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Proteinverdauung

Mund

Im Mundspeichel befinden sich zwar Enzyme zur Verdauung der Kohlenhydrate (Amylasen), aber keine Enzyme, mit denen Proteine verdaut werden könnten.

Magen

Der Magen ist wichtig für die Proteinverdauung. Die Belegzellen der Magenschleimhaut produzieren Salzsäure und andere Zellen der Magenschleimhaut bilden die Vorstufe des Enzyms Pepsin zur Proteinverdauung.

Aufgabe der Salzsäure

Die 0,3%ige Salzsäure im Magensaft (die Magensäure) hat mehrere Aufgaben:

  1. Sie tötet einen großen Teil der mit der Nahrung eingedrungenen Krankheitskeime ab (aber eben nicht alle),
  2. Sie sorgt für die Denaturierung und Aufquellung der Nahrungsproteine, so dass diese im Magen leichter von dem Verdauungsenzym angegriffen werden können.
  3. Sie aktiviert das Verdauungsenzym Pepsin (siehe nächsten Abschnitt).
Aufgabe des Pepsins

Pepsin ist eine Protease, genauer gesagt, eine Endopeptidase. Das heißt, sie greift Peptidbindungen mitten im Protein an. Enzyme, die Proteine von den Enden her angreifen, heißen übrigens Exopeptidasen.

Pepsin (griechisch pepsis = Verdauung) besteht aus genau 327 Aminosäuren. Das pH-Optimum des Pepsins liegt zwischen 1 und 4, also im recht sauren Bereich. Pepsin spaltet Proteine hauptsächlich dort, wo aromatische Aminosäuren in der Kette vorkommen[3].

Pepsin ist keine einzelne Verbindung, sondern der Name für eine ganze Gruppe von Enzymen. Neben Pepsin A und Pepsin C werden im Magensaft noch fünf bis sechs weitere Pepsine vermutet[5].

Auch der Magen besteht aus Proteinen. Warum werden die Magenproteine nicht von den Pepsinen angegriffen und verdaut?

Dafür gibt es zwei Gründe: Der erste Grund ist der, dass die Innenwand des Magens von einer dicken Schleimhaut umgeben ist, die den Magen vor den eigenen Enzymen und der Salzsäure schützt. Der zweite Grund ist der, dass die Drüsen dieser Magenschleimhaut nicht "fertige" Pepsine produzieren, sondern harmlose Vorstufen, die Pepsinogene. Erst bei einem pH-Wert kleiner als 2 werden die Pepsinogene in die wirksamen Pepsine umgewandelt.

Wenn Pepsine die Nahrungsproteine spalten, entstehen Oligopeptide (2 - 10 Aminosäuren) und Polypeptide (11 - 100 Aminosäuren) aus den Proteinen.

Für Experten

Säuglinge besitzen eine weitere Protease im Magensaft, nämlich das Gastricin. Aufgabe des Gastricins ist es, das Milchprotein Casein, das in der Muttermilch enthalten ist, für die Verdauung durch Pepsin vorzubereiten. Das wasserlösliche Casein (auch Caseinogen genannt) wird dabei in eine wasserunlösliche Form überführt (Paracasein genannt) und kann dann leichter verdaut werden[1][2].

Dünndarm

Der Dünndarm ist der Hauptort der Proteinverdauung. Im Zwölffingerdarm, dem ersten Abschnitt des Dünndarms, wird der Chymus (der Magenbrei) mit Sekreten aus der Bauchspeicheldrüse und dem eigentlichen Dünndarm vermischt. Die Magensäure wird dabei neutralisiert, da der Dünndarmsaft alkalisch ist (pH > 7). Damit verlieren auch die Pepsine ihre Wirkung, durch den hohen pH-Wert werden sie denaturiert und abgebaut.

Im Dünndarm sind vor allem drei Sorten von Proteasen aktiv: die beiden Endoproteasen Trypsin und Chymotrypsin sowie vier Exoproteasen.

