Biologie > Ökologie > Synökologie > Konkurrenz

Konkurrenzvermeidung

intraspezifisch - interspezifisch - Konkurrenzvermeidung

Das Konkurrenzausschluss-Prinzip

Zwei Arten können nicht in der gleichen ökologischen Nische leben, ohne sich Konkurrenz zu machen.

Das Konkurrenzausschluss-Prinzip bezieht sich vor allem auf Arten, die von der gleichen (knappen) Ressource leben, also beispielsweise Nahrung bei Paramecium oder Silikat bei Kieselalgen. Auf der vorherigen Seite haben wir die entsprechenden Versuche von Gause und Tilman kennengelernt. Im Bereich der Autökologie hatten wir auch schon den berühmten Hohenheimer Grundwasserversuch behandelt, bei dem gezeigt wurde, dass die ökologische Präferenz einer Art nicht unbedingt mit der physiologischen Präferenz übereinstimmen muss, wenn Konkurrenten vorhanden sind, welche die Art aus dem physiologischen Optimum verdrängen.

"Von zwei Arten, die syntop (am gleichen Ort) und synchron (zur gleichen Zeit) vorkommen und genau dieselben begrenzten ökologischen Ressourcen und Requisiten nutzen, wird immer die Population einer Art schneller als die der anderen zunehmen und letztlich diese verdrängen."

Zitat aus: Smith, Ökologie, 6. Auflage, München 2009

Das Konkurrenzausschluss-Prinzip gilt nicht immer

Das Plankton-Paradoxon

Dummerweise findet man in der freien Natur aber ganz häufig Arten, die offensichtlich in der gleichen ökologische Nische leben und friedlich koexistieren. Hutchinson hat dieses Phänomen unter dem Namen "Plankton-Paradoxon" im Jahre 1961 bekannt gemacht. Er stellte die Frage, wieso eigentlich viel mehr Plankton-Arten in einem Habitat leben, als nach dem Konkurrenzausschluss-Prinzip erlaubt sind. Denn nach dem Konkurrenzausschluss-Prinzip müsste sich auf Dauer eine der vielen Arten durchsetzen.

Die Versuche von Bazzaz

Bazzaz machte ähnliche Experimente wie die bereits vorgestellten von Gause und Tilman. Er ließ die Pionierpflanzen (das sind Pflanzen, die sich als erste auf einer neuen Fläche ansiedeln) mal in Reinsaat, mal in Mischsaat wachsen. Welche Pflanzenart die jeweils konkurrenzstärkere war und welche Arten unterlegen waren, hing von der Temperatur ab, bei denen er die Pflanzen wachsen ließ.

Um die Versuchsergebnisse zu verstehen, ist es wichtig, sich mit der Temperaturtoleranz der Pflanzen zu beschäftigen. Diese ist in der folgenden Graphik dargestellt:

siehe Text

Die Versuche von Bazzaz mit drei Pflanzenarten

Die erste Pflanzenart, Ambrosia (Traubenkraut), hat ihr (physiologisches) Temperaturoptimum bei ca. 18°C, die zweite Pflanzenart, Polygonum (Knöterich), bei ca. 20°C, und die dritte Art, Datura (Stechapfel), bei ca. 27°C.

Bazzaz fand nun heraus, dass bei niedrigen Temperaturen Ambrosia die konkurrenzstärkere Art ist, bei hohen Temperaturen jedoch Datura (laut Graphik hätte auch hier Polygonum konkurrenzstärker sein müssen, war es aber nicht - die Natur ist eben manchmal komplizierter, als man es als Biologe gern hätte). Bei mittleren Temperaturen setzte sich Polygonum gegen seine beiden Konkurrenten durch.

Kommen wir zurück zur wichtigen Frage, warum mehrere Arten in der gleichen ökologische Nische existieren können. Damit hätten wir dann auch das Plankton-Paradoxon gelöst.

Die Versuche von Bazzaz haben diese Frage quasi beantwortet. Die drei Pflanzenarten koexistieren nicht deswegen, weil sich jede Pflanze eine eigene ökologische Nische gesucht hat, sondern weil - je nach gerade herrschender Temperatur - mal die eine Art konkurrenzstärker ist, mal die andere. In der freien Natur herrschen ständig andere Temperaturen, mal ist es warm, mal ist es kalt. Unter diesen Bedingungen kann sich keine Art so stark vermehren, dass sie den anderen Arten wichtige Ressourcen (Licht, Platz) entzieht.

Die Versuche von Austin

In den 80er Jahren führte Austin vergleichbare Versuche mit Distel-Arten durch. Er legte Felder mit Reinsaaten und Felder mit Mischsaaten an. Als Umweltfaktor wählte er nicht die Temperatur, sondern die Nährsalzkonzentration im Boden. Hier die Ergebnisse in vereinfachter Form:

siehe Text

Die Versuche von Austin mit drei Pflanzenarten

Bei geringer Nährstoffkonzentration war die Distelart Carthamus lanatus am konkurrenzstärksten, bei mittlerer Nährstoffkonzentration Carduus pycnocephalus, und bei hoher Nährstoffkonzentration die Distelart Silybum marianum.

Wie gesagt, den Temperaturfaktor hat AUSTIN nicht berücksichtigt, ebenso wenig wie viele andere relevante Umweltfaktoren, beispielsweise den pH-Wert des Bodens oder die Feuchtigkeit.

Das Konkurrenzausschluss-Prinzip kann man unter kontrollierten Laborbedingungen leicht, im Freiland dagegen nur sehr schwer nachweisen. Manchmal verdrängt tatsächlich eine Art eine konkurrierende Art; viel häufiger jedoch koexistieren die Konkurrenten mehr oder weniger friedlich. Die Konkurrenzstärke einer Art ist nicht naturgegeben und ein für allemal festgelegt, sondern hängt von einer Vielzahl vom Umweltfaktoren ab, die sich zudem auch noch ständig ändern. Mal ist die eine Art konkurrenzstärker, mal die andere. Zwei Arten A und B können also entweder koexistieren, weil sie sich eingenischt haben, oder sie können koexistieren, weil wegen schwankender Umweltbedingungen keine Art auf Dauer konkurrenzstärker als die andere ist.

Quellen:

  1. Smith, Ökologie, 6. Auflage, München 2009
  2. Remmert, Ökologie, 5. Auflage, Berlin Heidelberg New York 1992
  3. Lampert, Sommer, Limnoökologie, 2. Auflage, Stuttgart New York 1999