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Modellversuch 2 zum Ruhepotenzial

Messung - Modell 1 - Modell 2 - Kalium-Diffusion - Na/K-Pumpe 1 - Na/K-Pumpe 2 - Nachweis der Na/K-Pumpe

Aufbau und Durchführung

Der Versuch wird genauso aufgebaut wie der Modellversuch 1 zum Ruhepotenzial. Nur wird die linke Kammer diesmal nicht mit verdünnter Salzsäure gefüllt, sondern mit einer Kaliumcitrat-Lösung.

Warum diese Änderung?
Im Innern einer Nervenzelle befinden sich viele Kalium-Ionen und viele große organische Anionen, u.a. auch Citrat-Anionen, vor allem aber negativ geladene Aminosäuren und kleinere Peptide.

Außerdem wird die einfache Membran (oder das Filterpapier), die im ersten Modellversuch noch verwendet wurde, durch eine Membran ersetzt, die keine großen Teilchen mehr passieren lässt, sondern nur noch kleine Teilchen.

Warum diese Änderung?
Die Membran einer Nervenzelle ist auch nicht durchlässig für große Teilchen, sondern nur für bestimmte kleine Teilchen wie Kalium-Ionen.

Modellversuch 2, Aufbau
Autor: Ulrich Helmich 2017, Lizenz: siehe Seitenende.

Was kann man nun bei diesem Versuch beobachten?

Ergebnisse

Innerhalb weniger Sekunden bildet sich an der Membran eine elektrische Spannung von 30 bis 60 mV, die aber - im Gegensatz zum ersten Versuch - nicht wieder langsam abnimmt, sondern über den gesamten Zeitraum mehr oder weniger konstant bleibt.

Zumindest sollte man das theoretisch beobachten können. Auch diesen Versuch habe ich noch nicht selbst durchgeführt.

Erklärung der Versuchsergebnisse

Bei diesem Versuch sind zwei Konzentrationsgradienten wichtig: Der K+-Gradient von links nach rechts, und der Citrat-Gradient, ebenfalls von links nach rechts. Wäre die Membran nun vollständig durchlässig für beide Ionensorten, dann würden die Versuchsergebnisse ähnlich aussehen wie beim ersten Modellversuch. Die Kalium-Ionen würden sehr schnell nach rechts diffundieren, die großen Citrat-Ionen langsamer. Für kurze Zeit könnte man eine Spannung messen, die dann aber langsam wieder auf Null sinkt, wenn die Citrat-Ionen auf der rechten Seite ankommen.

Bei diesem Versuch jedoch kommen die Citrat-Ionen nie auf der rechten Seite an, weil die Membran sie nicht durchlässt. Die Citrat-Ionen sind zu groß dafür.

Ein paar Kalium-Ionen diffundieren durch die Membran nach rechts. Rechts der Membran sammelt sich also eine positive Ladung an, auf der linken Seite der Membran wird es negativ, weil dort die positiven Ladungen fehlen. Es entsteht also eine Spannung, ein elektrisches Potenzial bildet sich.

Auf den ersten Blick könnte man jetzt denken, dass es bei den Kalium-Ionen im Laufe der Zeit zu einem Konzentrationsausgleich kommt. Dass also am Ende des Versuchs die Konzentration der Kalium-Ionen auf der linken und der rechten Seite gleich groß ist. Das ist aber nicht der Fall.

Die nach rechts diffundierten positiven Kalium-Ionen hinterlassen auf der linken Seite eine negative Ladung. Mit jedem diffundierten K+-Ion wird diese negative Ladung größer. Für weitere Kalium-Ionen wird es immer schwieriger, die linke Seite mit der negativen Ladung zu verlassen.

Die Diffusion der Kalium-Ionen wird also gebremst, und zwar durch das elektrische Potenzial, das sich langsam aufbaut.

Je mehr Kalium-Ionen nach rechts diffundiert sind, desto größer wird dieses elektrische Potenzial. Irgendwann ist das elektrische Potenzial bzw. die Spannung so groß, dass im Endeffekt keine Kalium-Ionen mehr auf die rechte Seite gelangen können - zumindest nicht für den außenstehenden Betrachter. Es hat sich ein dynamisches Gleichgewicht eingestellt.

Dynamisches Gleichgewicht

Ein dynamisches Gleichgewicht liegt vor, weil pro Zeiteinheit genau so viele Kalium-Ionen von links nach rechts diffundieren wie in die umgekehrte Richtung.

Die Kalium-Konzentrationen links und rechts verändern sich also nicht mehr. Es hat sich ein Gleichgewichtszustand eingestellt.

Da sich aber trotzdem noch Kalium-Ionen von links nach rechts und von rechts nach links bewegen, spricht man von einem dynamischen Gleichgewicht.

Da sich nach Einstellung des dynamischen Gleichgewichts die Konzentrationen der Teilchen links und rechts nicht mehr verändern, ändert sich auch die gemessene Spannung zwischen den beiden Elektroden nicht mehr. Die Spannung bleibt hoch.

Schlussfolgerungen für das Ruhepotenzial

Das Ruhepotenzial an einer Nervenzelle bleibt mehr oder weniger konstant bei -70 mV, auch über einen längeren Zeitraum. Bei unserem zweiten Modellversuch haben wir genau eine solche länger andauernde Spannung erzeugt.

Die Kalium-Ionen bei unserem Modellversuch entsprechen den Kalium-Ionen in der echten Nervenzelle. Die Citrat-Ionen entsprechen den großen organischen Anionen in der echten Zelle. Die Natrium- und Chlorid-Ionen, die bei der Entstehung des "echten" Ruhepotenzials auch eine Rolle spielen, haben wir bei diesem Modellversuch allerdings ignoriert. Es handelt sich eben nur um einen Modell- bzw. Gedankenversuch.

Vertiefung

Für Leute, die es genauer wissen wollen, habe ich den zweiten Modellversuch noch einmal etwas genauer und vor allem quantitativer ausgeführt. Auf dieser Vertiefungsseite kann man sehr gut nachvollziehen, wie sich das chemische Kaliumpotenzial und das elektrische Potenzial immer mehr annähern, bis schließlich ein elektrochemisches Gleichgewicht entsteht - das Ruhepotenzial. Außerdem gibt es auf dieser Seite zwei kleine Aufgaben zum Üben für Sie.

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