Bei den Exoproteasen unterscheidet man noch einmal zwischen Carboxypeptidasen und Aminopeptidasen. Die Carboxypeptidasen greifen das Protein von dem Carboxy-Ende her an, also dort, wo sich noch eine intakte COOH-Gruppe befindet. Die Aminopeptidasen greifen das Protein vom anderen Ende her an, also dort, wo sich eine intakte NH2-Gruppe befindet. Die beiden Carboxypeptidasen heißen Carboxypeptidase A und Carboxypeptidase B. Entsprechend bezeichnet man die beiden Aminopeptidasen als Aminopeptidase A und Aminopeptidase B.[2]

Trypsin und Chymotrypsin spalten die Oligo- und Polypeptide des Magenbreis in Di-, Tri-, Tetra-, Pentapeptide und so weiter, also in noch kleinere Bruchstücke. Die vier Exopeptidasen spalten dagegen einzelne Aminosäuren ab.

Dickdarm

Der Dickdarm ist für die Verdauung der Nährstoffe ohne Bedeutung. Im Dickdarm finden hauptsächlich Stoffwechselprozesse statt, wie die Fermentation von Ballaststoffen durch Darmbakterien und die Rückresorption von Wasser und Elektrolyten. Dabei entstehen verschiedene Stoffwechselprodukte wie kurzkettige Fettsäuren, Gase und Ammoniak. Diese Stoffwechselprodukte können Einfluss auf die Darmgesundheit haben und in einigen Fällen sogar für den Körper verwertbar sein, aber sie sind nicht direkt an der Verdauung von Proteinen, Kohlenhydraten oder Fetten beteiligt. Allerdings steht die Bakterienflora des Dickdarms im Mittelpunkt zahlreicher Forschungsvorhaben, und wer weiß, was man in den nächsten Jahren noch alles entdeckt.

Resorption

Bei einer gemischten Kost werden täglich ca. 90 - 125 g Aminosäuren von den Enterozyten (Zellen der Dünndarmwand) resorbiert[5]. Bei dieser Resorption handelt es sich um einen aktiven Transport, da die Enterozyten bereits eine hohe Konzentration an Aminosäuren enthalten. Auch Di- und Tripeptide können auf ähnliche Weise aufgenommen werden. Sie werden dann in den Enterozyten zu Aminosäuren hydrolysiert.

Genauer gesagt handelt es sich bei dem aktiven Transport um einen Symport bei dem die Aminosäuren gleichzeitig mit Na+-Ionen in die Zellen gelangen (Symport: zwei verschiedene Moleküle oder Ionen werden gleichzeitig in die gleiche Richtung transportiert)[4]. Auch Di- und Tripeptide werden auf ähnliche Weise in die Zellen transportiert, allerdings nicht zusammen mit Natrium-Ionen, sondern zusammen mit Protonen[2].

Von den Enterozyten gelangen die Aminosäuren dann durch passiven Transport (Diffusion) in das Blut. Die meisten dieser Aminosäuren werden über die Pfortader zunächst in die Leber transportiert.

Teilweise können sogar ganze Proteine über spezielle Dünndarmzellen in das Blut gelangen. Das ist für das Immunsystem wichtig, da fremde (aber harmlose) Proteine die Bildung von Immunzellen stimulieren und so das Immunsystem stärken (im Grunde ist das eine Art "Training" für das Immunsystem, damit es besser auf tatsächlich gefährliche Proteine reagieren kann). Vor allem bei Säuglingen ist dies wichtig, damit die Immunglobuline der Muttermilch unzersetzt in das Blut des Säuglings gelangen[2].

Verfügbarkeit der Proteine

Wenn man proteinhaltige Nahrung zu sich nimmt, so heißt das nicht automatisch, dass die in der Nahrung enthaltenen Proteine leicht verdaut werden können. Viele Faktoren beeinflussen die sogenannte Verfügbarkeit der Proteine.

