4.1 Rekapitulation Schulwissen
Wenn in der Schule Heterocyclen behandelt werden, dann wahrscheinlich nur die aromatischen, zum Beispiel im Zusammenhang mit den DNA-Basen. Auf die Aromatizität von aromatischen Heterocyclen wird eventuell im Chemie-LK eingegangen, wenn Aufgaben zur Hückel-Regel gestellt werden und die Schüler(innen) entscheiden müssen, welche der gezeigten Verbindungen aromatisch ist und welche nicht.
4.2 Studienvorbereitung
4.2.1 Aromatizität von 5- und 6-gliedrigen Ringen mit N-Atomen
Pyridin und Pyrrol
Betrachten wir zwei der bekanntesten Vertreter der heterocyclischen Aromaten, Pyridin als Vertreter der sechsgliedrigen Aromaten und Pyrrol als Vertreter der fünfgliedrigen.
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Pyridin und Pyrrol nach dem Orbitalmodell
Autor: Ulrich Helmich 12/2023, Lizenz: siehe Seitenende
Beim Pyridin wird der aromatische Zustand dadurch erreicht, dass das Hetero-Atom
Beim Pyrrol ist das Fremd-Atom N ebenfalls sp2-hybridisiert, hier aber befinden sich zwei Elektronen in dem pz-Orbital. Daher beträgt die Zahl der π-Elektronen im Ring ebenfalls sechs und erfüllt die (4n+2)-Regel.
Das N-Atom des Pyridins besitzt noch ein freies Elektronenpaar in einem sp3-Hybridorbital. Damit wird das Pyridin zu einer Lewis-Base und kann als Nucleophil in organischen Reaktionen fungieren.
Das N-Atom des Pyrrols besitzt ein einfach besetztes "freies" sp3-Hybridorbital, mit dem es ein H-Atom binden kann.
Weitere Heteroaromaten
Wenn man im Benzol - rein formal - ein C-Atom durch ein sp2-hybridisiertes N-Atom ersetzen kann, um Pyridin zu erhalten, dann kann man auch zwei C-Atome durch solche N-Atome ersetzen. So erhält man weitere heterocyclische Aromaten, nämlich Pyridazin (zwei benachbarte N-Atome), Pyrimidin (zwei N-Atome in 1,3-Stellung) und Pyrazin (zwei N-Atome in 1,4-Stellung).
Jeder dieser Heteroaromaten hat natürlich zahlreiche Derivate, so können die C-Atome in den Ringen mit Methyl-, Ethyl- oder anderen Substituenten verbunden sein.
4.2.2 Aromatizität von 5- und 6-gliedrigen Ringen mit O- oder S-Atomen
Sauerstoff- und Schwefel-Atome verfügen über zwei freie Elektronenpaare. Bei einem fünfgliedrigen Ring haben wir vier C-Atome mit je einem π-Elektron, und das O- oder S-Hetero-Atom steuert eines dieser freien Elektronenpaare bei, so dass wir auf insgesamt sechs π-Elektronen kommen. Das andere freie Elektronenpaar gehört dann nicht zum aromatischen π-System, sondern ist "nach außen" gerichtet und verleiht dem Aromaten den Charakter einer Lewis-Base bzw. eines Nucleophils.
Bei sechsgliedrigen Ringen wird die Sache schon komplizierter. Die fünf C-Atome steuern fünf pi-Elektronen zum aromatischen System bei. Ein O-Atom hat zwei freie Elektronenpaare. Eines kann nach außen gerichtet sein, das andere befindet sich aber in einem pz-Orbital. Zusammen mit den fünf π-Elektronen der C-Atome macht das aber insgesamt sieben π-Elektronen. Dies erfüllt jedoch nicht die (4n+2)-Regel, eine solche Verbindung wäre nicht aromatisch.
Es sei denn, eines der C-Atome gibt sein H-Atom als Hydrid-Ion H- ab, so dass ein leeres pz-Orbital entsteht. Dann hätten wir ein recht instabiles aromatisches Carbenium-Ion.
Die meisten aromatischen Heterocyclen mit O- oder S-Atomen als Fremd-Atomen sind daher fünfgliedrig, weil hier die Integration eines O-Atoms mit einem doppelt besetzten pz-Orbital keine Probleme bereitet.
Quellen:
- VollhardT, Schore: Organische Chemie. 6. Auflage, Weinheim 2020.
- Morrison, Boyd, Bhattacharjee: Organic Chemistry. 7. Auflage, Dorling Kindersley 2011.
- J. Clayden, N. Greeves, S. Warren: Organische Chemie. Berlin 2013.
- Buddrus, Schmidt, Grundlagen der Organischen Chemie, 5. Auflage, De Gruyter-Verlag 2014.
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