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Schwache chemische Bindungen

Atombau - Oktettregel - Ionenbindung - Elektronenpaarbindung - Metallbindung - Elektronegativität - schwache Bindungen

Wir haben jetzt drei verschiedene Arten von intramolekularen starken chemischen Bindungen kennengelernt: die Ionenbindung, die Elektronenpaarbindung und die metallische Bindung. Diese chemischen Bindungen gehören zu den sogenannten starken chemischen Bindungen. Neben diesen starken Bindungen gibt es aber auch eine Reihe sogenannter schwacher chemischer Bindungen. Mit diesen schwachen chemischen Bindungen wollen wir uns auf dieser Seite beschäftigen.

Van-der-Waals-Wechselwirkungen

Die Elektronen der Atome in einem Molekül bewegen sich ständig. Die Ladungsverteilung in einem Molekül ist daher meistens unsymmetrisch. An dem einen Ende des Moleküls sind mal mehr Elektronen, an dem anderen Ende weniger Elektronen, was sich aber im Bruchteil einer Mikrosekunde ändern kann. Diese Ungleichverteilung der Ladungen führt dazu, dass Moleküle temporäre Dipole bilden.

Ein temporärer Dipol erzeugt aber ein elektrisches Feld, das dann in einem benachbarten Molekül ebenfalls einen Dipol erzeugen kann.

Veranschaulichung von van der Waals-Kräften
Autor: Ulrich Helmich, Lizenz: siehe Seitenende

Auf dem Bild sind zwei Wasserstoff-Moleküle dargestellt. Der temporäre Dipol in dem oberen Molekül auf der linken Seite induziert einen temporären Dipol in dem benachbarten unteren Molekül. Einen solchen Dipol, der durch elektrische Felder eines anderen Moleküls erzeugt wird, nennt man induzierten Dipol. Der temporäre Dipol (oben) und der induzierte Dipol (unten) ziehen sich nun gegenseitig an. Diese Art von schwacher Wechselwirkung zwischen zwei Molekülen bezeichnet man als van-der-Waals-Wechselwirkungen oder auch als van-der-Waals-Kräfte.

Diese Wechselwirkungen sind extrem schwach, nehmen aber mit der Kontaktfläche zwischen den benachbarten Molekülen zu. Aus diesem Grunde hat beispielsweise das Alkan Octan einen höheren Siedepunkt als das Alkan Butan. Ein Octan-Molekül ist ungefähr doppelt so lang wie ein Butan-Molekül, daher ist auch die Kontaktfläche doppelt so groß, über welche die van-der-Waals-Kräfte wirken können.

Weitere Informationen zu den van-der-Waals-Wechselwirkung finden Sie im Chemie-Lexikon.

Dipol-Dipol-Wechselwirkungen

Diese Wechselwirkungen sind etwas stärker als die van-der-Waals-Kräfte. Bei den Dipol-Dipol-Wechselwirkungen ziehen sich nicht temporäre und induzierte Dipole gegenseitig an, sondern permanente Dipole. Ein Beispiel für einen permanenten Dipol ist das Iodwasserstoff-Molekül. Das Iod-Atom hat eine höhere Elektronegativität als das Wasserstoff-Atom, daher halten sich die Elektronen der kovalenten H-I-Bindung mit etwas höherer Wahrscheinlichkeit in der Nähe des Iod-Atoms auf, was zu einer polaren kovalenten Bindung führt. Das gesamte HI-Molekül ist dann ein permanenter Dipol: Am H-Ende leicht positiv geladen, am I-Ende leicht negativ. Zwei HI-Moleküle ziehen sich daher an, ähnlich wie zwei Magnete.

Solche Dipol-Dipol-Wechselwirkung spielen zum Beispiel bei Aldehyden und Ketonen eine wichtige Rolle. Aldehyde und Ketone besitzen eine Carbonylgruppe, die einen permanenten Dipol darstellt. Das C-Atom ist leicht positiv geladen, das O-Atom leicht negativ. Wasserstoffbrücken-Bindungen können Aldehyd- und Keton-Moleküle untereinander nicht bilden, dennoch sind die Siedetemperaturen von Aldehyden und Ketonen deutlich höher als die von Alkanen mit gleicher molarer Masse. Ursache für diese erhöhten Siedetemperaturen sind die Dipol-Dipol-Wechselwirkungen zwischen benachbarten Molekülen.

Wasserstoffbrücken-Bindungen

Die stärksten schwachen chemischen Bindungen sind die Wasserstoffbrücken-Bindungen. Sie zu erklären ist nicht so ganz einfach, man muss schon das Kugelwolkenmodell gut kennen. Schauen wir uns diese Bindungsart am Beispiel des Wasser-Moleküls an.

