Eine typische chemische Reaktion
Eine der bekanntesten Reaktionen im Chemieunterricht der Sek. 1 ist die Umsetzung von Eisenpulver Fe(s) mit Schwefelpulver S(s). Man mischt genau abgewogene Mengen beider Element im Mörser zusammen, gibt einen Teil des Gemischs in ein schwer schmelzbares Reagenzglas und hält das Reagenzglas dann über die sehr heiße Flamme des Brenners. Zu Beginn tut sich nicht viel, doch nach einiger Zeit glüht das Gemisch rötlich auf und unter heftigem Gezische reagieren die beiden Elemente zu einem neuen Stoff: Eisensulfid FeS(s). Hier die Reaktionsgleichung:
$Fe_{(s)} + S_{(s)} \to FeS_{(s)} + Energie$
Bereits mit dieser einfachen Reaktion lassen sich die drei Aspekte einer jeden chemischen Reaktion aufzeigen: Chemische Reaktionen sind stets (1) Stoffumsetzungen, (2) Energieumsetzungen und (3) Teilchenumsetzungen. Mit diesen drei Aspekten wollen wir uns nun näher beschäftigen.
1. Stoffumsetzungen
Betrachten wir die Reaktion zwischen Eisen und Schwefel einmal genauer und vergleichen wir zwei wichtige Eigenschaften der Ausgangsstoffe Eisen und Schwefel sowie des Reaktionsproduktes Eisensulfid, nämlich die Farbe und das Reaktionsverhalten mit Salzsäure:
Ausgangsstoffe
- Eisen: grau, reagiert mit Salzsäure zu Wasserstoff (geruchlos)
- Schwefel: gelb, reagiert nicht mit Salzsäure
Reaktionsprodukt
- Eisensulfid: blauschwarz, reagiert mit Salzsäure zu Schwefelwasserstoff (stark riechend)
Bei anderen Reaktionen stellen wir ähnliche Stoffumsetzungen fest. Immer entstehen bei chemischen Reaktionen neue Stoffe mit neuen Eigenschaften. Oft sieht man den Reaktionsprodukten die neuen Eigenschaften direkt an, manchmal muss man allerdings auch erst recht aufwändige Messungen durchführen, um die neuen Eigenschaften nachzuweisen. Wenn beispielsweise Alkohol und Essig (beides farblose Flüssigkeiten) miteinander reagieren, entsteht wieder eine farblose Flüssigkeit. Allerdings hat das Reaktionsprodukt einen anderen Geruch und ist nicht so gut wasserlöslich wie die Ausgangsstoffe Alkohol und Essig.
Bei chemischen Reaktionen entstehen neue Stoffe mit neuen Eigenschaften!
Interessant ist, dass das Stoffgemisch aus Eisen und Schwefel noch die Eigenschaften der beiden Elemente hat. Die Farbe ist eine Mischung aus grau und gelb, und auch die anderen Eigenschaften sind Mischeigenschaften. Erst durch das Erhitzen wird die chemische Reaktion eingeleitet, bei der aus dem Stoffgemisch eine neue chemische Verbindung entsteht. Und damit wären wir auch schon beim zweiten Aspekt chemischer Reaktionen.
2. Energieumsetzungen
Führen wir uns den einfachen Versuch mit Eisen und Schwefel noch einmal vor Augen. Das Stoffgemisch hat noch nicht reagiert, es hat immer noch die Eigenschaften von Eisen und Schwefel. Die Eisenkörnchen könnte man mit einem Magneten noch wieder aus dem Gemisch herausholen, und den Schwefel könnte man isolieren, wenn man das Gemisch in ein Becherglas mit Wasser gibt. Der Schwefel schimmt dann oben (zumindest in der Theorie), während das Eisen untergeht. Wenn wir die Reaktion starten wollen, müssen wir das Gemisch erst erhitzen.
2.1 Exotherme Reaktionen
Bei diesem Erhitzen wird Wärmeenergie zugeführt. Diese Wärmeenergie wird von den Ausgangsstoffen Eisen und Schwefel aufgenommen. Das heißt, die sogenannte innere Energie dieser beiden Stoffe nimmt zu, sie wird immer größer.
Irgendwann ist die innere Energie von Eisen und Schwefel so groß, dass die beiden Elemente miteinander reagieren. Bei dieser Reaktion wird wieder Energie freigesetzt, an die Umgebung abgegeben. Das Stoffgemisch glüht auf, im Reagenzglas wird es noch heißer als zuvor, und es wird viel Wärmeenergie an die Umgebung abgegeben. Die innere Energie des Reaktionsproduktes nimmt dadurch ab. Sie wird immer kleiner. Nach kurzer Zeit ist bereits so viel Energie an die Umgebung abgegeben worden, wie wir zuvor mit dem Brenner in die Ausgangsstoffe hineingesteckt haben. Die Reaktion läuft aber noch weiter, es wird noch mehr Energie abgegeben. Am Ende der Reaktion hat das Reaktionsprodukt Eisensulfid eine geringere innere Energie als zuvor die beiden Ausgangsstoffe Eisen und Schwefel zusammen. Man sagt, die "Energie des Gesamtsystems" hat abgenommen. Bei der Reaktion ist mehr Energie freigesetzt worden, als man vorher hineingesteckt hat. Solche chemische Reaktionen, bei denen insgesamt mehr Energie abgegeben wird als man zuvor hineingesteckt hat, bezeichnet man als exotherm.
