Home > Ernährungslehre > Proteine > Niereninsuffizienz

Das Nephron: Funktion

Lage - Bau - Nephronbau - Nephronfunktion - ADH - Renin - Insuffizienz - Dialyse

Grundlegende Funktion

Betrachten wir noch einmal das Bild von der letzten Seite, als es um den Aufbau eines Nephrons ging.

Zwei Nephrone münden in einem Sammelrohr

This file is licensed under the Creative Commons Attribution 3.0 Unported license. Author: Anmats

Auf diesem Bild aus der englischsprachigen Wikipedia kann man zwei solcher Nephrone erkennen.

Ein Nephron besteht aus zwei Hauptkomponenten:

  1. Nierenkörperchen (Bowman-Kapsel mit dem Glomerulus)
  2. Nierenkanälchen (Vorderer Tubulus, Henle-Schleife, hinterer Tubulus)

Der hintere Tubulus mündet schließlich in ein Sammelrohr (Collection duct). Dieses Sammelrohr führt in Richtung Nierenbecken, wo der Endharn gespeichert wird. Auch aus dem Sammelrohr kann noch Wasser austreten und für den Körper zurückgewonnen werden.

Die Aufgaben des Nephrons und des Sammelrohrs kann man kurz wie folgt beschreiben - eine detailliertere Beschreibung folgt im nächsten Abschnitt:

  1. Nierenkörperchen: Ultrafiltration des Blutes, Bildung des Primärharns, der aber noch Wasser und viele wertvolle Stoffe enthält.
  2. Nierenkanälchen: Rückresorption von Wasser und den wertvollen Inhaltsstoffen. Von 150 bis 180 Liter Primärharn täglich bleiben so nur noch ca. 1,5 Liter Endharn übrig, der dann ausgeschieden wird.
  3. Sammelrohr: Weitere Rückresorption von Natrium-Ionen und Wasser; die Rate der Rückresorption kann durch Hormone gesteuert werden.

Ein Nephron besteht aus zwei Hauptabschnitten. Im Nierenkörperchen erfolgt die Ultrafiltration des Blutes, dabei entstehen täglich 150 bis 180 Liter Primärharn. Dieser enthält viel Wasser und viele wertvolle Salze und Nährstoffe. In dem langen Nierenkanälchen werden das Wasser, die Salze und die Nährstoffe durch aktiven und passiven Transport zurückgewonnen (Rückresorption: Die Stoffe gelangen wieder in den Blutkreislauf). Von 150 Liter Primärharn bleiben so nur 1,5 Liter Endharn übrig.

Die hier in der Kürze beschriebenen Prozesse sind teilweise recht komplex und sollen im Folgenden näher beschrieben werden.

Bowman-Kapsel: Ultrafiltration des Blutes

Das Blut wird mit hohem Druck durch den fein verästelten Glomerulus gedrückt. Der Blutdruck wird noch dadurch erhöht, dass die abführende Arteriole enger ist als die zuführende. Durch den hohen Druckunterschied zwischen Kapillaren und Kapselraum werden Wasser und kleine Moleküle aus den Kapillaren des Glomerulus quasi herausgepresst.

Dieser Primärharn muss dabei drei Hürden überwinden:

  1. Die Poren zwischen den Endothelzellen (das sind die Zellen, aus denen die Blutgefäße gebildet werden) haben einen Durchmesser von ca. 100 nm[6].
  2. Die Basalmembran, auf denen die Endothelzellen verankert sind. Eine Basalmembran ist eine sehr dünne Schicht aus Kollagenfibrillen, Glycoproteinen und anderen Komponenten.
  3. Die feinen Lücken zwischen den Podocyten, die nur ca. 40 nm breit sind[6].

Das so gewonnene Filtrat wird als Primärharn bezeichnet. Der Primärharn enthält vor allem Wasser, aber auch Glucose und Harnstoff. Außerdem natürlich Salzionen, vor allem Natrium-Ionen, Chlorid-Ionen und Hydrogencarbonat-Ionen. Im Prinzip hat der Primärharn die gleiche Zusammensetzung wie das Blut[5], allerdings fehlen die größeren Blutbestandteile wie Blutzellen, größere Proteine etc.