Räumliche Struktur

Das fängt schon an mit der räumlichen Struktur der Nahrungsproteine. Zartes Fleisch ist besser verdaubar als Sehnen oder Knorpel. Wie kommt das? Die Strukturproteine in Sehnen, Knorpeln, Muskeln und so weiter sind langgestreckt und stark miteinander vernetzt. Mit dem Vernetzungsgrad sinkt aber die Verfügbarkeit, stark vernetzte Proteine können schlechter in Poly-, Oligo- und Dipeptide abgebaut werden, weil die Verdauungsenzyme keine so große Angriffsfläche haben.

Art der Zubereitung

Rohes Fleisch, rohe Hülsenfrüchte und andere roh zubereitete proteinreiche Lebensmittel sind schlechter verdaubar als gekochte, gebackene oder gebratene Nahrung. Das liegt daran, dass Hitze die Proteinstruktur zerstört (siehe Denaturierung von Proteinen). Denaturierte Proteine bieten den Verdauungsenzymen eine größere Angriffsfläche. Allerdings sollte man es mit dem Braten und Backen nicht übertreiben, denn aber einer bestimmten Temperatur bilden sich aus den Aminosäuren und den in der Nahrung enthaltenen Kohlenhydrate komplexe chemische Verbindungen, sogenannte Maillard-Produkte, die nicht mehr verdaubar sind.

Gesundheitszustand des Menschen

Auch der gesundheitliche Zustand bzw. die genetische Ausstattung des Menschen hat einen Einfluss darauf, wie gut Nahrungsproteine individuell verwertet werden können.

Beispiel Zöliakie

Die Zöliakie oder Glutenunverträglichkeit ist eine Erkrankung des Dünndarms, die Symptome werden durch das in Getreide enthaltene Klebereiweiß Gluten ausgelöst. Verursacht wird die Zöliakie durch einen (eventuell genetisch bedingten) Enzymmangel in der Dünndarmschleimhaut, aber auch das Immunsystem ist an dem Krankheitsbild beteiligt[6].

Zu den Folgen der Zöliakie gehört auch, dass bestimmte Nährstoffe nicht oder nur in vermindertem Maße aufgenommen werden können. Zu den "malabsorptionsassoziierten Symptomen der Zöliakie" gehört beispielsweise die Anämie, bedingt durch Eisenmangel, die Osteoporose, bedingt durch Vitamin D- und Calciummangel sowie Ödeme, bedingt durch Proteinmangel[2], womit wir wieder beim Thema "Verfügbarkeit" wären.

Defekte Aminosäure-Transporter

Wenn die Nahrungsproteine komplett zu Aminosäuren abgebaut sind, müssen diese aktiv in die Zellen der Dünndarmwand transportiert werden. Dazu dienen bestimmte Transportproteine in der Membran dieser Zellen. Bei der Hartnup-Krankheit ist beispielsweise das Transportprotein für neutrale Aminosäuren defekt[7], während bei der Cystinurie die Aminosäuren Cystin, Arginin und Lysin nicht mehr korrekt aufgenommen werden können[1].

Pflanzliche und tierische Proteine

Allgemein sind pflanzliche Proteine weniger gut verfügbar als tierische. Die Verfügbarkeit liegt bei pflanzlichen Proteinen im Schnitt bei 80%, bei tierischen Proteinen dagegen deutlich höher, bis zu 98%. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel.

Proteinstoffwechsel

Wie bereits oben gesagt, werden täglich 90 bis 125 g Aminosäuren im Dünndarm resorbiert[5]. Die Aminosäuren gelangen sofort in die Blutbahn und werden zu den Orten des Verbrauchs, also zu den Zellen transportiert. In den Zellen eines gesunden erwachsenen Menschen werden täglich ca. 400 g Proteine aus 500 g Aminosäuren produziert[5] (Proteinbiosynthese).

