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Bilateria: Neuerscheinungen

Allgemeines - Neuerscheinungen - Keinmblätter - System - Protostomia - Deuterostomia

Bei der Evolution der Bilateria sind nach [1] folgende Neuerscheinungen aufgetreten:

  1. After
  2. Coelom
  3. Blutgefäße
  4. Gehirn
  5. Exkretionsorgane
After

Einfache Metazoen wie Schwämme oder Nesseltiere besitzen nur eine Mundöffnung, die gleichzeitig auch zur Ausscheidung der Verdauungsreste dient. Bilateria dagegen haben einen Mund zur Aufnahme der Nahrung und einen After zum Ausscheiden der Verdauungsreste.

Für die Entstehung dieses Mund-After-Systems mit durchgehendem Verdauungskanal gibt es nun im Prinzip vier Möglichkeiten:

  1. Der Urmund bleibt Mundöffnung, und der After bildet sich dann neu.
  2. Der Urmund wird zum After, und der Mund bildet sich dann neu.
  3. Der Urmund teilt sich in Mund und After.
  4. Der Urmund verschließt sich, und sowohl Mund wie auch After entstehen neu.

Die Fälle 3 und 4 sind gar nicht so unwahrscheinlich, denn bei vielen Bilateria "entstehen Mund und After ganz nahe beieinander auf einem Urmundfeld, erst später entfernen sich Mund und After voneinander" [1].

Die klassische Einteilung der Bilateria in Protostomia und Deuteristomia beruht auf diesen Prozessen. Bei den Protostomia wird aus dem Urmund der spätere Mund, während der Anus neu entsteht, und bei den Deuterostomia wird aus dem Urmund der spätere After, hier entsteht dann der spätere Mund neu.

Coelom

Typisch für Bilateria ist die sekundäre Leibeshöhle, die als Coelom bezeichnet wird. Bilateria sind tripoblastisch, haben also drei Keimblätter: Ektoderm, Entoderm und Mesoderm. Das Mesoderm ist für die Bildung des Coeloms verantwortlich. Eine sekundäre Leibeshöhle kann sich bei den Bilateria auf mehrere Weisen bilden.

Bei der sogenannten Schizocoelie wandern zunächst ektodermale Zellen in die primäre Leibeshöhle ein. Das ist der Zwischenraum zwischen der Epidermis (Ektoderm) und der Gastrodermis (Entoderm). Diese eingewanderten Zellen teilen sich und lagern sich dann zu einem Mesodermstreifen zusammen, einem lockeren Gewebe.

Die durch das Auseinanderweichen dieser Zellen entstandenen Hohlräume werden dann größer und bilden schließlich die sekundäre Leibeshöhle oder das Coelom. Die Schizocoelie findet man vor allem bei den Protostomia.

Bei der Enterocoelie schnüren sich vom Urdarm (Entoderm) zunächst kleine Bläschen ab, die sich dann als Mesoderm vom Entoderm abtrennen und zu sekundären Leibeshöhlen heranwachsen. Die Enterocoelie findet man hauptsächlich bei den Deuterostomia.

Keimblätter

Auf dieser Seite wird die Coelom-Bildung aus dem Mesoderm näher beleuchtet.

Blutgefäße

Blutgefäße kommen nur bei Bilateria vor, sie sind ein typisches Merkmal derselben. Bei einfachen Vertretern der Bilateria wie den Plathelminthes (Plattwürmern) findet man jedoch keine Blutgefäße. Deren Aufgaben (Stofftransport, Sauerstofftransport etc.) werden von Coelom-Gefäßen übernommen.

Beschreibung siehe folgenden Text

Bildung von Blutgefäßen
Autor: Ulrich Helmich 08/2023 nach Abb. 266 aus [4], Lizenz: siehe Seitenende

Auf diesem Bild nach der Abb. 266 aus dem Buch von Westerheide und Rieger [4] sieht man sehr schön, wie ein Blutgefäß in dem Coelom entsteht. Das Innere des Blutgefäßes gehört eigentlich noch zur primären Leibeshöhle, die Wände des Blutgefäßes aber sind Bildungen des Coelothels.

Der Darmblutsinus ist der Raum zwischen Darmepithel und Coelothel.

Mehr über die Blutgefäße und Kreislaufsysteme der Bilateria erfahren Sie auf den Seiten zu den einzelnen Stämmen.

Gehirn

Die Coelenterata (Cnidaria + Ctenophora) haben zwar bereits ein Nervennetz, das oft schon recht komplex aufgebaut ist, aber eine richtige Konzentration von Nervenzellen, so dass man von einem Knotenpunkt oder gar Gehirn sprechen könnte, liegt hier noch nicht vor. Gehirne treten nur bei den Bilateria auf.

Mehr über die Gehirne und Zentralnervensysteme der Bilateria erfahren Sie auf den Seiten zu den einzelnen Stämmen.

Exkretionsorgane

Schwämme, Nesseltiere und Rippenquallen benötigen noch keine besonderen Exkretionsorgane. Verdauungsreste und Stoffwechselabfälle werden einfach über die Mundöffnung mit dem Wasser ausgeschieden.

Bei den Bilateria haben sich dagegen eigens für die Ausscheidung wasserlöslicher Abfallprodukte besondere Ausscheidungsorgane entwickelt, die im Prinzip mit den Nieren der Wirbeltiere vergleichbar sind, oft aber viel einfacher gebaut sind.

Mehr über die Exkretionsorgane der Bilateria erfahren Sie auf den Seiten zu den einzelnen Stämmen.

Quellen:

  1. Storch, Welsch, Kurzes Lehrbuch der Zoologie, 8. Auflage, München 2005.
  2. Kaestner, Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Band I: Wirbellose Tiere, 1. Teil. Stuttgart 1980.
  3. Burda, Hilken, Zrzavy, Systematische Zoologie, 2. Auflage, Stuttgart 2016.
  4. Westheide, Rieger, Spezielle Zoologie, Teil 1: Einzeller und Wirbellose Tiere, 3. Auflage Berlin Heidelberg 2013.