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Aminoaciderge Neurone

Allgemeines

Einige Aminosäuren sind nicht nur Protein-Bausteine, sondern werden auch als Neurotransmitter im Nervensystem eingesetzt. Im Gehirn und im Rückenmark sind Aminosäuren mit ca. 75-90% sogar die wichtigsten Neurotransmitter [1]. Die wichtigsten Aminosäure-Neurotransmitter sind Glycin, die einfachste Aminosäure, Glutamat (das Anion der Glutaminsäure) und die gamma-Aminobuttersäure (GABA).

Glutamat wirkt meistens erregend, Glycin und GABA meistens hemmend.

Synthese

Glutaminsäure bzw. Glutamat und Glycin sind "normale" Aminosäuren, die in jeder Zelle zur Proteinbiosynthese verwendet werden. Allerdings ist die Konzentration dieser beiden Aminosäuren in den synaptischen Endknöpfchen der aminoacidergen Neurone besonders hoch. Nach der Ausschüttung in den synaptischen Spalt werden diese Aminosäuren durch Na+-abhängige Transporter (Cotransport) wieder aufgenommen und dann erneut in synaptische Vesikel verfrachtet.

Synthese von GABA aus Glutaminsäure
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: siehe Seitenende

Die γ-Aminobuttersäure ist ebenfalls ein wichtiger Neurotransmitter. Sie wird aus Glutaminsäure durch das Enzym Glutamat-Decarboxylase in den synaptischen Endknöpfchen synthetisiert.

Interessant dabei ist Folgendes: Glutamat ist der wichtigste erregende Neurotransmitter im Gehirn, während GABA der wichtigste hemmende Neurotransmitter ist. Der Unterschied besteht nur in der COOH-Gruppe, die durch die Glutamat-Decarboxylase entfernt wird.

Rezeptoren

GABA-Rezeptoren

Es gibt mehrere Typen von GABA-Rezeptoren, die wohl bekanntesten sind der GABAA-Rezeptor und der GABAB-Rezeptor.

Der GABAA-Rezeptor ist hauptsächlich im Gehirn und Rückenmark verbreitet. Ähnlich wie beim nikotinischen Acetylcholin-Rezeptor handelt es sich um einen Ionenkanal, der durch den Liganden GABA geöffnet wird. Allerdings ist der GABA-Rezeptor kein Na+/K+-Kanal, sondern ein Cl--Kanal. Die einströmenden Chlorid-Ionen (und Hydrogencarbonat-Ionen) vermindern also das Membranpotenzial (Hyperpolarisierung). Daher gehören GABA-Synapsen zu den hemmenden Synapsen.

Der GABAB-Rezeptor ist kein chemisch gesteuerter Ionenkanal, sondern aktiviert ein G-Protein, welches dann seinerseits Kalium-Kanäle öffnet, so dass Kalium-Ionen ausströmen und ein IPSP von -100 mV verursachen können, was wesentlich stärker ist als das durch einen GABAA-Rezeptor verursachte IPSP[2]. Außerdem bewirkt ein aktiver GABAB-Rezeptor, dass sich chemisch gesteuerte Calcium-Kanäle schließen, so dass keine Calcium-Ionen mehr in die Zelle einströmen und so das IPSP abschwächen können.

GABA-Rezeptor

Auf dieser Lexikonseite finden Sie weitere Einzelheiten zum GABA-Rezeptor.

Glutamat-Rezeptoren

Die Rezeptoren für die Aminosäure Glutamat lassen sich in zwei Klassen einteilen: die ionotropen und die metabotropen Glutamatrezeptoren.

Ionotrope Rezeptoren sind integrale Membranproteine, die einen Neurotransmitter binden können und gleichzeitig einen Ionenkanal besitzen. Das Musterbeispiel für einen ionotropen Rezeptor ist der nikotinische Acetylcholin-Rezeptor der motorischen Endplatte ("Schulbuch-Synpase").

Die ionotropen Glutamat-Rezeptoren werden dann noch einmal unterteilt in

  • AMPA-Rezeptoren
  • NMDA-Rezeptoren
  • Kainat-Rezeptoren

Die AMPA-Rezeptoren und die Kainat-Rezeptoren sind Na+/K+-Kanäle, die eventuell auch Ca2+-Ionen durchlassen.

NMDA-Rezeptoren besitzen ebenfalls einen Na+/K+-Kanal, sind aber nicht nur ligandenabhängig, sondern auch spannungsabhängig. Im Ruhezustand bei -70 mV sind die NMDA-Rezeptoren zunächst durch ein Mg2+-Ion blockiert. Erst bei einer Depolarisation der postsynaptischen Membran löst sich das Magnesium-Ion, und Na+/K+-Ionen können den Kanal passieren.

Langzeitpotenzierung

Bei einfachen Lern- und Gedächtnisvorgängen spielt die Langzeitpotenzierung eine wichtige Rolle. An dieser Langzeitpotenzierung sind AMPA- und NMDA-Rezeptoren beteiligt. Auf dieser Seite erfahren Sie mehr zum Thema Langzeitpotenzierung.

Metabotrope Rezeptoren sind nicht direkt mit einem Ionenkanal verbunden, sondern arbeiten über ein G-Protein. Es gibt insgesamt acht verschiedene metabotrope Glutamat-Rezeptoren, die aber in drei Gruppen eingeteilt werden können.

  • Die Gruppe I - Rezeptoren aktivieren die Phospholipase C, die dann aus dem Membranlipid PIP2 die second messenger IP3 und DAG freisetzt. IP3 bindet dann an Rezeptoren des glatten endoplasmatischen Reticulums und öffnet Calcium-Kanäle, so dass sich die Ca2+-Konzentration im Cytoplasma stark erhöht. DAG andererseits aktiviert die Proteinkinase C, die dann selbst weitere Proteine phosphoryliert und dadurch aktiviert.
  • Die Gruppe II - Rezeptoren und auch die Gruppe III -Rezeptoren hemmen die Adenylatcyclase, wodurch die Aktivität der Zelle gebremst wird. Der second messenger cAMP wird ja durch die Adenylatcyclase hergestellt und ist für zahlreiche Prozesse in der Zelle verantwortlich.
muscarinischer Acetylcholin-Rezeptor

Einzelheiten zur Arbeitsweise solcher metabotropen Rezeptoren finden Sie auf dieser Seite in der Neurobiologie-Abteilung.

Quellen:

  1. Spektrum-Lexikon der Neurowissenschaften, Artikel "Aminosäure-Neurotransmitter"
  2. Engl. Wikipedia, Artikel "GABA receptor"
  3. Wikipedia, Artikel "Glutamatrezeptor"
  4. Bear, Connors, Paradiso: Neurowissenschaften, Springer-Verlag 2018