt man Aceton mit einer starken Base zusammen, wird ein Proton von einer der beiden CH3-Gruppen abstrahiert, und es entsteht ein Carbanion. Im Chemieunterricht spielt diese Reaktion bei der Herstellung von Dibenzalaceton eine Rolle, bei der ein Aceton-Molekül mit zwei Benzaldehyd-Molekülen reagiert.
Aldolkondensation
Bei der Aldolkondensation greift ein Aldehyd- oder Keton-Molekül ein zweites in einer nucleophilen Addition als Nucleophil an. Hier eine Zeichnung, die zeigt, wie zwei Aceton-Moleküle ein Produkt mit sechs C-Atomen bilden:
Schema einer Aldolkondensation
Autor: Ulrich Helmich 04/2024, Lizenz: siehe Seitenende
Aldol-Kondensationen sind ein wichtiger Reaktionstyp der organischen Chemie und der Biochemie.
- Einem Aceton-Molekül wird durch die starke Base OH- ein Proton entzogen, es bildet sich ein Carbanion.
- Ein solches Carbanion ist ein hervorragendes Nucleophil, das sich jetzt in einer nucleophilen Addition an ein zweites Aceton-Molekül anlagert.
- Das negativ geladene O-Atom des Zwischenprodukts nimmt nun ein Proton auf, das von einem H2O-Molekül gespendet wurde. Dadurch wird ein OH--Ion zurück gewonnen, so dass man von einer basischen Katalyse sprechen kann.
Das entstandene Additionsprodukt bezeichnet man als Aldol (Ald für Aldehyd, ol für Alkohol), daher bezeichnet man diese spezielle Form der nucleophilen Addition auch als Aldol-Addition. - Meistens wird aber in einem zusätzlichen Schritt noch ein Wasser-Molekül abgespalten. Diesen Schritt bezeichnet man dann als Aldol-Kondensation. Das Reaktionsprodukt dieser Reaktion ist dann eine α,β-ungesättigte Carbonylverbindung mit zwei konjugierten Doppelbindungen.
Auf dieser Seite in der Abteilung "Studienvorbereitung Organik" finden Sie weitere Einzelheiten zu diesem wichtigen Reaktionstyp.
6. Schulversuche mit Aceton
Herstellung von Aceton durch Erhitzen von Calciumacetat
Dieser Versuch findet sich auf der Webseite von Prof. Blume.
Schulversuchspraktikum "Alkanone" von Friederike Kellner für die Jahrgangsstufen 11 und 12, Sommer 2014.
Diese Unterrichtseinheit enthält zwei Lehrer- und drei Schülerversuche. Alle Versuche werden mit Aceton durchgeführt. In V1 und V5 wird Aceton synthetisiert, bei V1 aus Isopropanol, bei V5 aus Calciumacetat. In V2 wird ein Nachweis für Ketone vorgestellt und V3 und V4 befassen sich mit Eigenschaften von Aceton als Lösungsmittel.
In diesem YouTube-Video wird eindrucksvoll demonstriert, wie man einen langen Styropor-Stab in einer kleinen Dose mit Aceton auflösen kann.
Dieses auf YouTube gezeigte Experiment besteht aus drei Ansätzen, in denen Aceton mit verschiedenen Flüssigkeiten gemischt wird, nämlich mit Wasser, Ethanol und n-Heptan.
Dieser eindrucksvolle Versuch ist auf meiner eigenen Webseite ausführlich beschrieben.