Helmichs Biologie-Lexikon

Dendriten

Der Begriff "Dendrit" ist eine Bezeichnung für die baumartig verzweigten dünnen Zellfortsätze des Somas einer Nervenzelle. Das Wort "Dendrit" leitet sich vom griechischen dendrites = baumartig her.

Die Dendriten sind die Informationsempfänger bzw. "Antennen" einer Nervenzelle. Sie sind meistens mit den synaptischen Endknöpfchen anderer Nervenzelle verbunden. Dendriten können aber auch mit Dendriten anderer Nervenzelle verknüpft sein (dendro-dendritisch), oder sogar mit dem Axon einer anderen Nervenzelle (dendro-axonischer Kontakt) [1].

Einige spezielle Nervenzellen besitzen keine Dendriten, so beispielsweise die Stäbchen und Zapfen der Netzhaut. Andere Nervenzellen, vor allem die sogenannten Pyramidenzellen, besitzen auf beiden Enden des Somas Dendriten und dafür kein Axon.

siehe folgenden Text

Vier verschiedene Typen von Nervenzellen
Quelle: Wikipedia, Artikel "Dendriten". Autor: Jonathan Haas.
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Das obere Bild aus der Wikipedia [3] zeigt vier verschiedene Typen von Nervenzellen. Die Nummer 3 würde ich einmal als "Schulbuch-Nervenzelle" bezeichnen [4], weil sie der häufigste Vertreter der Neurone schlechthin ist. Aber fangen wir einmal bei der Nummer 1 an.

  1. Unipolare Nervenzelle. Dieser Nervenzellentyp hat keine Dendriten, sondern nur ein verzweigtes Axon.
  2. Bipolare Nervenzelle. Auf der einen Seite des Somas befinden sich die Dendriten, auf der anderen Seite ein stark verästeltes Axon. Auf den ersten Blick kann man hier die beiden baumartigen Verzweigungen nicht unterscheiden.
  3. Multipolare Nervenzelle. Diese sehr häufig vorkommenden Nervenzelle besitzen stark verzweigte Dendriten und ein Axon, das erst am Ende verzweigt ist.
  4. Pseudounipolare Nervenzelle. Im Prinzip ähnlich wie die bipolaren Nervenzelle, man kann nur sehr schlecht zwischen Dendriten und stark verzweigtem Axon unterscheiden. Das Soma liegt jetzt aber nicht zwischen diesen beiden Bereichen, sondern außerhalb.

Das Gehirn des Menschen besteht aus ca. 100 Milliarden Neuronen, alle Dendriten dieser Zellen zusammen haben eine Gesamtlänge von vielen hundert Kilometern [2]. Würden all diese Dendriten unkontrolliert wachsen, wäre reines Chaos die Folge. Daher wird das Dendritenwachstum durch zahlreiche Signalprozesse gesteuert, auf die hier aber nicht weiter eingegangen wird.

Dornfortsätze

Bei den Wirbeltieren besitzen viele Dendriten dornartige Fortsätze, die dann mit den synaptischen Endknöpfchen anderer Nervenzellen Synapsen bilden können [5].

siehe folgenden Text

Dorntragender Dendrit aus einer Pyramidenzelle des Großhirns
Nach einer Zeichnung aus dem Lexikon der Neurowissenschaften

1970 verglichen Forscher die Dendriten geistig beeinträchtigter Kinder und normal entwickelter Kinde und fanden gravierende Unterschiede. Die Dendriten der geistig behinderten Kinder enthielten viel weniger Dornfortsätze als die Dendriten normal entwickelter Kinder. Die wenigen Dornfortsätze waren außerdem wesentlich länger bei den geistig behinderten Kindern, sie gleichen eher den Dornfortsätzen von ungeborenen Kindern. Das zeigte dann, dass sich die Dendriten und auch die Dornfortsätze in den ersten Jahren der Kindheit stark entwickeln, und wenn diese Entwicklung aus irgendwelchen Gründen beeinträchtigt wird, hat das teils schwere Folgen für die geistige Gesundheit des heranwachsenden Menschen [6].

Quellen:

  1. Lexikon der Neurobiologie, Spektrum-Verlag 2020, Artikel "Dendriten"
  2. "Wie Nervenzellen wachsen", Max-Planck-Gesellschaft 2010
  3. Wikipedia, Artikel "Nervenzelle". Abgerufen 21.06.2020
  4. Fast jedes Biologiebuch für die gymnasiale Oberstufe
  5. Lexikon der Neurowissenschaften, Spektrum-Verlag 2020, Artikel "Dorn"
  6. Bear, Connors, Paradiso: Neurowissenschaften, Springer-Verlag 2018