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Modellversuch 1 zum Ruhepotenzial Q1,Q2

Messung - Modell 1 - Modell 2 - Kalium-Diffusion - Na/K-Pumpe 1 - Na/K-Pumpe 2 - Nachweis der Na/K-Pumpe

Sticht man eine Messelektrode in das Plasma einer Nervenzelle hinein und hält eine Kontrollelektrode in die umgebende Zellflüssigkeit, so kann man eine Spannung von ca. -70 mV messen (siehe "Ruhepotenzial als Phänomen"). Die Zellflüssigkeit ist gegenüber dem Außenmedium negativ geladen. Befindet sich die Nervenzelle gerade im nicht-erregten Ruhezustand, bezeichnet man das gemessene Membranpotenzial als Ruhepotenzial. Das Membranpotenzial der erregten bzw. aktivierten Nervenzelle nennt man dagegen Aktionspotenzial.

Bevor wir zu den physiologischen Ursachen des Ruhepotenzials kommen, wollen wir zwei einfache Modellversuche zur Entstehung des Ruhepotenzials betrachten. Wer die beiden Versuche verstanden hat, sollte mit der Seite "Ursachen des Ruhepotenzials 1" keine Probleme haben.

Tipp für Abiturienten und Klausurschreiber: Diese beiden Modellversuche sind schon oft Gegenstand von Klausuraufgaben gewesen!

Aufbau, Durchführung, grundlegende Betrachtungen

Hier sehen Sie den Aufbau des ersten Modellversuchs zum Ruhepotenzial.

Modellversuch, Aufbau
Autor: Ulrich Helmich 2017, Lizenz: siehe Seitenende.

Versuchsaufbau

Im Prinzip werden zwei Glasröhren aneinander geschraubt, eine Membran oder ein Stück Filtrierpapier trennt aber die beiden Flüssigkeiten, die sich in den Glasröhren befinden. Jede Glasröhre hat in der Oberseite ein kleines Loch, durch dass eine Messelektrode gesteckt werden kann. Beide Messelektroden sind mit einem Voltmeter verbunden.

Voltmeter

Gerät zur Messung von Spannungen. Die physikalische Einheit der Spannung ist das Volt, das Symbol für Spannung ist U.

Spannung

Eine elektrische Spannung liegt immer dann vor, wenn es zwischen den beiden Messstellen oder Polen einen Ladungsunterschied gibt. Elektrische Spannungen werden auch als elektrisches Potenzial bezeichnet. "Potenzial" deswegen, weil eine anliegende Spannung die Fähigkeit hat, Arbeit zu leisten (zum Beispiel Ionen zu bewegen).

Mit dem Voltmeter kann also gemessen werden, ob ein elektrisches Potenzial (eine Spannung) zwischen den beiden Flüssigkeiten in den Röhren vorliegt oder sich im Laufe des Versuchs erst aufbaut.

Die linke Röhre wird mit verdünnter Salzsäure HCl gefüllt, die rechte Röhre mit destilliertem Wasser. Die Membran oder das Filtrierpapier ist durchlässig für alle beteiligten Teilchensorten: Wasser-Moleküle, Protonen H+ der Salzsäure und Chlorid-Ionen Cl- der Salzsäure.

Beobachtungen

Wir starten nun den Versuch und schauen dabei auf das Voltmeter und auf die Uhr. Wir wollen die Veränderung der Spannung in Abhängigkeit von der fortschreitenden Zeit aufschreiben und graphisch darstellen. Das Ergebnis unserer Beobachtungen könnte dann vielleicht so aussehen:

Mögliche Versuchsergebnisse
Autor: Ulrich Helmich 2017, Lizenz: siehe Seitenende.

Ich persönlich habe diesen Versuch leider noch nie durchgeführt, daher kann ich hier keine echten Ergebnisse präsentieren, sondern nur "ideale" bzw. hypothetische Ergebnisse.

Aufgabe

Beschreiben Sie die Versuchsergebnisse!

Wir wollen diese Aufgabe, die auch so in einer Klausur vorkommen könnte, mal gemeinsam lösen.

Beschreibung der Versuchsergebnisse

Dargestellt ist in der Graphik die Abhängigkeit der Messgröße Spannung von der Zeit. Auf der waagerechten Achse ist die Zeit in Sekunden eingetragen (0 bis 140), auf der senkrechten Achse die gemessene Spannung in mV (0 bis 80).

