Helmichs Biologie-Lexikon

Neuron

Die wichtigsten Proteinkomplexe der Lichtreaktion
Quelle: Wikipedia, Artikel "Neuron", Autor: LadyofHats (English original); NEUROtiker (German translation), Lizenz: Public domain.

Dieses schöne Bild wurde wieder einmal von Mariana Ruiz Villarreal zur Verfügung gestellt, Herzlichen Dank! Es zeigt den Aufbau eines Neurons im Detail.

Soma

Beginnen wir mit dem Zellkörper, dem Soma (hier gar nicht beschriftet). Der Nucleus (Zellkern, gelb) mit dem Nucleolus (Kernkörperchen, grün) ist nicht zu übersehen, er nimmt einen großen Teil des Zellkörpers ein. Umhüllt ist der Zellkern vom rauen endoplasmatischen Reticulum. Typisch für Nervenzellen sind auch die vielen Mitochondrien (gelb) und das glatte ER (grün) sowie der Golgi-Apparat (gelb). All das deutet auf eine lebhafte Proteinsynthese hin, was ja auch klar ist, wenn man bedenkt, wie viel Arbeit eine solche Nervenzelle zu leisten hat.

Dendriten

Die Dendriten sind die feinen baumartigen Verästelungen, die teils direkt vom Soma ausgehen (basale Dendriten), teils aus anderen Dendriten weiter entfernt vom Soma abzweigen (apikale Dendriten [2]). Die Dendriten bilden Synapsen mit anderen vorgeschalteten Zellen aus, entweder mit Nervenzellen oder mit Sinneszellen (die ja auch zu den Nervenzellen gehören, aber auf die Wahrnehmung von Reizen spezialisiert sind). Eine einzelne Nervenzelle kann über ihre Dendriten mit über 1.000 anderen Nervenzellen verbunden sein und Informationen von diesen Zellen empfangen und verarbeiten. Die Verarbeitung dieser vielen Informationen ist übrigens wieder eine Aufgabe des Somas, genauer gesagt, des Axonhügels.

An vielen Dendriten findet man sogenannte Dornen, das sind kleine "Ausstülpungen" des Dendriten, die dann mit dem synaptischen Endknöpfchen einer anderen Nervenzelle eine Synapse bilden.

Dendriten

Die ausführlichere Lexikonseite zum Thema.

Axonhügel

Der Axonhügel ist das Übergangsstück zwischen dem Soma und dem Axon. Während sich in der Membran des Somas und der Dendriten hauptsächlich chemisch gesteuerte Natriumkanäle finden, die auf Neurotransmitter reagieren, herrschen ab dem Axonhügel spannungsgesteuerte Natriumkanäle vor, die auf Änderungen des Membranpotenzials reagieren.

Die von den axodendritischen und axosomatischen Synapsen erzeugten Rezeptorpotenziale (Änderungen des Membranpotenzials) werden wellenartig zum Axonhügel weitergeleitet, schwächen sich dabei aber räumlich und zeitlich ab. Am Axonhügel vereinigen sich dann die verschiedenen Depolarisierungen und Hyperpolarisierungen, und je nachdem ob am Axonhügel das Membranpotenzial einen bestimmten Schwellenwert überschreitet, wird dort die Bildung von Aktionspotenzialen eingeleitet, die dann mit hoher Geschwindigkeit am Axon entlang wandern.

Die Informationsverarbeitung am Axonhügel ist eine Analog-Digital-Umwandlung. Die verschiedenen De- und Hyperpolarisierungen der Somamembran sind analoge Signale, während die Aktionspotenziale digitale Signale sind (Alles-oder-Nichts-Prinzip, entweder Ruhepotenzial von -70 mV oder Aktionspotenzial von +30 mV, entsprechend 0 oder 1 in der digitalen Welt).

Axon

Das Axon dient der Weiterleitung der digitalen Signale, die als Aktionspotenziale bezeichnet werden. Ein Aktionspotenzial wird nach dem Alles-oder-Nichts-Gesetz gebildet. Entweder entsteht es vollständig, dann nimmt die Axonmembran ein Membranpotenzial von +30 mV an, oder es entsteht nicht, dann bleibt die Membranspannung bei -70 mV bzw. bei dem jeweiligen Wert des Ruhepotenzials.

