Biologie > Genetik > Molekulare Grundlagen > Proteinbiosynthese

Grundprinzip der Proteinsynthese

Lernziele

Wenn Sie diese Seite durchgearbeitet haben, sollten Sie wissen

  • was der Unterschied zwischen Phänotyp und Genotyp ist,
  • wie die beiden Teilschritte der Proteinsynthese heißen,
  • wie der Weg vom Gen zum Phänotyp verläuft,
  • wie man diesen Weg an dem Beispiel "roter Blütenfarbstoff" erläutern kann,
  • welchen Weg die Aufklärung des Prozesses "Proteinsynthese" genommen hat.

Der Phänotyp wird durch den Genotyp und die Umwelt bestimmt

Schon sehr früh in der Geschichte der Genetik hatte man die Begriffe Phänotyp und Genotyp geprägt, lange bevor man eine Ahnung davon hatte, dass das Erbmaterial aus DNA besteht. Unter dem Phänotyp verstand man zunächst das äußere Erscheinungsbild eines Lebewesens, also seine Größe, seine Fellfarbe, seine Augenfarbe und so weiter. Später kamen dann auch "innere" Eigenschaften dazu wie Blutgruppe, Status des Immunsystems, Verhaltensweisen und so weiter. Der Phänotyp bzw. das äußere Erscheinungsbild wurde dann hauptsächlich vom Genotyp bestimmt, also von der genetischen Ausstattung des Lebewesens, aber auch von der Umwelt.

Alle Gänseblümchen beispielsweise haben ein gleiches Aussehen, wenn man nicht allzu genau hinschaut. Betrachtet man die Blumen aber näher, findet man individuelle Unterschiede im Phänotyp. Trotzdem ähneln sich alle Gänseblümchen, weil sie eine nahezu identische genetische Ausstattung, also einen fast gleichen Genotyp haben. Heute weiß man, dass die genetischen Unterschiede zwischen Individuen einer Art minimal sind.

"Das Erbgut der Maus ist nahezu vollständig entziffert. Und ein Ergebnis, der Entschlüsselung ist, dass die Maus mit dem Menschen in 99 Prozent ihrer Gene übereinstimmt."

Das konkrete Aussehen eines Gänseblümchens (oder einer Maus, eines Menschen etc.) hängt aber auch stark von der Umwelt ab. Ein Gänseblümchen auf einem zu trockenen und nährstoffarmen Boden wächst lange nicht so gut wie eine Pflanze auf einem ausreichend feuchten und nährstoffreichen Boden.

Merke:
Der Phänotyp eines Lebewesens wird zum Teil durch die Umwelt, zum großen Teil aber durch den Genotyp bestimmt.

Phänotyp
Genotyp

Auf diesen beiden Lexikon-Seiten finden Sie weitere Informationen zum Phänotyp und zum Genotyp.

Proteine sind für den Phänotyp zuständig

Für den Phänotyp sind immer irgendwelche Proteine verantwortlich. Entweder als Strukturproteine, wie sie beispielsweise in den Haaren oder in den Muskeln vorkommen, oder als Enzyme. Enzyme produzieren zum Beispiel das Farbpigment Melanin, das für die Farbe unserer Haut verantwortlich ist, andere Enzyme sorgen dafür, dass unsere Haare wachsen und so weiter, von den vielen Enzymen des Stoffwechsels wollen wir hier erst gar nicht reden.

Beispiel Gauklerblume

Ein konkretes Beispiel (Herstellung des roten Blütenfarbstoffs der Gauklerblume durch drei Enzyme) habe ich auf eine Extraseite ausgelagert.

Die Proteine werden an den Ribosomen der Zelle synthetisiert, ein ziemlich energieaufwändiger Prozess übrigens. Die Ribosomen werden manchmal auch als "Proteinfabriken" der Zelle bezeichnet. Ein Protein ist recht komplex aufgebaut, es besteht aus vielen Tausend Aminosäuren.

Proteine

Hier gelangen Sie zur Cytologie-Abteilung dieser Homepage. In diesem Abschnitt werden Proteine ausführlich vorgestellt.

Der Bauplan von Proteinen befindet sich auf der DNA

Woher bekommt das Ribosom nun die Information, in welcher Reihenfolge die Aminosäuren miteinander zu verknüpfen sind? Immerhin gibt es ja 20 verschiedene Aminosäuren, und das Ribosom darf nicht einfach irgendwelche Aminosäuren miteinander verbinden, um ein bestimmtes Protein herzustellen.

Bereits Erwin Schrödinger hat 1944, also lange vor der Entdeckung der DNA-Struktur durch Watson und Crick, vorgeschlagen, dass das genetische Material wie ein Code aufgebaut ist, der die Reihenfolge der Aminosäuren in einem Protein bestimmt [2].

Nachdem Watson und Crick 1954 die Struktur der DNA aufgeklärt hatten (und nebenbei auch den Replikationsmechanismus der DNA), gab es interessante Vorschläge, wie der Code auf der DNA die Reihenfolge der Aminosäuren in einem Protein bestimmt. Man glaubte zum Beispiel, dass sich die Aminosäuren direkt an die Doppelhelix anlagern, mit Hilfe chemischer Wechselwirkungen wie van-der-Waals-Bindungen, H-Brücken und so weiter. Jeweils zwei, drei oder vier DNA-Basen sollten dann komplementär zu einer bestimmten Aminosäure sein.