Der Ultrafilter, der aus den drei Schichten Endothel - Basalmembran - Podocyten besteht, ist unbeschränkt durchlässig für Wasser und darin gelöste Stoffe, deren Molmasse den Wert 5.000 Dalton nicht übersteigt. Auch größere Moleküle können diesen Ultrafilter unter Umständen noch passieren, aber bei 50.000 Dalton ist dann endgültig Schluss[5].

Übrigens ist die Rate der Primärharnbildung ein Maß für die Nierenfunktion. Ist die Primärharnbildung zu niedrig, spricht man von einer Niereninsuffizienz, womit wir schon beim Thema wären. Täglich werden ca. 150 bis 180 Liter Primärharn gebildet, pro Minute sind das 104 bis 125 ml. Diesen Wert bezeichnet man auch als Glomeruläre Filtrationsrate oder kurz GFR.

Proximaler (vorderer) Tubulus

Im vorderen Tubulus, also gleich hinter der Bowman-Kapsel, findet sowohl die Reabsorption wertvoller Stoffe wie auch die Sekretion weiterer Schadstoffe statt.

Sekretion

Das Epithel (die umgrenzenden Zellen) des vorderen Tubulus produzieren zum Beispiel Ammoniak NH3 und geben diese giftige Verbindung in den Harn ab. Dadurch werden nicht nur Stoffwechselendprodukte des Proteinstoffwechsels beseitigt, sondern auch noch der pH-Wert der Körperflüssigkeiten aufrecht erhalten (Pufferfunktion)[5]. Auch werden Giftstoffe, die von der Leber erzeugt wurden, in das Ultrafiltrat abgegeben.

Reabsorption

Wasser und wertvolle Nährstoffe wie Glucose und Aminosäuren nehmen den umgekehrten Weg. Durch teils aktive Transportvorgänge (ATP-Verbrauch) werden sie aus dem Primärharn zurückgewonnen und dem Körper wieder zugeführt. Auch wichtige Ionen wie Na+, Cl- und K+ werden hier reabsorbiert.

Natrium-Ionen werden aktiv, also unter ATP-Verbrauch, aus dem Primärharn heraus transportiert. Die negativ geladenen Chlorid-Ionen folgen dann passiv. Glucose wird ebenfalls aktiv, also unter ATP-Verbrauch nach außen transportiert. Durch diesen Ionen- und Glucosetransport steigt der osmotische Wert der umgebenden interstitiellen Flüssigkeit stark an. Dies hat zur Folge, dass Wasser passiv nach außen strömt (Osmose). Aus der interstitiellen Flüssigkeit diffundieren Wasser, Salz, Glucose und andere Stoffe dann in die Blutkapillaren, welche das Nephron eng umschlingen.

Außerdem findet durch die Epithelzellen hindurch eine Reabsorption des wichtigen Hydrogencarbonat-Ions HCO3- statt. Hydrogencarbonat bildet zusammen mit Carbonat ein Puffersystem, welches den pH-Wert der Körperflüssigkeiten aufrecht erhält.

Henle-Schleife: Reabsorption nach dem Haarnadel-Gegenstromprinzip

Absteigender Ast

Im absteigenden Ast der Henle-Schleife sind die Zellen, welche die Tubulus-Wand bilden, nur für Wasser durchlässig. Glucose, Harnstoff, Salzionen oder andere Teilchen können die Wand nicht passieren, auch ein aktiver Transport dieser Stoffe findet hier nicht statt.

In der umgebenden Flüssigkeit herrscht ein hoher osmotischer Wert, die interstitiellen Flüssigkeit ist hyperosmotisch im Vergleich zum Ultrafiltrat. In dieser hyperosmotischen Umgebung ist die Wasserkonzentration kleiner als im Ultrafiltrat, daher diffundieren Wasser-Moleküle passiv nach außen in die interstitiellen Flüssigkeit und von dort in die Blutkapillaren.

Eine Folge dieses ständigen Wasser-Entzugs ist natürlich die Anreicherung von Salz-Ionen im Ultrafiltrat. Dessen osmotischer Wert nimmt also im Verlauf des absteigenden Astes der Henle-Schleife ständig zu. Das kann man auch gut in der folgenden Abbildung erkennen:

asdf

Veranschaulichung des Haarnadel-Gegenstromprinzips in der Henle-Schleife. Rot = aktiver Transport, schwarz = passiver Transport. Zahlenwerte nach [5].

Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz. Autor: Ulrich Helmich

In dem Schema kann man gut erkennen, wie sich der osmotische Wert des Ultrafiltrats im absteigenden Ast der Henle-Schleife immer genau dem osmotischen Wert der umgebenden Flüssigkeit (rote Zahlen) anpasst. Dieser Konzentrationsausgleich erfolgt durch die passive Diffusion von Wasser.

Aufsteigender Ast

Hier werden nämlich Natrium-Ionen aktiv herausgepumpt und Chlorid-Ionen strömen passiv nach. Für Wasser-Moleküle ist der aufsteigende Ast der Henle-Schleife nicht durchgängig. Die Natrium-Ionen können nicht passiv in die interstitielle Flüssigkeit diffundieren, weil dort die Konzentration höher ist als im Ultrafiltrat.

Haarnadel-Gegenstromprinzip

Das hier vorgestellte Prinzip wird auch als Haarnadel-Gegenstromprinzip bezeichnet. "Haarnadel" deswegen, weil die Henle-Schleife wie eine Haarnadel aussieht. "Gegenstromprinzip", weil der Primärharn in dem absteigenden Ast der Henle-Schleife nach unten strömt, im aufsteigenden Ast dagegen nach oben. Die beiden Ströme sind also einander entgegengesetzt - Gegenstromprinzip.

Aus dem Chemie-Unterricht kennen Sie das Gegenstromprinzip vom Liebig-Kühler her. Der heiße Dampf strömt durch das Innenrohr des Kühlers von oben nach unten, und das Kühlwasser steigt im Außenrohr von unten nach oben. Im oberen Teil des Kühlers trifft also das bereits warme Kühlwasser auf den noch sehr heißen Dampf, während im unteren Teil des Kühlers der bereits abgekühlte Dampf auf das noch sehr kalte Kühlwasser trifft. Auf diese Weise wird die Temperaturdifferenz zwischen Dampf und Kühlwasser möglichst konstant gehalten, was die Effizienz des Kühlers erhöht.

Ähnlich muss man sich das mit dem Gegenstromprinzip der Henle-Schleife vorstellen.

Das obige Bild zeigt die Osmolarität der Tubulusflüssigkeit in der Henle-Schleife. Im absteigenden Ast steigt der osmotische Wert durch den Austritt von Wasser kontinuierlich an, auf sehr hohe Werte. Im aufsteigenden Ast sinkt der osmotische Wert durch die Abgabe von Natrium- und Chlorid-Ionen wieder auf  "normale" Werte. Der Osmolaritäts-Unterschied bleibt immer auf dem gleichen Wert von 200 mOsm/kg.

Sammelrohr

In dem etwas dickeren Sammelrohr münden mehrere Nephrone. Das Sammelrohr ist aber kein einfaches Rohr, in dem der Endharn gesammelt und zum Nierenbecken geleitet wird, sondern hat auch noch ein paar spezielle Aufgaben. So kann die Permeabilität des Sammelrohrs (also die Durchlässigkeit) für Natrium-Ionen und Wasser-Moleküle durch das Hormon ADH reguliert werden. Hat beispielsweise die Osmolarität des Blutes einen zu hohen Wert, wird die Permeabilität des Sammelrohrs durch den Einbau von Wasserporen erhöht, so dass verstärkt Wasser-Moleküle austreten können. Diese werden dann von den kleinen Blutgefäßen aufgenommen, und so sinkt die Osmolarität des Blutes (das Blut wird quasi verdünnt)[7]. Siehe dazu auch die nächste Seite - hormonelle Regulation der Nierentätigkeit.

Quellen:

  1. DVD "Niere II", Gida-Verlag.
  2. Schlieper, Grundfragen der Ernährung, 22. Auflage 2017.
  3. Wikipedia, Artikel "Nephron" und "Niere"
  4. Artikel Gegenstrommechanismus auf physiologie.cc
  5. Campbell, Reece, "Biologie", 6. Auflage, München 2006
  6. Seite "Die Niere - Hauptorgan des Harnsystems" auf lecturio.de
  7. Ein altes Arbeitsblatt des Schroedel-Verlages, Quelle und Datum unbekannt.

Seitenanfang -
Weiter mit der hormonellen Regulation der Nierentätigkeit durch ADH