Wie kann man das Thema im Unterricht der Oberstufe behandeln?
Übliches Vorgehen in Schulbüchern
In vielen Schulbüchern wird das Thema "Puffer" behandelt, nachdem man die Titrationskurve von Essigsäure (schwache Säure) mit Natronlauge (starke Base) behandelt hat. Nach der Besprechung des Kurvenverlaufs mit dem Halbäquivalenzpunkt und dem Pufferbereich liegt es auch nahe, auf diesen Pufferbereich einzugehen. Hier könnte man die Frage stellen, was eigentlich passiert, wenn man zu einem solchen Essigsäure/Acetat-System, das sich in der Nähe des Halbäquivalenzpunktes befindet, Säure oder Lauge dazugibt. Die Schüler müssten eigentlich sofort darauf kommen, dass sich der pH-Wert hier so gut wie nicht verändert. Jedenfalls nicht, wenn man nur kleine oder mittlere Mengen Säure oder Lauge dazugibt. Als Nächstes wird dann meistens die Puffergleichung hergeleitet. Schließlich geht man kurz auf bekannte Pufferlösungen wie den Blutpuffer ein. Hat man viel Zeit, macht man auch Experimente zu Pufferlösungen und simuliert zum Beispiel den Blutpuffer entweder mit Phosphatpuffer oder noch besser mit einem richtigen Carbonatpuffer.
Alltagsbezug
Eine Internet/Literaturrecherche hat leider ergeben, dass man zum Thema "Pufferlösungen im Alltag" nicht allzu viel Brauchbares findet. Natürlich könnte man eine Stunde zum Thema Puffer damit beginnen, dass man den Schülern ein Becherglas mit Meerwasser oder (simuliertem) Blut hinstellt und dann die pH-Wert-Veränderungen be Zugabe von wenig Säure bzw. Lauge protokollieren lässt.
Mein eigenes Vorgehen
Ich selbst mache immer folgenden einfachen aber eindrucksvollen Versuch, der natürlich wieder mal keinen Bezug zum Alltag hat, dafür aber sehr interessant ist und die Schüler aus diesem Grunde in einen hochmotivierten Zustand versetzt (gerade das Nicht-Alltägliche motiviert die Schüler für den Chemie-Unterricht!).
Jede Gruppe bekommt vier kleine Bechergläser (100 ml), davon sind Nr. 1 und Nr. 2 mit dest. Wasser gefüllt und Nr. 3 und Nr. 4 mit einem Phosphatpuffer oder einem Ammoniumacetatpuffer. Die Pufferlösungen müssen auf einen pH-Wert eingestellt werden, der mit dem des dest. Wassers vergleichbar ist. Daher können die Schüler auch zunächst keinen Unterschied feststellen, wenn sie die Elektroden ihrer pH-Meter in die Lösungen stecken.
Dann sollen die S. ein paar Tropfen Salzsäure in Becherglas Nr. 1 und ein paar Tropfen Natronlauge in Becherglas Nr. 2 geben und die pH-Werte überprüfen. Wie erwartet sinkt der pH-Wert im ersten Becherglas auf 4 oder sogar 3, und im zweiten Becherglas steigt der pH-Wert auf 9 oder sogar 10 an. Ob die S. eine solche drastische Veränderung erwarten, hängt natürlich davon ab, was sie vorher gelernt haben, als das Thema Titrationskurven behandelt wurde. Wenn das Thema gründlich behandelt wurde, sollten sie schon einen solch starken Abfall/Anstieg erwarten. Ich selbst lasse sogar an der Tafel eine entsprechende Rechnung durchführen: "Warum kann bereits 1 Tropfen HCl den pH-Wert von dest. Wasser schlagartig verändern?"
Als Nächstes wiederholen die S. den Versuch mit den Bechergläsern 3 und 4. Hier ändert sich der pH-Wert so gut wie nicht, und die S. sind meistens wirklich sehr überrascht. Da sich heute kaum noch ein S. auf den Unterricht vorbereitet, weil das ja Arbeit macht, fällt im anschließenden Unterrichtsgespräch auch so gut wie nie das Wort "Pufferlösung". Vor ein paar Tagen hatte ich aber einen Schüler, der vorher auf meiner Homepage war und der tatsächlich den Begriff "Puffer" schon kannte. Aus dem Chemiebuch konnte er den Begriff nicht haben, da sich dieses Buch (Schroedel Chemie heute 2015) bereits an dem neuen pufferlosen Kernlehrplan NRW orientiert.
Im Unterrichtsgespräch wird dann erarbeitet, woran dieses "Abpuffern" der Säure UND der Lauge wohl liegen könnte. Irgendwelche Teilchen in der Pufferlösung müssen wohl mit den Protonen (bzw. Oxonium-Ionen) der Säure reagieren und diese abfangen, und irgendwelche anderen Teilchen müssen mit den Hydroxid-Ionen der Lauge reagieren und diese abfangen, so dass sich weder c(H3O+) noch c(OH-) merklich verändern.
Dann wird auf die Zusammensetzung des Puffers eingegangen, die Kenntnisse der S. über korrespondierende Säure/Base-Paare sowie über die Titration schwacher Säuren mit starken Basen werden reaktiviert und schon ist eigentlich alles klar.
Im nächsten Schritt wird es quantitativ, und damit sind wir schon auf Leistungskursniveau bzw. darüber hinaus, wie neulich ein mir bekannter Chemie-Fachleiter bemerkte. Leider habe ich damals vergessen, mich für dieses Kompliment zu bedanken, was hich hiermit nachholen möchte.
Die S. bekommen den Auftrag, einen Essigsäure/Acetat-Puffer herzustellen, und zwar arbeitsteilig in verschiedenen Essigsäure/Acetat-Verhältnissen. Durch kann der pH-Wert des Puffers verändert werden, und man hat in der nächsten Stunde genug Daten, um die Henderson-Hasselbalch-Gleichung herzuleiten.
Danach, wenn also die praktischen und theoretischen Grundlagen der Puffersysteme gelegt worden sind, gehe ich auf wichtige Puffersysteme sowie Pufferlösungen im Alltag ein, wobei das Wort "Alltag" nicht optimal gewählt ist. Das Puffersystem Blut wird vorgestellt, ebenso könnte man hier auf das Puffersystem Meerwasser eingehen. Meistens hat man aber dafür keine Zeit mehr. Als Unterrichtsmethode hat sich hier die arbeitsteilige Gruppenarbeit bewährt. Jede Gruppe bekommt entweder einen kurzen Text zum jeweiligen Puffer oder soll eine Recherche durchführen. Anschließend werden die Ergebnisse von jeder Gruppe vorgetragen.