Die Aminosäuren, die durch Resorption ins Blut gelangen, die Aminosäuren, die durch den Abbau körpereigener Proteine gebildet werden und die Aminosäuren, die durch Umbau von Kohlenhydraten und Fetten gebildet werden, gelangen in den sogenannten Aminosäure-Pool. Dieser Aminosäure-Pool steht dann den Zellen zum Aufbau neuer körpereigener Proteine zur Verfügung, er umfasst ca. 600 g Aminosäuren.

Quellen für den Aminosäure-Pool
  • Resorption von Aminosäuren
  • Abbau körpereigener Proteine
  • Neusynthese nicht-essentieller Aminosäuren
Abbau körpereigener Proteine

Die Resorption von Aminosäuren wurde bereits oben besprochen, darum wird hier nicht weiter darauf eingegangen.

Der Abbau körpereigener Proteine findet ständig in den Zellen statt, und zwar in den Lysosomen. Überschüssige Proteine, die nicht mehr benötigt werden, werden durch bestimmte Enzyme hydrolytisch gespalten, dabei entstehen - ähnlich wie bei der Proteinverdauung im Magen und im Dünndarm - kurzkettige Peptide und schließlich einzelne Aminosäuren. Auch überschüssige Aminosäuren können weiter abgebaut werden. Einerseits können sie zur Energiegewinnung genutzt werden, 1 g Protein enthält immerhin ca. 17 kJ Energie. Andererseits können aus den Aminosäuren wertvolle Bausteine zur Synthese anderer Verbindungen gewonnen werden.

Werden Aminosäuren zur Energiegewinnung abgebaut, muss zunächst die Aminogruppe abgespalten werden. Im Reagenzglas eines Chemikers würde die Aminogruppe als giftiges Ammoniak freigesetzt werden. Das geht in den Zellen eines Menschen natürlich nicht. Also werden die Aminogruppen in eine andere - ungiftige - Verbindung eingebaut, und zwar den Harnstoff. So ganz ungiftig ist der Harnstoff auch nicht, daher muss er über die Niere ausgeschieden werden - aber dazu kommen wir noch später auf einer eigenen Reihe von Seiten.

Wenn die Aminogruppe abgespalten wurde, bleibt eine Kohlenstoffkette zurück. Diese Kohlenstoffkette kann dann in den Energiestoffwechsel der Zelle eingespeist werden. Sie kann - je nach abgebauter Aminosäure - in Acetyl-CoA, Pyruvat oder ein anderes Zwischenprodukt des Citratzyklus umgewandelt werden. Auch ist es möglich, aus den Aminosäure-Kohlenstoffketten Fettsäuren oder Glucose aufzubauen[5].

Aufbau körpereigener Proteine

Dieses Thema ist auf den Biologieseiten ausführlich beschrieben, daher hier nur ein paar Stichworte:

DNA -> Transkription -> mRNA -> Ribosomen -> Proteinsynthese -> Proteinverarbeitung

Für das Fach Ernährungslehre ist es vielleicht noch wichtig zu wissen, dass es essentielle und nicht-essentielle Aminosäuren gibt. Benötigt die Proteinbiosynthese in den Zellen Aminosäuren wie Lysin oder Threonin, so können diese Aminosäuren nicht aus anderen Aminosäuren oder Zuckern oder Fetten selbst hergestellt werden, sondern müssen mit der Nahrung aufgenommen und dann verdaut und resorbiert werden.

Interessant ist der sogenannte Proteinturnover in 24 Stunden: Aus 100 g Nahrungsproteinen entstehen durch Verdauung und Resorption 125 g Aminosäuren. Pro Tag werden außerdem 400 g körpereigene Proteine abgebaut, was 500 g Aminosäuren ergibt. Zusammen sind das 625 g Aminosäuren - der Aminosäurepool.

Im Schnitt werden von diesen 625 g Aminosäuren 125 g für die Energiegewinnung genutzt, dabei entstehen Kohlendioxid, Wasser und Ammoniak. Das Ammoniak wird aber sofort in Form von Harnstoff gebunden und dadurch unschädlich gemacht. 500 g der Aminosäuren des Pools werden für die Neusynthese körpereigener Proteine verwendet[5].