Herstellung
Drei gängie Methoden zur Synthese von Carbonsäure-Chloriden aus Carbonsäuren finden sich in der folgenden Abbildung:
Synthese von Carbonsäure-Chloriden aus Carbonsäuren
Autor: Ulrich Helmich 05/2024, Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0
In der ersten Zeile sehen wir ein industrielles Verfahren zur Synthese vor allem von Essigsäurechlorid (Acetylchlorid). Das Säure-Anhydrid wird mit Chlorwasserstoff umgesetzt, dabei entsteht ein Gemisch aus Carbonsäure und Carbonsäure-Chlorid.
Eine eher im Labor angewandte Methode findet sich in der mittleren Zeile. Hier wird die Carbonsäure mit Phosphortrichlorid PCl3 umgesetzt. Alternativ kann auch Phosphorpentachlorid PCl5 eingesetzt werden, Stöchiometrie ist dann natürlich etwas anders.
Eine weitere Methode zur Synthese von Carbonsäure-Chloriden wie Acetylchlorid ist die Umsetzung einer Carbonsäure mit Thionylchlorid SOCl2. Diese Reaktion sehen wir in der unteren Zeile der Abbildung.
Synthese von Carbonsäuren mit Thionylchlorid
Die letztgenannte Reaktion wollen wir hier etwas näher betrachten.
Die treibende Kraft für diese Reaktion ist die Zunahme der Reaktionsentropie ΔS, weil bei der Reaktion zwei Gase entstehen, nämlich Schwefeldioxid SO2 und Chlorwasserstoff HCl. Die Synthese läuft in mehreren Schritten mit mehreren Zwischenprodukten ab.
Schritt 1: Bildung eines gemischten Anhydrids
Der erste Schritt der Synthese eines Carbonsäure-Chlorids aus einer Carbonsäure und SOCl2
Autor: Ulrich Helmich 06/2024, Lizenz: siehe Seitenende
Das O-Atom der OH-Gruppe setzt sich nucleophil an das stark positiv polarisierte S-Atom des Thionylchlorids. Es entsteht dann ein Zwischenprodukt mit einer positiven Ladung an der OH-Gruppe und einer negativen Ladung am O-Atom des SOCl2-Moleküls. Wegen dieser Ladungstrennung ist das Zwischenprodukt sehr instabil.
Das instabile Zwischenprodukt zerfällt unter Abspaltung eines Chlorid-Ions, welches das Wasserstoff-Ion der Carbonsäure zur Bildung von Chlorwasserstoff HCl aufnimmt. Es entsteht ein weiteres Zwischenprodukt, das Carbonsäurechlorid mit gebundenem Schwefeldioxid. In [3] wird dieses Zwischenprodukt als gemischtes Anhydrid aus R-COOH und SOCl2 bezeichnet.
Schritt 2: Zerfall des Anhydrids in das Carbonsäure-Chlorid und SO2
Der erste Schritt der Synthese eines Carbonsäure-Chlorids aus einer Carbonsäure und SOCl2
Autor: Ulrich Helmich 06/2024, Lizenz: siehe Seitenende
Im ersten Teilschritt setzt sich ein Chlorid-Ion an das positiv polarsierte C-Atom der ursprünglichen COOH-Gruppe, es entsteht ein negativ geladenes Zwischenprodukt.
Im zweiten Teilschritt zerfällt dieses Zwischenprodukt unter Abspaltung von Schwefeldioxid SO2 zu dem gewünschten Carbonsäure-Chlorid R-CO-Cl. Das Chlor-Atom, das bisher mit dem Schwefel-Atom kovalent verbunden war, wird jetzt als Chlorid-Ion freigesetzt. Damit wird das im ersten Teilschritt eingesetzte Chlorid-Ion regeneriert, so dass in der Gesamtgleichung kein Cl- auftaucht.
Reaktionen
Carbonsäure-Chloride sind wesentlich reaktiver als die entsprechenden Carbonsäuren. Durch den Austausch der OH-Gruppe gegen ein Chlor-Atom ist das C-Atom der COOH-Gruppe stärker positiv polarisiert und kann leichter von Nucleophilen angegriffen werden. Das Cl-Atom ist ein gutes Nucleofug und kann dann leicht durch andere Nucleophile substituiert werden.
Die folgende Abbildung zeigt einige der wichtigsten Substitutions-Reaktionen der Carbonsäure-Chloride:
Reaktionen von Carbonsäure-Chloriden
Autor: Ulrich Helmich 05/2024, Lizenz: siehe Seitenende
Mit Wasser entstehen Carbonsäuren und HCl, mit Alkoholen bilden sich Carbonsäure-Ester und HCl, mit Thioalkoholen entstehen entsprechend Thioester. Auch mit Ammoniak und Aminen kann Acetylchlorid schnell reagieren, dabei entstehen Carbonsäure-Amide und HCl.
Diese nucleophilen Substitutionen verlaufen weder nach dem SN1- noch nach dem SN2-Mechanismus, sondern nach dem sogenannten Additions-Eliminierungs-Mechanismus.
Der Additions-Eliminierungs-Mechanismus
Autor: Ulrich Helmich 06/2024, Lizenz: siehe Seitenende
Das Bild zeigt einen kurzen Überblick über den A/E-Mechanismus, einmal mit einem ionischen Nucleophil, und einmal mit einem neutralen Nucleophil.
Diese dritte Mechanismus der nucleophilen Substitution ist auf dieser Seite im Chemie-Lexikon auf dieser Homepage ausführlich und Schritt für Schritt erläutert.
Quellen:
- RÖMPP Chemie-Lexikon, 9. Auflage, Band 1 (1989), S. 41.
- K. P. C. VollhardT, N.E. Schore: Organische Chemie. 6. Auflage, Weinheim 2020.
- Buddrus, Schmidt, Grundlagen der Organischen Chemie, 5. Auflage, De Gruyter-Verlag 2014.
- Schirmeister, Schmuck, Wich, Beyer/Walter Organische Chemie, 25. Auflage, Hirzel-Verlag 2015.