Crick war es dann, der diese Annahmen für unbegründet hielt. Er schlug vor, dass sich die Aminosäuren an ein Adapter-Molekül binden, das aus RNA besteht, und dass sich diese RNA dann komplementär an eine bestimmte Basensequenz der DNA bindet. Crick schlug auch 1961 in einem Aufsatz vor, dass eine Informationseinheit des genetischen Codes aus genau drei Basen, einem Basentriplett, besteht. Bereits 1954 hatte der russische Physiker Georg Gamow ausgerechnet, dass drei Basen die optimale Anzahl für den genetischen Code sind [1]. Ein Code aus zwei Basen könnte nur 16 verschiedene Aminosäuren codieren, ein Code aus drei Basen aber 64, was locker ausreicht, da es nur 20 Aminosäuren gibt, aus denen sich die Proteine der Lebewesen zusammensetzen.

Die Rolle der RNA

Dass es neben der Desoxyribonucleinsäure (DNA) auch noch eine Ribonucleinsäure (RNA) gibt, war schon seit langem bekannt. Bereits in den 30er und 40er Jahren des letzten Jahrhunderts wusste man, dass in den Zellen, in denen viel Proteine hergestellt werden, auch viel RNA vorkommt. Also musste die RNA irgendwie mit der Proteinsynthese in Zusammenhang stehen. Aber wie genau? Das wusste man damals noch nicht. Aber es war schon bekannt, dass die RNA genau so wie die DNA in der Lage ist, genetische Informationen zu speichern. Man hatte nämlich die RNA-Viren entdeckt, die ihre RNA in die Wirtszellen injizieren, worauf diese Viren-Proteine herstellen.

In den nächsten Jahren kristallisierte sich heraus, was heute in jedem Schulbuch steht. Die "Bauanleitung" für ein Protein ist in der DNA codiert, jeweils drei Basen bilden ein Triplett, und jedes Triplett steht für eine Aminosäure in dem Protein, das von dem Gen codiert wird. Die Information für die Synthese des Proteins, die "Bauanleitung" also, gelangt aus den Zellkern heraus zu den Ribosomen im Zellplasma, und zwar mit Hilfe von RNA-Molekülen, die als messenger-RNA oder kurz mRNA bezeichnet werden.

Wenn also ein Protein hergestellt werden soll, wird das entsprechende Gen kopiert, es entsteht die mRNA. Diese mRNA wandert dann durch die Kernporen zu den Ribosomen, die Ribosomen lesen die codierte Information und stellen dann mit Hilfe von tRNAs (transfer-RNA, im Grunde die Adapter-RNAs, die bereits Crick vorhergesagt hatte) die benötigten Proteine her, bei denen es sich meistens um Enzyme handelt, die dann irgendwie für die Ausbildung des Phänotyps verantwortlich sind.

Proteinsynthese im Überblick

Proteinsynthese im Überblick

Im Zellkern sehen wir hier eines von 46 Chromosomen, von dem sich etwas DNA "abgewickelt" hat, damit man sie besser erkennen kann. Auf diesem DNA-Abschnitt befindet sich ein Gen, von dem gerade eine mRNA-Kopie (rot) hergestellt wird. Dieser Teilschritt der Proteinsynthese wird übrigens als Transkription bezeichnet.

Transkription

Nähere Informationen zum ersten Schritt der Proteinsynthese, der Transkription, finden Sie hier.

Die mRNA wandert dann durch eine Kernpore in das Zellplasma. Dort setzen sich Ribosomen an die mRNA, lesen diese ab und stellen mit Hilfe der auf der mRNA gespeicherten Informationen Protein-Moleküle her (grün). Diesen wichtigen Schritt der Proteinsynthese nennt man Translation. Die tRNAs bringen die jeweils benötigten Aminosäuren zu den Ribosomen und erkennen auch die Tripletts des genetischen Codes auf der mRNA.

Translation

Nähere Informationen zum zweiten Schritt der Proteinsynthese, der Translation, finden Sie hier.

Die langgestreckten Protein-Moleküle falten sich dann in ihre endgültige Form und wirken dann meistens als Enzyme (grün). Ein solches Enzym stellt aus bestimmten Substraten (Ausgangsstoffen, blau) ein Endprodukt her (ebenfalls blau). Das Endprodukt hat dann Einfluss auf den Phänotyp, weil es zum Beispiel ein Farbstoff, ein Wachstumshormon, ein Neurotransmitter oder Ähnliches ist.

Viele Proteine sind nach der Translation noch nicht "fertig", sondern müssen erst aufwändig bearbeitet werden - dazu dienen wieder andere Enzyme. Meistens findet diese Proteinprozessierung (protein processing) in dem Endoplasmatischen Reticulum und/oder im Golgi-Apparat statt.

Merke:
Die Bauanleitung für Proteine befindet sich in den Genen auf der DNA. Nach der Ein-Gen-ein-Enzym-Hypothese (veraltet!) ist jeweils ein Gen für die Synthese eines Proteins zuständig. Zunächst wird eine RNA-Kopie des Gens erstellt, die mRNA wandert dann durch die Kernporen (bei Eukaryoten) in das Zellplasma zu den Ribosomen. Diese lesen die "Anleitung" auf der mRNA und setzen sie mit Hilfe von tRNAs in ein Protein um. Die tRNAs "bringen" die Aminosäuren zu den Ribosomen, und die tRNAs erkennen auch das jeweils passende Basentriplett auf der mRNA.

Quellen:

  1. "Genetisch gleicht die Maus dem Menschen fast genau". Frankfurter Allgemeine vom 04.12.2002.
  2. Rolf Knippers: Eine kurze Geschichte der Genetik, 2. Auflage, Springer-Verlag 2017.
  3. Römpp Chemie-Lexikon, 9. Auflage 1992