Einige exotherme Reaktionen laufen unspektakulär ab, andere wiederum sehr aufsehenerregend.
Die Verbrennung von Magnesiumband
Das Verbrennen von Magnesiumband ist ein eindrucksvolles Beispiel für eine exotherme Reaktion: Nachdem das Magnesium für ein paar Sekunden in die Brennerflamme gehalten wurde, bildet sich eine grell-weiße Flamme, die sich tief in die Netzhaut des Betrachters eingräbt, wenn er den Blick nicht abwendet. Außerdem entsteht ein eindrucksvoller weißer Rauch.
Bei exothermen Reaktionen wird mehr Energie freigesetzt, als man zuvor in die Ausgangsstoffe hineingesteckt hat. Die Endprodukte haben eine geringere innere Energie als die Ausgangsstoffe.
2.2 Endotherme Reaktionen
Das Gegenteil exothermer Reaktionen sind endotherme Reaktionen. Hier muss man sehr viel Energie in die Ausgangsstoffe hineinstecken, damit es überhaupt zur Reaktion kommt. Wenn die Reaktion dann endlich gestartet ist, wird aber nur ein Teil dieser Energie wieder an die Umgebung abgegeben. Ein häufig in der Schule durchgeführter Versuch ist das Erhitzen von blauem Kupfersulfat. Man hält ein Reagenzglas mit blauem Kupfersulfat ziemlich lange in die heiße Brennerflamme, und nach einiger Zeit wird das blaue Salz immer heller, bis man schließlich eine weiße kristalline Masse im Reagenzglas hat. Oben am Reagenzglasrand sieht man jede Menge Wassertropfen. Es hat folgende chemische Reaktion stattgefunden:
$[CuSO_{4}*5 H_{2}O]_{(blau)} \to CuSO_{4 (weiß)} + 5 H_{2}O$
Aus dem blauen Kupfersulfat-Pentahydrat $[CuSO_{4}*5 H_{2}O]$ ist das weiße Kupfersulfat-Anhydrat geworden, das sogenannte "wasserfreie Kupfersulfat". Dies ist ein typisches Beispiel für eine endotherme Reaktion.
Bei endothermen Reaktionen wird nur ein Teil der Energie freigesetzt, der zuvor in die Ausgangsstoffe hineingesteckt wurde. Die Endprodukte haben eine höhere innere Energie als die Ausgangsstoffe.
2.3 Energiediagramme
Die Energieaufnahme und Energieabgabe im Verlaufe einer chemischen Reaktion kann man schön mit einem Energiediagramm darstellen. Da dieses Thema recht umfangreich ist, habe ich dazu eine eigene Seite geschrieben.
3. Teilchenumsetzungen
Jetzt wird es Zeit für den dritten Gesichtspunkt, der bei jeder Reaktion wichtig ist. Chemische Reaktionen sind Teilchenumsetzungen. Diese Erkenntnis ist erst ungefähr 200 Jahre alt. Zwar vermuteten schon die alten Griechen vor über 2000 Jahren, dass alle Stoffe aus unteilbaren Atomen zusammengesetzt sind, doch so richtig auf chemische Reaktionen bezogen haben die Griechen ihre Erkenntnisse dann doch nicht - das war ihnen zu praktisch und zu alltäglich. Erst DALTON stellte um 1804 sein berühmtes Atommodell auf. Eine wichtige Aussage dieses Modells ist die:
Bei chemischen Reaktionen können Atome weder gebildet noch vernichtet werden. Sie lagern sich lediglich um.
Die Produkte der Reaktion enthalten daher genau die gleichen Atome wie die Edukte (Ausgangsstoffe), allerdings in anderer Anordnung.
Heute kann man natürlich Atome zerstören oder neu erschaffen. Radioaktive Atome zerfallen nämlich in kleinere Atome; umgekehrt kann man mit Hilfe riesiger Beschleuniger kleine Atome aufeinanderprallen lassen, um größere zu erzeugen. Dabei handelt es sich aber nicht um chemische Vorgänge, sondern um physikalische.
Auch dieses Thema ist recht umfangreich, wenn man sich näher damit beschäftigen will. Daher habe ich weitere Informationen dazu auf eine eigene Seite ausgelagert.