Home > Biologie > Stoffwechselbiologie > Photosynthese > Lichtreaktion

Lichtreaktion, Elektronentransport

Überblick - Allgemeines - Elektronentransport - Protonentransport - Z-Schema - auf einer Seite

Lernziele

Wenn Sie diese Seite durchgearbeitet haben, sollten Sie wissen

  • wie der Wasserstoff aus der Photolyse des Wassers zum NADP+ gelangt,
  • wie die Elektronen aus der Photolyse des Wassers zum NADP+ gelangen,
  • wie ein Photosystem im Prinzip arbeitet (Absorption von Licht, Veränderung des Redoxpotenzials)
  • wieso ein Photosystem nicht ausreicht, um die Elektronen vom Wasser zum NADP+ zu transportieren.

Woher kommt der Wasserstoff?

Wie bereits auf der vorhergehenden Seite festgestellt wurde, stammt der für die Reduktion des Kohlendioxids benötigte Wasserstoff letzten Endes aus dem Wasser, das die Pflanzen durch die Wurzeln aufnehmen. Dazu muss das Wasser-Molekül gespalten werden. Dies ist ein sehr endothermer Vorgang, der recht viel Energie erfordert. Bei der Lichtreaktion der Photosynthese wird diese Energie durch das absorbierte (Sonnen)licht zur Verfügung gestellt. Daher bezeichnet man den ersten Schritt der Lichtreaktion auch als Photolyse des Wassers.

Photolyse

Wenn Sie sich für die Einzelheiten dieser Photolyse interessieren, gehen Sie doch bitte auf die entsprechende Seite in meinem Biologie-Lexikon. Hier werden die Prozesse detailliert dargestellt. Eine ebenso wichtige Seite ist die folgende:

Aktivierung des Reaktionszentrums P680 durch Lichtenergie

Hier wird auf die Frage eingegangen, wie das Chlorophyll es schafft, sein Redoxpotenzial schlagartig zu erhöhen.

Wie gelangt der Wasserstoff zum NADP+?

siehe folgenden Text

Es werden Protonen und Elektronen vom H2O zum NADP+ transportiert
Autor: Ulrich Helmich 2016, Lizenz: siehe Seitenende.

Bei der Photolyse eines Wasser-Moleküls entstehen zwei Protonen und zwei Elektronen. Ein "halbes" Sauerstoff-Molekül bleibt als "Abfallprodukt" dabei übrig.

Die oxidierte Form des Coenzyms NADP+ kann ein Proton und zwei Elektronen aufnehmen und wird dann zu NADPH. Das zweite Proton wird "mitgeschleppt", daher schreibt man die reduzierte Form des Coenzyms meistens als NADPH/H+ oder als NADPH + H+ auf.

Einzelheiten zum NADPH-System finden Sie auf der entsprechenden Lexikonseite auf meiner Homepage.

Die Frage "Wie gelangt der Wasserstoff zum NADP+" muss man eigentlich in zwei Teilfragen aufteilen:

  1. Wie gelangen die Protonen zum NADP+?
  2. Wie gelangen die Elektronen vom Wasser (positives Redoxpotenzial) "bergauf" zum NADP+(negatives Redoxpotenzial)?

Das sind nämlich zwei völlig unterschiedliche Dinge, die man auf gar keinen Fall verwechseln darf.

Kümmern wir uns zunächst um die Frage des Elektronentransports. Dabei ist es hilfreich, nochmal an die Atmungskette zu denken.

Rückblick: Atmungskette

Wenn Sie noch vertraut mit der Atmungskette sind, können Sie diesen Abschnitt überspringen!

Die Atmungskette ist der letzte Schritt der aeroben Dissimilation von Glucose.

In der Glycolyse wird die aufgenommene Glucose chemisch gespalten, es entstehen kleinere Moleküle, die in den Citratzyklus einfließen, den zweiten Schritt der Dissimilation.

Im Citratzyklus werden diese kleineren Moleküle dann zu Kohlendioxid und Wasserstoff abgebaut. Der dabei gewonnene Wasserstoff wird an Coenzyme wie NAD oder FAD gebunden. Dabei entstehen die reduzierten Formen NADH/H+ bzw. FADH2.

In der Atmungskette, dem dritten Schritt der aeroben Dissimilation, werden die Elektronen vom reduzierten NADH/H+ bzw. FADH2 zum Endakzeptor Sauerstoff O2übertragen. Bei diesem Schritt wird sehr viel Energie freigesetzt, die dann zur Synthese von ATP genutzt wird.

Atmungskette

Wenn Sie nicht mit dem Thema vertraut sind, sollten Sie sich vielleicht die Seiten zur Atmungskette auf meiner Homepage anschauen. Bei der Lichtreaktion der Photosynthese läuft nämlich ein ähnlicher Vorgang ab.

Die Komponenten der mitochondrialen Atmungskette
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: siehe Seitenende.

Dies ist eine schematische Darstellung der wichtigsten Komponenten der Atmungskette. Bei der Atmungskette läuft die "Knallgasreaktion"

2 NADH/H+ + O2 → 2 NAD+ + 2 H2O

in vielen kleinen Schritten ab, damit nicht die ganze Energie dieser extrem exothermen Reaktion auf einmal abgegeben wird, was für die Zelle sehr gefährlich wäre.