Aktionspotenzial

Hier sind die Phasen eines Aktionspotenzials kurz zusammengefasst dargestellt.

Die Axone der Nervenzellen von Säugetieren sind etwa 0,05 µm bis 20 µm dick und bei Menschen ungefähr zwischen 1 µm und 1 m lang [1].

Im Axoplasma (dem Zellplasma im Innern eines Axons) finden sich sehr viele Bestandteile des Cytoskeletts, vor allem Neurofibrillen und Mikrotubuli. Diese Strukturen dienen dem schnellen und gerichteten Transport der vielen synaptischen Vesikeln, die im Soma gebildet und dann zu den synaptischen Endknöpfchen weiter transportiert werden (axonaler Transport).

Axon

Axonaler Transport

Lesen Sie mehr zum Axon und zum axonalen Transport auf diesen beiden Seiten in meinem Biologie-Lexikon.

Myelinscheide

Die Myelinscheide ist nicht nur ein mechanischer Schutz für das Axon sowie eine elektrische Isolierung, sondern hat vielfältigere Aufgaben. Gebildet wird die Myelinscheide von einer besonderen Klasse der Gliazellen, nämlich den Oligodendrocyten.

Nervenzellen, deren Axon von einer solchen Myelinscheide umgeben ist, werden auch als markhaltige Nervenzellen oder markhaltige Nervenfasern bezeichnet. Der Hauptvorteil von solchen "umwickelten" Axonen ist, dass sie Aktionspotenziale mit einer zehnfachen Geschwindigkeit weiterleiten als marklose "nackte" Axone.

Myelinscheide

Weitere Einzelheiten zur Myelinscheide und wie die Oligodendrocyten das Axon "umwickeln", finden Sie auf dieser Lexikonseite.

Synaptische Endknöpfchen

Am Ende des Axons und seiner Kollaterale finden sich im Elektronenmikroskop sichtbare Verdickungen, die als synaptische Endköpfchen bezeichnet werden. Typisch für diese Gebilde sind die vielen synaptischen Vesikel in den Endknöpfchen mit ihren Neurotransmittern. Wird die Nervenzelle erregt und kommen Aktionspotenziale am synaptischen Endknöpfchen an, werden diese Vesikel zur präsynaptischen Membran transportiert und verschmelzen dort mit ihr. Die Neurotransmitter gelangen so in den synaptischen Spalt, durchqueren diesen durch Diffusion und docken an spezielle Rezeptoren in der postsynaptischen Membran der folgenden Zelle an (Nervenzelle, Muskelzelle oder Drüsenzelle), wo sie dann eine spezifische Signalverarbeitung auslösen (oder hemmen).

Synapse

Auf dieser Seite finden Sie nähere Informationen zum Aufbau einer Synapse.

Synaptische Übertragung

In dieser großen Abteilung meiner Homepage gehe ich sehr detailliert auf die synaptische Übertragung ein. Diese Seiten richten sich in erster Linie an Schüler(innen) der Sekundarstufe II, ich denke aber, dass auch Biologie- und Medizin-Student(innen) in den Anfangssemestern davon profitieren könnten.

Klassifizierung von Neuronen

Es gibt viele verschiedene Neuronentypen, die auf unterschiedliche Weisen klassifiziert werden können. In dem Buch von Bear [3] werden die Neuronentypen einmal nach der neuronalen Struktur klassifiziert, und dann aufgrund der Genexpression.

