Home > Biologie > Evolutionsbiologie > Artbildung > Mechanismen > sympatrische Artbildung > Beispiele

Beispiele sympatrischer Artbildung

Prachtbienen Südamerikas [1]

Prachtbienen, die in Südamerika Orchideen bestäuben, erhalten als Belohnung für ihre Arbeit keinen Nektar, wie normalerweise üblich, sondern einen Mix aus pflanzlichen Duftstoffen, den die männlichen Bienen dann zur Herstellung von Pheromonen nutzen, mit denen sie paarungsbereite Weibchen anlocken.

Euglossa viridissima, Weibchen
Autor: USGS Native Bee Inventory and Monitoring Laboratory, Lizenz: public domain.

Zwei eng verwandte Arten - Euglossa viridissima und Euglossa dilemma - sammeln unterschiedliche Duftstoffe an den Orchideen.

Die Weibchen der beiden Arten besitzen Rezeptorproteine für die männlichen Pheromone. Die Gene für diese Rezeptorproteine unterscheiden sich in den beiden Arten erheblich, die Rezeptorproteine unterscheiden sich in 17 Aminosäuren. Die Zahl der Mutationen in den Genen ist noch höher, aber einige Mutationen führen ja nicht zum Einbau einer anderen Aminosäure.

Experimente ergaben, dass die Duftstoff-Rezeptoren der einen Art nicht auf die Pheromone der anderen Art ansprechen. Dabei hat die Artaufspaltung erst vor ca. 150.000 Jahren begonnen. Die 17 Aminosäuren-Ausstausche zeigen, dass hier ein hoher Selektionsdruck am Werke ist.

Koevolution bei Kuckucksarten

Der Brutparasitismus einheimischer Kuckucksarten sollte allgemein bekannt sein. Die Weibchen der Kuckucksarten legen ihre Eier in die Nester völlig anderer Vogelarten und "hoffen", dass die fremden Eltern nichts davon merken und die Kuckucks-Kinder aufziehen. Wenn die jungen Kuckucke dann geschlüpft sind, werfen sie oft die Eier der Wirts-Vögel aus dem Nest, damit sie die uneingeschränkte Aufmerksamkeit der Wirts-Eltern bekommen und das Futter nicht mit den Jungen der Wirts-Vögel teilen müssen.

Im Laufe der Evolution haben die verschiedenen Wirtsarten natürlich "gelernt", fremde Eier von ihren eigenen Eiern zu unterscheiden. Bei manchen Wirtsarten funktioniert das sehr gut, bei anderen nicht so gut.

Die Kuckucksarten haben sich im Laufe der Evolution natürlich darauf eingestellt, dass die Wirtsarten fremde Eier erkennen können, und haben ihre Eier in Form, Größe und Aussehen immer perfekter an die jeweilige Wirtsart angepasst - natürlich über viele Generationen von Versuch und Irrtum hinweg - anders funktioniert Evolution nicht.

Zwischen den Brutparasiten und den Wirtsvögeln besteht also eine Koevolutions-Beziehung, eine Art Wettrüsten.

Nun konnte zum ersten Mal nachgewiesen werden, dass dieses Wettrüsten die Artenvielfalt sowohl bei den Kuckucks- wie auch bei den Wirtsarten erhöht.

Die australische Wissenschaftlerin Naomi Langmore und ihr Team von der Universität Canberra zeigten, dass sich bei brutparasitären Kuckucken durch Wettrüsten mit ihren Wirten neue Arten bilden, so steht es jedenfalls in dem Artikel "Coevolution with hosts underpins speciation in brood-parasitic cuckoos", der am 30. Mai 2024 in der Zeitschrift Science veröffentlicht wurde. Eine Zusammenfassung dieses Artikels in deutscher Sprache findet sich auf Spektrum.de: "Wettrüsten bringt neue Kuckucksarten hervor".

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die selbe Kuckucksart (Bronzekuckuck) unterschiedlich ausehende Eier in die Nester von zwei verschiedenen Teichrohrsänger-Arten legt. Auch auf genetischer Ebene unterscheiden sich die Eier, die in die Nester der Elfengerygonen gelegt werden, von den Eiern in den Nestern der Großschnabel-Gerygonen. Diese genetischen Unterschiede sind nicht nur für das jeweils angepasste Aussehen der Eier verantwortlich, sondern auch für das Verhalten der geschlüpften Kuckucke: "Männchen und Weibchen, die von Elfengerygonen aufgezogen werden, verpaaren sich bevorzugt miteinander und nicht mit Individuen, die bei Großschnabel-Gerygonen aufwachsen." [2].

Genau das ist aber ein Musterbeispiel für sympatrische Artbildung, dass sich quasi innerhalb einer Population - ohne räumliche Trennung - Paarungsvorlieben herausbilden, die schließlich, wenn sie über viele Generationen anhalten, zur Bildung verschiedener Arten führen.

Quellen:

  1. Naomi Langmore et al: , "Coevolution with hosts underpins speciation in brood-parasitic cuckoos", in Science vom 30. Mai 2024.
  2. Tosin Thompson: "Wettrüsten bringt neue Kuckucksarten hervor", auf Spektrum.de vom 20.06.2024.