Abitur NRW
Themen wie Transduktion, Rezeptorpotenzial und AP-Frequenz kommen in folgenden NRW-Abituraufgaben vor:
- 2021 GK HT 2: Pheromoneinsatz zur Regulierung von Lobesia botrana im Weinanbau
- 2021 LK HT 1: Duftwahrnehmung bei Drosophila melanogaster
Die Abbildungen auf der vorherigen Seite suggerieren, dass das Einwirken eines Reizes (Druck, Licht) direkt die Entstehung von Aktionspotenzialen zur Folge hat. Das ist nicht korrekt. Zunächst kommt es zu einer Transduktion, dann zu einem Rezeptorpotenzial, und erst aus diesem entstehen dann - vielleicht - Aktionspotenziale.
Transduktion
Unter diesem Begriff versteht man die Umwandlung eines Reizes wie z.B. Druck oder Licht in eine Änderung des Membranpotenzials.
Bereits ganz normale Nervenzellen können auf chemische Reize aus dem Außenmedium reagieren. Vorgeschaltete Nervenzelle geben mit Hilfe ihrer synaptischen Endigungen Neurotransmitter in das Außenmedium ab. Diese Neurotransmitter setzen sich in spezielle Proteine in der Membran einer Nervenzelle, daraufhin öffnen sich chemisch gesteuerte Natrium-, Kalium- oder Chlorid-Kanäle. Daraufhin strömen Natrium-, Kalium- bzw. Chlorid-Ionen in die Nervenzelle hinein oder aus der Zelle heraus, was wiederum eine Veränderung des Ruhepotenzials zur Folge hat.
Sinneszellen sind spezialisierte Nervenzellen, die ganz bestimmte Reizqualitäten wahrnehmen können. So sind die Sinneszellen der Netzhaut in der Lage, optische Reize wahrzunehmen, und die Sinneszellen im Innenohr können mechanische Reize erfassen, die das Gehirn dann als Töne oder Geräusche interpretiert. Sinneszellen in der Haut sind für mechanische Reize (Tasten, Fühlen) oder thermische Reize (Wärme, Kälte) zuständig, und Sinneszellen auf der Zunge und in der Nase können chemische Reize (Geschmack, Geruch) wahrnehmen. Es gibt noch andere Arten von Sinneszellen, auf die ich hier an dieser Stelle nicht eingehen möchte, weil das zu weit vom Thema wegführen würde.
Aber eines haben alle Nervenzellen und Sinneszellen gemeinsam, den Transduktionsprozess.
Transduktion ist die Umwandlung eines Reizes (chemisch, optisch, thermisch, mechanisch) in eine Veränderung des Membranpotenzials. Meistens geschieht das über die Aktivierung oder Hemmung bestimmter Ionenkanäle, so dass Natrium- oder Chlorid-Ionen in die Zelle einströmen oder Kalium-Ionen aus der Zelle heraus strömen und dabei das Membranpotenzial de- oder hyperpolarisieren.
Ein gut erforschter Transduktionsprozess ist der Riechprozess, der in der menschlichen Riechschleimhaut stattfindet. Duftstoffe docken hier an spezielle Proteine in der Membran der Riechsinneszellen an, welche daraufhin die Synthese bestimmter Stoffe im Innern der Nervenzelle veranlassen. Einer dieser sogenannten "second messenger" ist das cAMP, das zyklische Adenosinmonophosphat. Die cAMP-Moleküle werden also verstärkt gebildet, wenn ein passender Duftstoff auf die Sinneszelle einwirkt. Wie wird nun eine Änderung des Membranpotenzials bewirkt? Ganz einfach: Die cAMP-Moleküle setzen sich auf der Innenseite der Membran an Natriumkanäle, die sich daraufhin öffnen und Natrium-Ionen in die Zelle strömen lassen. Das Membranpotenzial steigt dadurch an, es findet eine Depolarisierung statt.
Rezeptorpotenzial
Das normale Ruhepotenzial einer Nervenzelle liegt zwischen -90 und -60 mV. Bei einer Sinneszelle führt der Transduktionsprozess zu einer Veränderung dieses Ruhepotenzials. Dieses durch die Reizeinwirkung veränderte Ruhepotenzial bezeichnet man als Rezeptorpotenzial.
Der Zusammenhang zwischen Reizintensität und Rezeptorpotenzial ist meistens einfach: Je höher die Reizintensität, desto größer das Rezeptorpotenzial. Dabei ist die Abhängigkeit sehr selten streng linear, viel häufiger sind logarithmische oder exponentielle Abhängigkeiten. Umweltreize, die stark variabel sind (Lichtintensität, Schall) werden meistens logarithmisch verrechnet (siehe dazu auch die vorherige Seite).
Rezeptorpotenzial und Aktionspotenzialfrequenz
Allgemein gilt: Je höher das Rezeptorpotenzial, desto größer wird auch die Aktionspotenzialfrequenz am ableitenden Axon der Sinneszelle sein - sofern die Sinneszelle überhaupt in der Lage ist, Aktionspotenziale zu bilden.
Nur die sogenannten primären Sinneszellen haben ein Axon und können daher eigene Aktionspotenziale bilden. Die sekundären Sinneszellen haben dagegen kein Axon. Sie übertragen die Information über die Reizintensität chemisch über eine Synapse auf eine nachfolgende Nervenzelle. Erst diese Nervenzelle kann dann an ihrem Axonhügel Aktionspotenziale bilden.
Meistens besteht zwischen Rezeptorpotenzial und Aktionspotenzialfrequenz ein mehr oder weniger linearer Zusammenhang. Bei den primären Sinneszellen kommt es zur Aktionspotenzialbildung, wenn das Rezeptorpotenzial am Beginn des Axons einen bestimmten Schwellenwert überschreitet. Je stärker dieser Schwellenwert überschritten wird, desto größer ist die Frequenz der Aktionspotenziale.
Die Codierung eines Reizes ist ein Zwei-Stufen-Prozess.
Schritt 1:
Transduktion des Reizes in ein Rezeptorpotenzial.
Zwischen Reizintensität und Rezeptorpotenzial besteht meistens kein linearer Zusammenhang. Oft liegt ein logarithmischer Zusammenhang vor.
Schritt 2:
Das Rezeptorpotenzial muss bis zum Axonhügel der Nervenzelle gelangen. Wird dort ein bestimmter Schwellenwert überschritten, entsteht eine Folge von Aktionspotenzialen.
Hier ist der Zusammenhang meistens linear: Je stärker der Schwellenwert überschritten wird, desto höher die AP-Frequenz.