A) Klassifizierung nach der neuronalen Struktur

A1) Nach der Anzahl der Neuriten kann man unipolare, bipolare und multipolare Neurone unterscheiden. Die normale "Schulbuchnervenzelle" ist nach dieser Klassifikation multipolar, denn sie besitzt viele Neuriten: Viele Dendriten und ein teils verzweigtes Axon (Neurit ist ein Sammelbegriff für die Fortsätze des Neurons, also für die Dendriten und das Axon).

siehe folgenden Text

Vier verschiedene Typen von Nervenzellen
Quelle: Wikipedia, Artikel "Dendriten". Autor: Jonathan Haas.
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  1. Unipolare Nervenzelle. Dieser Nervenzellentyp hat keine Dendriten, sondern nur ein verzweigtes Axon.
  2. Bipolare Nervenzelle. Auf der einen Seite des Somas befinden sich die Dendriten, auf der anderen Seite ein stark verästeltes Axon. Auf den ersten Blick kann man hier die beiden baumartigen Verzweigungen nicht unterscheiden.
  3. Multipolare Nervenzelle. Diese sehr häufig vorkommenden Nervenzelle besitzen stark verzweigte Dendriten und ein Axon, das erst am Ende verzweigt ist.
  4. Pseudounipolare Nervenzelle. Im Prinzip ähnlich wie die bipolaren Nervenzelle, man kann nur sehr schlecht zwischen Dendriten und stark verzweigtem Axon unterscheiden. Das Soma liegt jetzt aber nicht zwischen diesen beiden Bereichen, sondern außerhalb. Nach [3] wird dieser Typ ebenfalls als unipolar bezeichnet.

A2) Nach der Art und Weise der Denditen-Anordnung unterscheidet man verschiedene Typen von Nervenzellen. Am bekanntesten sind wohl die Sternzellen und die Pyramidenzellen. Die Sternzellen bestehen aus einem zentralen Soma, von dem sternförmig oder strahlenförmig viele lange Dendriten ausgehen und natürlich auch ein Axon.

Eine Pyramidenzelle
Quelle: Wikipedia, Artikel "Pyradimal cell", Autor: Fabuio, Deutsche Beschriftung: U. Helmich, Lizenz: Creative Commons Attribution 4.0 International license. D

Pyramidenzellen und Sternzellen kommen im Gehirn der Säugetiere vor.

A3) Nach der Art der Verknüpfung kann man zwischen sensorischen und motorischen Neuronen sowie Interneuronen unterscheiden. Sensorische Neurone empfangen Sinnesreize von außen und leiten diese an motorische Neurone oder Interneurone weiter. Motorische Neurone sind mit Muskelzellen verbunden und können dieses zur Kontraktion anregen. Interneurone sind alle anderen Neurone, die mit vielen Vorgängerneuronen und einigen Nachfolgerneuronen über Synapsen verknüpft sind.

A4) Nach der Axonlänge kann man zwischen Golgi-Typ-I-Neuronen bzw. Projektionsneuronen und Golgi-Typ-II-Neuronen bzw. lokale Schaltkreisneuronen unterscheiden. Die Typ-I-Neurone haben lange Axone und können daher größere Strecken im Gehirn überbrücken (oder im Körper), während die Typ-II-Neurone nur kurze Axone haben, die nur kurze Strecken im Gehirn überbrücken. Die Pyramidenzellen gehören beispielsweise zu den Typ-I-Neuronen.

B) Klassifizierung aufgrund der Genexpression

Diese von Bear aufgestellte Klassifizierung ist recht vage. Er will damit sagen, dass sich die verschiedenen Neuronentypen in ihrer Genetik unterscheiden. Ob eine Pyramidenzelle oder eine Sternzelle entsteht, hängt ganz davon ab, welche Gene jeweils abgelesen werden.

Die unterschiedliche Genexpression in den verschiedenen Neuronentypen führt auch dazu, dass die einzelnen Neuronentypen unterschiedliche Neurotransmitter produzieren. Motorische Neuronen produzieren beispielsweise Acetylcholin als Neurotransmitter.

Quellen:

  1. Wikipedia, Artikel "Nervenzelle"
  2. Kandel, Schwartz, Jessel, Siegelbaum, Hudspeth, Principles of Neural Science, Fifth Edition. McGraw-Hill Education 2013.
  3. Bear, Connors, Paradiso: Neurowissenschaften, Springer-Verlag 2018