Zu Beginn des Versuchs kann noch keine Spannung gemessen werden, das Voltmeter zeigt einen Wert von 0 Volt an. Innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne von 20 Sekunden steigt die Spannung auf einen Maximalwert von 80 mV an. Dann folgt innerhalb der nächsten 110 Sekunden ein langsames Abfallen der Spannung auf den ursprünglichen Wert von 0 Volt.

Tipp für Abiturienten

Versuchen Sie die Beschreibung der Beobachtungen möglichst kurz und prägnant zu gestalten. Völlig falsch wäre beispielsweise eine detaillierte Beschreibung jedes einzelnen Messpunktes. Bei der Beschreibung der Graphik sollen Sie zeigen, dass Sie die Zusammenhänge verstanden haben. Die Lage der Messpunkte kann jedes Kind beschreiben, dass mit Bleitstift und Lineal umgehen kann.

Das heißt aber nicht, dass Sie jetzt gar keine Zahlenwerte nennen dürfen, aber beschränken Sie sich auf das Wesentliche: Anfangswert, Endwert, Maximalwert und Angaben, ob die Werte schnell oder langsam steigen/sinken. Wenn möglich, noch ein paar Fachbegriffe wie "Sättigungskurve" oder "Optimumskurve" unterbringen; in diesem Fall hier wären aber beide Fachbegriffe unpassend. Der Graph sieht zwar aus wie eine Optimumskurve, von einem "Optimum" kann man hier aber nicht sprechen.

Erklärung der Versuchsergebnisse

Aufgabe

Erklären Sie die Versuchsergebnisse!

Auch diese Aufgabe könnte genau so in einer Klausur vorkommen. Daher soll die Lösung dieser Aufgabe hier ausführlich vorgestellt werden.

Erklärung der Ergebnisse

Die Protonen sind extrem kleine Teilchen, die sich sehr schnell durch die beiden Flüssigkeiten und die Membran bewegen können. Die Chlorid-Ionen sind im Vergleich dazu groß und bewegen sich wesentlich langsamer.

Hier zeigt sich nun eine Tatsache, die vielen Studierenden der Biologie nicht klar ist: Ohne fundierte Chemiekenntnisse kommt man in der Biologie nicht weit. Wer keine Ahnung von Chemie hat, hat große Schwierigkeiten, einen solchen Versuch zu deuten.

Sowohl die Protonen wie auch die Chlorid-Ionen diffundieren von links (Salzsäure) nach rechts (in dest. Wasser), da beide Teilchensorten einen Konzentrationsausgleich anstreben.

Allerdings sind die kleinen positiv geladenen Protonen dabei viel schneller als die großen negativ geladenen Chlorid-Ionen. Das heißt also, die positiven Ladungen kommen im Wasser eher an als die negativen Ladungen.

Innerhalb der ersten 20 Zeiteinheiten entsteht daher auf der rechten Seite der Membran ein Überschuss an positiven Ladungen. Auf der linken Seite der Membran, in der Salzsäure, fehlen diese Protonen nun, hier herrscht also ein Mangel an positiven Ladungen, was gleichbedeutend ist mit einem Überschuss an negativen Ladungen. Es bildet sich also eine Ladungsdifferenz aus, die das Voltmeter dann als Spannung misst.

Mit der Zeit diffundieren aber auch die negativ geladenen Chlorid-Ionen auf die rechte Seite. Die Ladungsdifferenz bzw. Spannung wird dann wieder kleiner.

Am Ende des Versuchs haben beide Ionensorten einen vollständigen Konzentrationsausgleich erreicht, so dass die Ladungsdifferenz wie am Anfang wieder gleich Null ist. Rechts befinden sich genau so viele Protonen und Chlorid-Ionen wie links.

Schlussfolgerungen für das Ruhepotenzial

Das Ruhepotenzial an einer Nervenzelle bleibt mehr oder weniger konstant bei -70 mV, auch über einen längeren Zeitraum. Bei unserem ersten Modellversuch haben wir zwar auch eine Spannung an der Membran bzw. an dem Filtrierpapier beobachten können, aber diese Spannung baute sich relativ schnell wieder ab, weil die negativen Ionen "nachdiffundiert" sind.

Was wäre aber, wenn man die negativen Ionen an dieser "Nachdiffusion" hindern würde? Und damit wären wir auch schon beim zweiten Modellversuch zum Ruhepotenzial.

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Weiter mit dem zweiten Modellversuch zum Ruhepotenzial...