Helmichs Biologie-Lexikon

Synapsen, elektrische

Synapsen sind Verbindungsstellen zwischen zwei Nervenzellen oder zwischen einer Nervenzelle und einer Muskelzelle oder einer Drüsenzelle. Man unterscheidet elektrische und chemische Synapsen. Von ihrer Funktion her könnte man Synapsen auch als Kommunikations-Schnittstellen zwischen einer Senderzelle und einer Empfängerzelle bezeichnen.

Bei einer chemischen Synapse wird die an dem synaptischen Endknöpfchen ankommende elektrische Information (Aktionspotenziale mit einer bestimmten Frequenz) in eine chemische Information umgewandelt. Je höher die Aktionspotenzialfrequenz am synaptischen Endknöpfchen, desto mehr Neurotransmitter werden in den synaptischen Spalt ausgeschüttet, und desto höher ist dann das Rezeptorpotenzial in der postsynaptischen Membran.

Chemische Synapsen

Einen kurzen Lexikon-Artikel zum Thema "chemische Synapsen" finden Sie hier.

Bei den elektrischen Synapsen wird die Information direkt durch Ionenströme von der präsynaptischen Zelle auf die postsynaptische Zelle übertragen. Die beiden Zellen sind über kleine Kontaktstellen direkt miteinander verbunden.

Entdeckung elektrische Synapsen

Bereits 1959 haben Edwin Furspan und David Potter entdeckt, dass die Informationsübertragung beim Motoneuron einer großen Garnelenart durch elektrische Synapsen realisiert wird. Michael Bennett entdeckte im gleichen Jahr elektrische Synapsen im japanischen Kugelfisch. Wie genau die Übertragung der Information funktionierte, konnten die Forscher Ende der 50er Jahre aber noch nicht sagen, sie konnten nur nachweisen, dass keine Neurotransmitter bei der Informationsübertragung beteiligt sind, und so etwas wie einen synaptischen Spalt konnte man im Elektronenmikroskop auch nicht entdecken. Seit Mitte der 90er Jahr weiß man aber, wie eine elektrische Synapse aufgebaut ist und wie sie funktioniert.

Vor- und Nachteile elektrischer Synapsen

Vorteile

Elektrische Synapsen sind wesentlich schneller als chemische Synapsen, da keine Umwandlung elektrisch → chemisch → elektrisch stattfinden muss, was ungefähr eine halbe Millisekunde dauert (das ist lang im Vergleich zu einer elektrischen Übertragung). Bei Schaltkreisen, bei denen es auf extrem hohe Geschwindigkeit ankommt (zum Beispiel Fluchtreflexe oder komplexen Analyseprozessen) werden hauptsächlich elektrische Synapsen eingesetzt.

Auch in der menschlichen Netzhaut finden sich elektrische Synapsen, und zwar zwischen den Amakrinzellen und den Bipolarzellen. Sie beschleunigen hier die Auswertung der optischen Informationen, die auf die Photorezeptoren einwirken. Die menschlichen Herzmuskelzellen werden ebenfalls über elektrische Synapsen angesteuert, und es gibt viele weitere Beispiele, die hier nicht erschöpfend dargestellt werden können.

Nachteile

Komplexe Verrechnungs- oder Verstärkungseffekte sind bei elektrischen Synapsen nicht möglich, dies ist ein Spezialgebiet der chemischen Synapsen. Vorgänge wie Lernen und Gedächtnis sind mit elektrischen Synapsen nicht möglich.

Bau einer elektrischen Synapse

Grundprinzip

Im Grunde besteht eine elektrische Synapse aus zwei Poren- oder Kanalproteinen, die direkt miteinander verbunden sind. Man spricht oft auch von zwei "Halbkanälen", die dann zusammen eine durch beide Zellmembranen gehende Pore bilden, durch die Ionen und andere Teilchen strömen können.

Grundprinzip einer elektrischen Synapse
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: siehe Seitenende

Diese Zeichnung verdeutlicht nur das Grundprinzip einer elektrischen Synapse. Wir wollen uns nun anschauen, wie elektrische Synapsen wirklich aufgebaut sind.

Aufbau im Detail

Elektrische Synapsen sind im Prinzip nichts anderes als Gap Junctions, also Verbindungen zwischen zwei Zellen, die schon bei primitiven Mehrzellern auftreten.

Eine Gap Junction zwischen zwei Zellen
Autor: Mariana Ruiz LadyofHats, Lizenz: Public domain.

Gap Junctions

Weitere Einzelheiten zum Aufbau von Gap Junctions aus Connexinen werden in diesem Lexikon-Artikel dargestellt.

Fallbeispiel Aplysia

Bei der Meeresschnecke Aplysia (Seehase) hat man viele Versuche zur synaptischen Übertragung gemacht. Reizt man den Schwanz von Aplysia mechanisch, so reagiert das Tier nahezu sofort mit der Freisetzung von blauvioletter Tinte, ähnlich wie ein Tintenfisch.

Elektrisch gekoppelte Motoneurone bei Aplysia
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: siehe Seitenende

Das sensorische Neuron im Schwanz ist über drei chemische Synapsen mit drei Motoneuronen verbunden, diese sind über chemische Synapsen mit einer Tintendrüse verknüpft. Wenn die Motoneurone Neurotransmitter ausschütten, wird die Tinte schlagartig ausgestoßen. Dazu müssen aber die drei Motoneurone synchron arbeiten, also ihre Neurotransmitter möglichst gleichzeitig ausstoßen.

Um diese Synchronisierung der drei Motoneurone zu gewährleisten, sind die Motoneurone über elektrische Synapsen miteinander verbunden. Sobald also ein Motoneuron Aktionspotenziale produziert, werden diese sofort über die elektrischen Synapsen auf die beiden benachbarten Motoneurone übertragen.

Quellen:

  1. Rolf Dermitzel, "Es geht auch ohne Chemie", Gehirn und Geist 12/2005.
  2. Kandel, Schwartz, Jessel, Siegelbaum, Hudspeth, Principles of Neural Science, Fifth Edition. McGraw-Hill Education 2013.
  3. Wikipedia, Artikel "Gap Junction"
  4. Wikipedia, Artikel "Connexine".