NADH/H+ bzw. FADH2 sind Coenzyme, die zwei Protonen und zwei Elektronen speichern. Sowohl die beiden Protonen wie auch die beiden Elektronen werden in der Atmungskette nun auf Sauerstoff übertragen. "Technisch" gesehen ist das überhaupt kein Problem, weil die beiden mit Wasserstoff beladenen Coenzyme ein viel negativeres Redoxpotenzial haben als der molekulare Sauerstoff. Die Elektronen können hier einfach "bergab" fließen.

Die NADP+-Reduktion während der Lichtreaktion

Schauen wir uns nun die Situation in den Chloroplasten an. Bei der Atmungskette werden Protonen und Elektronen vom NADH/H+ auf O2 übertragen. Da NADH/H+ ein stark negatives Redoxpotenzial besitzt, O2aber ein stark positives, verläuft dieser Protonen/Elektronen-Transfer bergab und ohne Probleme.

Bei der Lichtreaktion sollen Protonen und Elektronen vom H2O auf NADP+ übertragen werden, so dass O2als Abfallprodukt und NADPH/H+ als wichtiges Zwischenprodukt entstehen. H2O hat nun aber mit +0,82V ein sehr positives Redoxpotenzial, und NADP+ hat - ähnlich wie NAD+ - mit -0,2 V ein negatives Redoxpotenzial. Die Elektronen müssten also bergauf vom H2O zum NADP+ fließen.

Ähnlich wie man Wasser nur unter Einsatz von Energie bergauf pumpen kann, so können auch die Elektronen vom H2O zum NADP+ nur unter Einsatz von Energie transportiert werden, und zwar unter Einsatz von Lichtenergie.

Wer ist nun diese Pumpe für die Elektronen während der Lichtreaktion? Sie haben es sich sicherlich schon gedacht - natürlich das Chlorophyll.

Chlorophyll

Auf dieser Lexikon-Seite habe ich alle wesentlichen Fakten zum Chlorophyll zusammengetragen, von der Strukturformel über die Lokalisierung in der Thylakoid-Membran bis zur Frage, was Absorption ist und wieso Chlorophyll a sowohl blaues wie auch rotes Licht absorbiert. Wer sich dafür interessiert, sollte unbedingt diese Seite durcharbeiten.

Die Rolle des Chlorophylls beim Bergauftransport der Elektronen

Eine vordergründige Problemlösung, die aber keine ist...
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: siehe Seitenende.

Diese Zeichnung ist ein erster Versuch, die Rolle des Chlorophylls bei dem Elektronentransport H2ONADP+ zu klären.

Das Chlorophyll Chl hat ein noch positiveres Redoxpotenzial als das Wasser. Wasser-Moleküle können daher leicht Elektronen an Chlorophyll-Moleküle abgeben, die Elektronen fließen dabei "bergab".

Absorbiert das Chlorophyll-Molekül nun Licht (vorzugsweise blaues), so werden bestimmte Elektronen des Moleküls auf ein höheres Energieniveau angehoben. Diese Elektronen sitzen dann recht "locker", können also leichter abgespalten werden.

Absorption

Auf der Seite zum Chlorophyll finden Sie eine längeren Abschnitt, in dem genau erklärt wird, die die Lichtabsorption beim Chlorophyll funktioniert.

Unter dem Begriff Redoxpotenzial versteht man ja nichts anderes als die Fähigkeit eines Stoffes, Elektronen abzugeben. Wenn beim angeregten Chlorophyll Chl* die "Elektronen locker sitzen", heißt das nichts anderes, dass jetzt das Redoxpotenzial viel negativer geworden ist. Das durch Lichtabsorption angeregte Chlorophyll Chl* kann viel leichter Elektronen an NADP+ abgeben als das nicht-angeregte Chlorophyll.

Umgekehrt kann das nicht-angeregte Chlorophyll (Chl im Grundzustand) aufgrund seines stark positiven Redoxpotenzials Elektronen vom Wasser aufnehmen - eine tolle Erfindung der Natur!

Photolyse des Wassers

P680-Aktivierung

Wenn Sie sich für die Einzelheiten dieser Prozesse interessieren, gehen Sie bitte auf die beiden Artikel in meinem Biologie-Lexikon. P680 ist nämlich die Bezeichnung für das Chlorophyll-Molekül, das die Elektronen vom Wasser übernimmt.

Ganz so einfach ist es leider nicht!

Eine kleine Enttäuschung...
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: siehe Seitenende.

Mit unserer Wunschvorstellung wird es wohl nichts. Dummerweise ist das Redoxpotenzial des aktivierten Chlorophylls Chl* etwas positiver als das Redoxpotenzial von NADP+.

Wenn Sie einen schweren Gegenstand aufheben wollen, müssen Sie sich entweder zusätzliche Kraft verschaffen (Traubenzucker, Energydrink etc.), oder Sie bitten eine zweite Person, ihnen zu helfen. Die grünen Pflanzen lösen das eben angesprochene Problem auf die zweite Weise. Das Chlorophyll-Molekül P680 arbeitet mit einem zweiten Chlorophyll-Molekül P700 zusammen.

