Helmichs Biologie-Lexikon

ATP

ATP als Energieträger

Adenosintriphosphat ist der universelle Energieträger der Zelle, oft wird er in Schulbüchern mit einem wiederaufladbaren Akku verglichen. Ziel des gesamten Glucose-Abbaus in der Zelle ist die Bildung von möglichst viel ATP in den Mitochondrien. An sich ist auch Glucose ein energiereiches Molekül, aber der Abbau von Glucose zu Kohlendioxid und Wasser, der sehr viel Energie liefert, ist recht umständlich und dauert einige Zeit. Daher eignet sich Glucose nicht so gut als schneller Energielieferant. Aus diesem Grund wird die Glucose in einem aufwändigen Prozess (Glycolyse, Citratzyklus, Atmungskette) in ATP umgewandelt.

Die Oxidation von Glucose treibt die Bildung von ATP an, wie ein Zahnrad das andere

Die Oxidation von Glucose treibt die Bildung von ATP an, wie ein Zahnrad das andere
Autor: Ulrich Helmich 2016, Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0

Auf diesem Bild sieht man zwei Energiediagramme. Links ist dargestellt, wie die Glucose oxidiert wird. Bei dieser sehr exothermen Reaktion wird viel Reaktionsenthalpie ΔH freigesetzt.

Rechts ist die Bildung von ATP aus ADP und Phosphat Pi zu sehen. Diese Reaktion ist endotherm, es muss also Energie aufgewandt werden, um den hohen Aktivierungsberg zu überwinden.

Die hierfür notwendige Energie wird von der ersten Reaktion geliefert, also von der Oxidation der Glucose. Die Abbildung ist insofern vereinfacht, als die bei der Glucose-Oxidation freigesetzte Energie sehr viele (über 30) ATP-Moleküle bilden kann.

ATP kann im Gegensatz zur Glucose extrem schnell abgebaut werden. Außerdem wird bei der ATP-Spaltung nicht so viel Energie freigesetzt wie bei der Oxidation eines Glucose-Moleküls. Mit ATP kann die Zelle die benötigte Energie also viel feiner dosieren als es mit der direkten Verwertung von Glucose möglich wäre.

Struktur

Das ATP-Molekül und seine Spaltung durch Wasser zu ADP und Pi

Das ATP-Molekül und seine Spaltung durch Wasser zu ADP und Pi
Autor: Ulrich Helmich 2016, Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0

Das Adenosintriphosphat (ATP) setzt sich aus einem Adenin-Molekül, dem Zucker Ribose und drei Phosphatgruppen zusammen. Alle drei Komponenten sind auch am Bau der Nucleinsäuren (DNA, RNA) beteiligt. Hier hat die Natur offensichtlich eine "Mehrfachverwertung" von Bausteinen betrieben.

Energiefreisetzung

Im neutralen und alkalischen Milieu sind die drei Phosphatgruppen negativ geladen. Negative Ladungen stoßen sich gegenseitig ab, und daher sind die Bindungen zwischen den Phosphatresten leicht zu spalten. Energie wird bei dieser Spaltung allerdings nicht frei. Die Reaktionsenergie der ATP-Hydrolyse von ca. -32 kJ/mol wird erst dann freigesetzt, wenn das abgespaltene Phosphat eine Hydrathülle bildet. Insofern ist die Phrase von den "energiereichen Bindungen" zwischen den Phosphatgruppen falsch, wie sie in manchen Schulbüchern steht.

Energiediagramm der Hydrolyse von ATP und der anschließenden Hydratisierung des Phosphats

Energiediagramm der Hydrolyse von ATP und der anschließenden Hydratisierung des Phosphats. Energiebeträge grob geschätzt, kein Anspruch auf Exaktheit, es geht nur um das Prinzip.
Autor: Ulrich Helmich 2016, Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0

Bei der Spaltung dieser Bindungen wird keine Energie frei, sondern im Gegenteil, wie bei jeder Homo- oder Heterolyse muss Energie aufgewandt werden, um die Bindungsenergie zwischen den Gruppen zu überwinden. Allerdings sind die abgespaltenen Phosphatreste mehrfach negativ geladen, so dass sich in wässriger Lösung sofort eine Hydrathülle um die Phosphatreste bildet. Dabei entstehen Bindungen zwischen dem Phosphatrest und den Wasser-Molekülen der Hydrathülle. Die Bildung dieser neuen Bindungen ist ein exothermer Vorgang, und erst hierbei wird ein deutlicher Energiebetrag freigesetzt. Die Gesamtreaktion (Hydrolyse des ATP zu ADP und Pi und anschließende Bildung der Hydrathülle) ist dann exotherm und liefert ca. 32 kJ/mol ATP.