Veranschaulichung von H-Brücken
Autor: Ulrich Helmich, Lizenz: siehe Seitenende

Diese etwas ältere Zeichnung zeigt auf der linken Seite eine Kette von Wasser-Molekülen. Das O-Atom besitzt jeweils vier Kugelwolken, die abwechselnd rot und blau hinterlegt worden sind, damit man die Kugelwolken den jeweiligen O-Atomen besser zuordnen kann. Achten Sie nun auf das rot gezeichnete H-Atom in der linken Kette, das durch den dicken grünen Pfeil markiert ist. Dieses H-Atom gehört eindeutig dem rot dargestellten mittleren Wasser-Molekül an. Mit dem O-Atom ist es durch eine rot markierte Kugelwolke verbunden.

Nun schauen wir uns die rechte Seite der Abbildung an. Wir sehen das gleiche H-Atom, das seine Position nicht verändert hat. Doch jetzt ist das H-Atom blau gezeichnet, denn es ist mit einer Kugelwolke mit dem blau dargestellten unterem Wasser-Molekül verbunden. Das H-Atom hat also nicht seine Position gewechselt, wohl aber seine Zugehörigkeit zu einem Wasser-Molekül.

Der außenstehende Betrachter bekommt von alledem nichts mit. Er erkennt nur, dass dieses H-Atom irgendwie gleichzeitig beiden Wasser-Molekülen angehört. Es bildet sozusagen eine Brücke zwischen den beiden Wasser-Molekülen. Diese Art von chemischer Wechselwirkung, der Zusammenhalt von zwei Molekülen über Wasserstoff-Brücken, wird als Wasserstoffbrücken-Bindung oder kurz H-Brücken-Bindung bezeichnet.

Wasserstoffbrücken-Bindungen sind deutlich stärker als Dipol-Dipol-Wechselwirkungen und erst recht stärker als van-der-Waals-Bindungen. An die Stärke echter kovalenter Bindungen reichen sie jedoch nicht heran.

H-Brücken-Bindungen spielen eine große Rolle in der anorganischen und organischen Chemie. Die hohen Siedepunkt der Alkohole und Carbonsäuren lassen sich beispielsweise auf solche H-Brücken zurückführen, und natürlich auch der ungewöhnlich hohe Siedepunkt des Wassers selbst. Der verwandte Schwefelwasserstoff H2S hat einen viel niedrigeren Siedepunkt als Wasser, obwohl er durch das Schwefel-Atom eine viel höhere molare Masse hat. H2S-Moleküle können keine H-Brücken bilden, daher wirken nur die relativ schwachen Dipol-Dipol-Kräfte zwischen den Molekülen.

Weitere Informationen zu den Wasserstoffbrücken-Bindungen finden Sie im Chemie-Lexikon.

Hydrophobe Wechselwirkungen

Die Eigenschaften von Proteinen, Nucleinsäuren, Fetten und anderer großer organischer Moleküle werden auch durch den sogenannten hydrophoben Effekt beeinflusst. Was versteht man darunter?

Im Chemie-Unterricht der Sek. I oder der Stufe EF erkläre ich den hydrophoben Effekt immer so: Wenn man Pentan mit Wasser mischt, entstehen zwei deutlich sichtbare Phasen, oben schwimmt das Pentan, unten befindet sich das Wasser. Beide Verbindungen vermischen sich nicht, weil die Wasser-Moleküle untereinander H-Brücken bilden. Die Wasser-Moleküle bleiben daher unter sich. Den Pentan-Molekülen bleibt gar nichts anderes übrig, als ebenfalls unter sich zu bleiben. Sie werden durch van-der-Waals-Kräfte zusammengehalten.

In der Qualifikationsphase kann man den hydrophoben Effekt aber etwas genauer erklären. Dazu betrachten wir mal folgendes Bild:

Beschreibung siehe folgenden Text

Veranschaulichung des hydrophoben Effekts
Autor: Ulrich Helmich, Lizenz: siehe Seitenende

Wir sehen hier zwei Fett-Moleküle in einer wässrigen Umgebung. Auf der linken Seite der Abbildung ist jedes Fett-Molekül von 15 Wasser-Molekülen umgeben, die untereinander durch H-Brücken locker verbunden sind. Diese Wasser-Moleküle bilden eine Art Käfig um das Fett-Molekül. Insgesamt befinden sich hier 30 Wasser-Moleküle in einem relativ geordnetem Zustand. Merken Sie schon, worauf ich hinaus will?

Kommen sich nun zwei dieser Fett-Moleküle etwas näher, bilden die Wasser-Moleküle einen größeren Käfig um die beiden Fett-Moleküle. Dieser Käfig besteht in unserem Anschauungsmodell aber nicht mehr aus 2 x 15 Wasser-Molekülen, sondern nur noch aus 19 Wasser-Molekülen. Die restlichen 11 Wasser-Moleküle sind jetzt wieder "frei" und befinden sich in einem ungeordneten Zustand.

Die Anordnung rechts auf dem Bild ist energetisch günstiger als die Anordnung links auf dem Bild, denn die freigesetzten Wasser-Moleküle erhöhen die Entropie des Systems. Die Entropie ist aber ein ganz wichtiger Faktor bei der Beurteilung, ob ein Zustand energetisch günstig ist oder nicht.

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