Wichtige Ergänzung

Bevor wir jetzt weitermachen, noch eine kleine Ergänzung. Die in den Abbildungen gezeigten Chlorophyll-Moleküle Chl und Chl* sind nur "die Spitze vom Eisberg". Hinter jedem Chlorophyll-Molekül verbergen sich hundert und mehr weitere Chlorophyll-Moleküle, die diesem speziellen Molekül Lichtenergie zuführen. Man spricht hier dann von Photosystemen. Jedes Photosystem besteht aus hunderten von sogenannten Antennenmolekülen (Chlorophylle und andere Photopigmente) und einem Reaktionszentrum. Das Reaktionszentrum ist dann das Chlorophyll-Molekül, dessen Redoxpotenzial durch die Lichtenergie verändert wird und das dann Elektronen abgeben kann.

Ein zweites Photosystem kommt ins Spiel

In der Thylakoidmembran gibt es zwei Photosysteme, das Photosystem II und das Photosystem I (welches eher entdeckt wurde). Das Photosystem II mit seinem Reaktionszentrum P680 ist für die Photolyse des Wassers verantwortlich. Allerdings reicht das Redoxpotenzial des aktivierten P680 nicht aus, um die Elektronen zum Endakzeptor NADP+ zu befördern. Jetzt kommt das Photosystem I ins Spiel. Hier erhalten die Elektronen am Reaktionszentrum P700 sozusagen noch einmal "Schwung", so dass die zum Endakzeptor übertragen werden können:

Ein "Zickzack-Schema"
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: siehe Seitenende.

Die zweite Anregung durch Lichtenergie verleiht den Elektronen genügend "Schwung", so dass sie auf den Endakzeptor NADP+übertragen werden können.

Denken Sie dazu an zwei Maurer, die einen Sack Zement auf eine Mauerkrone befördern sollen. Der untere Maurer ist nicht kräftig genug, um den Sack ganz nach oben zu werfen. Aber auf halber Höhe steht ein Kollege auf einem Podest, der den Sack in Empfang nimmt und ihn dann ganz nach oben wirft.

Das, was Sie auf der letzten Abbildung erkennen können, ist eine schematische Darstellung des sogenannten "Zickzack-Schemas" der Lichtreaktion, genauer gesagt des Elektronentransportes während der Lichtreaktion. In Wirklichkeit sind wesentlich mehr Enzyme und Pigmente an dem Elektronentransport beteiligt, als hier eingezeichnet.

Neuere Erkenntnisse zum Zickzack-Schema

In der neueren Fachliteratur findet man Abbildungen von Zickzack-Schemata, bei denen das angeregte P680 ein negativeres Redoxpotenzial hat als das NADP+. Die Elektronen könnten also ohne Weiteres direkt über das Photosystem II zum NADP+ gelangen, das Photosystem I würde demnach eigentlich gar nicht gebraucht. Die didaktische Begründung, die man auf dieser Webseite und auch noch in einigen Schulbüchern findet, ist damit eigentlich haltlos geworden.

Der wahre Grund, warum zwei Photosysteme für die Lichtreaktion benötigt werden, ist die Aufgabenteilung. Das Photosystem II gibt die Elektronen "bergab" an das Photosystem I ab, und die bei diesem Elektronentransport freigesetzte Energie dient zur Erzeugung und Aufrechterhaltung eines Protonengradienten quer über die Thylakoidmembran. Wenn die Protonen dann durch ATPasen zurück strömen, wird ATP erzeugt. Die Hauptaufgabe von Photosystem II ist also die Erzeugung von ATP.

Die Hauptaufgabe von Photosystem I ist dagegen die Synthese von reduziertem NADPH/H+. Beide Photosysteme müssen zusammenarbeiten, damit NADPH/H+ und ATP entstehen.

Wie gelangen die Protonen zum NADP+?

Die beiden aus dem Wasser stammenden Elektronen sind jetzt beim NADP+ angekommen, und es liegt jetzt NADP- vor. Es fehlen aber noch zwei Protonen 2 H+, damit die endgültige Form NADPH/H+ entstehen kann.

Dieser Protonentransport ähnelt auf auffallende Weise dem Protonentransport bei der Atmungskette und soll auf der nächsten Seite behandelt werden.

Quellen:

  1. Kadereit , Körner, Nick, Sonnewald: Strasburger - Lehrbuch der Pflanzenwissenschaften, 38. Auflage, Springer Berlin Heidelberg 2021.
  2. Savada, Hillis, Heller, Hacker: Purves Biologie, Springer Verlag Deutschland 2019, 10. Auflage. Herausgegeben von Jürgen Markl.
  3. Urry, Cain, Wassermann, Minorsky, Reece. Campbell Biologie, Hallbergmoos 2019, 11.Auflage.
  4. Berg, Tymoczko, Gatto jr., Stryer: Stryer Biochemie, 8. Auflage, Springer Berlin Heidelberg 2018.

Seitenanfang -
Weiter mit dem Protonentransport...