ATP-Hydrolyse

Die enzymatische Hydrolyse von ATP ist doch etwas komplexer als auf dieser Seite dargestellt. Wer mehr wissen will, geht auf die hier verlinkte Lexikonseite zur ATP-Hydrolyse, die sich vor allem an Studierende der Biologie und Chemie richtet.

Bildung von ATP

Für die Synthese von ATP ist ein Enzym der inneren Mitochondrienmembran verantwortlich, eine ATPase.

Angetrieben wird dieser ATPase durch ein Konzentrationsgefälle von Protonen, das sich quer über die innere Membran des Mitochondriums erstreckt. Wenn die Protonen entlang des Konzentrationsgefälles zurück in das Mitochondrium strömen (passive Diffusion), wird die in diesem Konzentrationsgefälle steckende Energie (das elektrochemische Potenzial) zur Synthese von ATP genutzt. Im Schnitt werden zwei bis drei Protonen benötigt, um ein ATP-Molekül herzustellen. Weitere Einzelheiten finden Sie im Abschnitt "Atmungskette" auf meinen Stoffwechselbiologie-Seiten.

Chemiosmotische Theorie

Wenn Teilchen, beispielsweise Natrium-Ionen Na+ oder Protonen H+, in Richtung ihres Konzentrationsgradienten durch eine Membran diffundieren, spricht man von einem passiven Transport.

Werden solche Teilchen dagegen "bergauf" transportiert, also gegen ihren Konzentrationsgradienten, muss dafür Energie aufgewandt werden. Meistens geschieht das mit Hilfe des universellen Energieträgers ATP.

Jetzt stellen wir uns die Frage, was passiert eigentlich, wenn ein solcher ATP-getriebener aktiver Transport von Teilchen rückwärts abläuft? Wie muss man sich das vorstellen?

Vorwärts-Ablauf:

Protonen werden gegen ihr Konzentrationsgefälle über einen Protonentransport-Protein durch die Membran gepumpt, dabei wird ATP in ADP und Phosphat gespalten.

Rückwärts-Ablauf:

Protonen fließen mit dem Konzentrationsgefälle über das Protonentransport-Protein zurück durch die Membran, dabei wird ATP aus ADP und Phosphat hergestellt. Dieses Protonentransport-Protein wird daher ATPase genannt, weil es ATP herstellt. Die dafür notwendige Energie ist in dem Konzentrationsgefälle der Protonen gespeichert.

Photosynthese

Die ATP-Herstellung in den Chloroplasten der grünen Pflanzen erfolgt nach genau diesem chemiosmotischen Prinzip. Durch die Zufuhr von Lichtenergie werden Wasser-Moleküle in Protonen, Elektronen und Sauerstoff gespalten, und die Protonen dienen dann u.a. zum Aufbau eines Protonengradienten, der dann wieder zur chemiosmotischen ATP-Herstellung genutzt wird.

Aerobe Dissimilation

Die Verbrennung von Glucose in den Zellen der Eukaryoten erfolgt in drei Schritten. In der Glycolyse werden die Glucose-Moleküle zunächst in kleinere Einheiten zerlegt. Diese werden in die Mitochondrien transportiert und im Citratzyklus zu CO2 und Wasserstoff abgebaut. Der Wasserstoff wird an bestimmte Coenzyme gebunden, die dann dafür sorgen, dass quer über die innere Mitochondrien-Membran ein Protonengradient entsteht. Wenn die Protonen dann passiv zurück fließen, kann ATP hergestellt werden.