Helmichs Chemie-Lexikon

Chemische Bindungen, schwache

Schwache chemische Bindungen sind nicht die Bindungen innerhalb eines Moleküls, Metalls oder Salzkristalls, welche die Atome bzw. Ionen zusammenhalten, sondern schwache chemische Bindungen sind die Bindungen zwischen den Molekülen eines Stoffes.

Intramolekulare Bindungen = Bindungen innerhalb eines Moleküls, Metalls oder Salzkristalls. Man unterscheidet hier kovalente Bindungen (= Elektronenpaarbindungen), Metallbindungen und Ionenbindungen sowie Zwischenformen. Diese drei Bindungsarten werden auch als starke chemische Bindungen (siehe dort) bezeichnet.

Intermolekulare Bindungen = Bindungen, die Moleküle untereinander zusammenhalten. Man unterscheidet hier van-der-Waals-Bindungen, Dipol-Dipol-Wechselwirkungen und Wasserstoffbrücken-Bindungen. Diese drei Bindungsarten werden auch als schwache chemische Bindungen bezeichnet.

Hier sieht man die drei Typen schwacher chemischer Bindungen im Überblick, geordnet nach der relativen Stärke der Bindung.

Die Stärke von schwachen chemischen Bindungen

Bei einer kovalenten Bindung kann man die Stärke durch die Bindungsdissoziationsenthalpie angeben. Hier sind Werte von mehreren Hundert Kilojoule pro Mol üblich. Beispielsweise benötigt man zur Trennung einer normalen C-C-Einfachbindung 356 kJ/mol. Laut Botanik online (ja, diese alte Seite gibt es noch) benötigt man zum Trennen einer schwachen chemischen Bindung nur zwischen 4 und 30 kJ/mol. Das ist ein Wert, der bei Zimmertemperatur schon von der thermischen Bewegung der Moleküle geliefert wird. Mit anderen Worten: Schwache chemische Bindungen sind bei Raumtemperatur nicht dauerhaft, sondern lösen sich ständig wieder auf, um sich dann wieder neu zu bilden, um sich dann wieder aufzulösen, und so weiter. Vor allem gilt das natürlich für die sehr schwachen van-der-Waals-Kräfte.

Genauere Angaben der Bindungsenergien

Van-der-Waals-Kräfte

Laut Wikipedia liegen die Bindungsenergien der Van-der-Waals-Kräfte zwischen 0,5 bis 5 kJ/mol. Diese Angabe bezieht sich aber eher auf kleine Moleküle. Richtig große Moleküle mit einer hohen Kontaktfläche können durchaus Anziehungskräfte von mehreren 100 kJ/mol besitzen, sagt zumindest das hervorragende "Leitprogramm Zwischenmolekulare Kräfte" der ETH Zürich. Das ist auch der Grund, warum manche organischen Verbindungen keinen Schmelzpunkt haben, sondern sich vor Erreichen des Schmelzpunktes (den sie nicht haben) zersetzen. Hier sind die zwischenmolekularen Bindungen stärker als die kovalenten Bindungen innerhalb des Moleküls. Wird die Zersetzungstemperatur erreicht, brechen die kovalenten Bindungen auseinander, bevor die van-der-Waals-Kräfte überwunden werden können, und die Moleküle des Stoffes zersetzen sich, bevor sie schmelzen können.

Dipol-Dipol-Bindungen

Hierzu habe ich weder in der Literatur noch im Internet zuverlässige Angaben gefunden. An sich müssten Dipol-Dipol-Bindungen aber stärker als van-der-Waals-Kräfte und schwächer als H-Brücken sein.

H-Brücken

Laut "Leitprogramm Zwischenmolekulare Kräfte" der ETH Zürich kann die Bindungskraft einer H-Brücke zwischen 1 kJ/mol und 100 kJ/mol betragen. Dieser Wert gilt für die einzelne H-Brücke. Sind zwei Moleküle also über zwei H-Brücken miteinander verbunden, so ist der Wert zu verdoppeln. Große organische Moleküle wie Cellulose sind über viele Hundert H-Brücken miteinander verbunden, daher erreichen die zwischenmolekularen Anziehungskräfte hier Werte, die ein Vielfaches über den Werten kovalenter Bindungen innerhalb der Moleküle liegen. Die Folge: Diese Verbindungen zersetzen sich, bevor sie den Schmelzpunkt erreicht haben - bzw. es gibt dann gar keinen Schmelzpunkt, sondern nur eine Zersetzungstemperatur.