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Cyanobakterien bilden Stromatolithe

Cyanobakterien

Die Cyanobakterien, oft auch als "Blaualgen" bezeichnet, gehören zu den photosynthetisch aktiven Organismen dieser Erde und werden daher in den meisten Botanik-Lehrbüchern behandelt, obwohl es sich ja nicht um Pflanzen handelt, sondern um Prokaryoten.

Verschiedene Cyanobakterien
Malihe Mehdizadeh Allaf and Hassan Peerhossaini, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Dieses Bild aus der Wikipedia zeigt sechs verschiedene Gattungen von Cyanobakterien. Cyanobakterien sind relativ große Prokaryoten, sie können bis zu 10 µm groß werden. Geißeln oder Wimpern besitzen sie nicht, sie leben meistens in Kolonien und nicht als Einzelzellen, und ihre Zellwand besteht aus einer dicken Mureinschicht, auf die noch Lipopolysaccharide aufgelagert sind, die eine voluminöse Gallerte bilden [1].

Cyanobakterien bilden eine Abteilung der echte Bakterien, gehören also nicht zu den Archaeen und schon gar nicht zu den Algen. Sie betreiben - wie viele andere Bakterien auch - Photosynthese. Dazu verwenden sie - wie auch andere Bakterien - das Pigment Chlorophyll.

Photosynthese bei Bakterien

Die Photosynthese ist bei vielen Bakterienarten verbreitet, nicht nur bei Cyanobakterien. Näheres dazu finden Sie auf dieser Vertiefungsseite.

Photosynthese der Cyanobakterien

Die Cyanobakterien sind nicht die ältesten photosynthetisch aktiven Bakterien, sondern im Gegenteil die fortschrittlichsten. Warum das so ist, wird im folgenden Text näher erläutert.

Cynobakterien nutzen Wasser als Wasserstoffquelle

Die Cyanobakterien verwenden in ihrer Lichtreaktion Wasser H2O als Protonen- und Elektronenspender für die Elektronentransportkette. Als "Abfallprodukt" produzieren sie daher Sauerstoff O2.

Stammesgeschichtlich ältere photosynthetisch aktive Bakterien verwenden andere Protonen- und Elektronendonatoren, beispielsweise Schwefelwasserstoff H2O (Schwefelbakterien) und produzieren daher andere Abfallprodukte (Einzelheiten hierzu siehe Vertiefungsseite "Photosynthese bei Bakterien"). Nur die Cyanobakterien setzen O2 frei!.

Und noch etwas zeichnet die Cyanobakterien gegenüber anderen photosynthetisch aktiven Prokaryoten aus.

Cyanobakterien besitzen zwei Photosysteme

Die meisten Prokaryoten, die Photosynthese betreiben, besitzen nur ein Photosystem, entweder das Photosystem I oder das Photosystem II. Sie sind daher nicht in der Lage, Elektronen vom H2O-Molekül auf das NAD+ oder NADP+-Molekül zu übertragen. Der Redoxpotenzial-Unterschied zwischen H2O und NAD+ bzw. NADP+ ist einfach zu groß. Mit anderen Elektronenspender ist diese Differenz nicht so groß und daher leichter mit nur einem Photosystem zu bewältigen.

Cyanobakterien dagegen besitzen beide Photosysteme - genau wie die grünen Pflanzen in ihren Chloroplasten (übrigens eine weitere Bestätigung der Endosymbionten-Theorie). Das Photosystem II übernimmt die Elektronen vom Wasser und reicht sie an das Photosystem I weiter, das die Elektronen dann auf den Endakzeptor NADP+ überträgt.

Entstehung der Cyanobakterien

Nachdem sich vor ca. 4,2 bis 4,0 Milliarden Jahren die ersten Prokaryoten gebildet und in Archaeen und Bakterien aufgespalten haben, sind die Cyanobakterien vor 3,7 bis 3,5 Milliarden Jahren entstanden, vermutlich durch die Fusion von zwei verschiedenen photosynthetisch aktiven Bakterienzellen. Die eine Bakterienart besaß dabei das Photosystem I, die andere Art das Photosystem II.

Die fusionierte Zelle hatte dann beide Photosysteme, die wahrscheinlich zunächst unabhängig voneinander gearbeitet haben und den neuen Zellen nur geringe Vorteile brachten. Irgendwann aber vor ca. 3,2 bis 2,9 Milliarden Jahren [3, 4] kam es durch eine zufällige Mutation dazu, dass das Photosystem II die angeregten Elektronen auf das Photosystem I übertrug, so wie in den Chloroplasten der heutigen grünen Pflanzen. Durch diese Zusammenarbeit der beiden Photosysteme besaßen die Cyanobakterien einen enormen Selektionsvorteil gegenüber den nicht-fusionierten Zellen (oder gegenüber fusionierten Zellen mit zwei nicht zusammen arbeitenden Photosystemen), sie konnten so nämlich das im Überfluss vorhandene Wasser als Elektronen- und Protonenquelle nutzen.

"The most parsimonious hypothesis is that the cyanobacteria evolved from some kind of genetically chimeric prokaryote resulting from the fusion of two kinds of bacteria. Evidence indicates that photosystem I may optimize the efficiency of photosystem II under aerobic conditions. If so, then the fusion of two kinds of bacteria, each containing only one of the two photosystems, may have been particularly adaptive in a photosynthetic world with an atmosphere initially lacking much oxygen." [2].

Für die Evolution auf der Erde hatten die Cyanobakterien eine ungeheuer wichtige Bedeutung. Unsere heutige sauerstoffreiche Atmosphäre haben wir nämlich in erster Linie den Cyanobakterien zu verdanken. Allerdings dauerte es etwa 500 Millionen Jahre nach der Entstehung der O2-produziertneden Cyanobakterien, bis die Atmosphäre der Erde so viel Sauerstoff besaß, dass das aerobe Leben beginnen konnte [3]. Für viele anaerobe Organismen war der hohe Sauerstoffgehalt allerdings tödlich, oft wird sogar von einer "Sauerstoff-Katastrophe" gesprochen, die viele Arten damals auslöschte.

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Quellen:

  1. Gemeinholzer, Birgit, Systematik der Pflanzen kompakt, Springer Spektrum 2018.
  2. Niklas. Plant Evolution: An Introduction to the History of Life. The University of Chicago Press, 2016.
  3. "Vom 'Luftverpester' zum Lebenselixier - Cyanobakterien produzierten Sauerstoff früher als gedacht", auf Pflanzenforschung.de vom 15.10.2021
  4. Fournier, Moore et al. "The Archaen origin of oxygenic photosynthesis and extant cyanobacterial lineages", Proceedings B, September 2021