Helmichs Biologie-Lexikon

Pheromone (Insekten)

Abitur NRW

Die auf dieser Seite behandelten Themen wurden in folgenden NRW-Abituraufgaben behandelt:

Pheromoneinsatz zur Regulierung von Lobesia botrana im Weinanbau (2021)

Allgemeines

Pheromone sind Botenstoffe, die zur Übertragung von Informationen zwischen Individuen einer Art dienen, zum Beispiel als Sexuallockstoffe. Vor allem bei Schmetterlingen sind Pheromone bekannt, mit denen die Weibchen die Männchen über viele Kilometer Entfernung anlocken können.

Hier die Definition von Peter Karlson und Martin Lüscher aus dem Jahre 1959, als sie den Begriff "Pheromon" prägten:

Pheromone sind "Substanzen, die von einem Individuum nach außen abgegeben werden und bei einem anderen Individuum der gleichen Art spezifische Reaktionen auslösen". [1]

Die meisten Forschungsarbeiten über Pheromone beziehen sich auf Insekten, aber auch bei Wirbeltieren sind Pheromone bekannt.

Pheromone werden - genau wie Hormone auch - in spezialisierten Drüsen gebildet. Während Hormone an die Blutbahn abgegeben werden, gelangen Hormone nach außen, in die Luft oder in das Wasser.

Erkannt werden Pheromone meistens von dem Geruchssinn der Tiere, einige Tiere besitzen aber auch spezielle Organe für die Aufnahme von Pheromonen, beispielsweise die Vomeronasalorgane vieler Wirbeltiere oder die großen Antennen männlicher Schmetterlinge.

Man kann die Pheromone nach ihrer Funktion grob in zwei Klassen unterscheiden, die Releaser und die Primer. Die Releaser (Signalpheromone) bewirken eine Verhaltensänderung beim Empfänger, während die Primer eine endokrinologische (hormonelle) Veränderung im Empfänger bewirken [2].

Zu den Releasern gehören die Sexuallockstoffe und die Alarmpheromone, aber auch Duftstoffe, mit denen Tiere ihr Revier markieren. Beispiele für Primer gehören Pheromone, "die die Sexualreife (Pubertät), den weiblichen Zyklus und die Gravidität beeinflussen können oder die Ovulation auslösen". [3, S. 739]

Transduktionsprozess bei Insekten

Bei den Insekten erfolgt der Transduktionsprozess relativ einfach. Die Duftstoffe werden mit speziellen Sinneshaaren (Sensillen) aufgenommen, die meistens in den Fühlern sitzen. Die Sinneshaare enthalten dann Riechsinneszellen. Die Cilien dieser Riechsinneszellen wiederum enthalten sogenannte olfaktorische sensorische Neurone, die ihrerseits olfaktorische Rezeptorproteine besitzen. Jede Riechsinneszelle bildet aber nur einen Typ von Rezeptorproteinen aus. Unterschiedliche Sinneszellen besitzen jedoch unterschiedliche Rezeptorproteine, so dass insgesamt eine Vielzahl von Duftstoffen wahrgenommen werden kann.

Transduktionsprozess bei der Pheromon-Wahrnehmung bei Insekten
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: siehe Seitenende

Im Gegensatz zum Transduktionsprozess bei Säugetieren, der über G-Proteine und Adenylatcyclasen abläuft, ist der Transduktionsprozess bei Insekten recht einfach: Die Rezeptorproteine (R) bilden zusammen mit einem sogenannten Co-Rezeptorprotein (C) einen Ionenkanal, der Na+, Ca2+ und K+-Ionen passieren lässt.

Extreme Empfindlichkeit für Pheromone

Vor allem bestimmte Schmetterlinge sind "berühmt" geworden wegen ihrer Pheromone. Die Weibchen locken ihre Männchen oft über viele Kilometer mit Sexualpheromonen an. Die Konzentration dieser Sexuallockstoffe ist dann, wenn sie bei den Männchen ankommen, extrem gering. Wie kann es sein, dass die Männchen dennoch in der Lage sind, diese Duftstoffe wahrzunehmen?

Um das zu erklären, müssen wir uns kurz mit der Frage beschäftigen, wie die vielen Riechsinneszelle in der Antenne eines Schmetterlings überhaupt verschaltet sind.

Grundprinzip der neuronalen Verschaltung

Jede Riechsinneszelle besitzt ein Axon, das direkt zum Riechzentrum im Gehirn des Insekts führt. Dort befinden sich die Glomeruli:

Verschaltung der Riechsinneszellen mit den Glomeruli
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: siehe Seitenende

Hier sehen wir schematisch neun Riechsinneszellen. Die blau gekennzeichneten Riechsinneszellen sind für ein bestimmtes Pheromon zuständig, die rot gekennzeichneten für einen anderen Duftstoff, und die grün gekennzeichnet für einen dritten Duftstoff - es sind also drei verschiedene Typen von Riechsinneszellen berücksichtigt worden. In Wirklichkeit haben wir es mit 60 bis 400 verschiedenen Typen von Riechsinneszellen zu tun, je nach Insektenart. Und jedes Tier verfügt über insgesamt 2.600 bis 60.000 solcher Riechsinneszellen [3, S. 737].

Jeder Riechsinneszellen-Typ projiziert auf einen Glomerulus. In unserem Schema gibt es daher drei Glomerluli, einen blau gekennzeichnet für die "blauen" Riechsinneszellen, einen rot gekennzeichnet für die "roten" und einen grün markierten für die "grünen" Riechsinneszellen.

Durch Klicken auf die Abbildung kommen Sie übrigens auf eine Version für farbenschwache Menschen, die nicht so gut Rot und Grün unterscheiden können

Betrachten wir dazu die Abbildung 2 in dem oberen Kasten. Der rot gekennzeichnete Glomerulus ist hier mit vier Riechsinneszellen über Synapsen verknüpft. Bei diesen Schmetterlings-Männchen projizieren jedoch bis zu 6.000 Riechsinneszellen auf einen Glomerulus [3, S. 737]. Die Wahrscheinlichkeit, ein einzelnes Pheromon-Molekül "einzufangen", ist damit also sehr groß.

Einsatz von Insektenpheromonen in der Landwirtschaft

Als Forscher merkten, dass Insekten Pheromone absondern und auf Pheromone reagieren, fand man relativ schnell Anwendungsmöglichkeiten für Pheromone in der Landwirtschaft und der Imkerei.

So gibt es heute Pheromonfallen, mit denen man die Männchen von Schadinsekten gezielt anlocken und unschädlich machen kann. Imker locken ihre Bienen mit Pheromonen zu ungenutzten Bienenstöcken. Die gefürchteten Borkenkäfer werden mit einem Duftstoff angelockt, der normalerweise freigesetzt wird, wenn Fichtenholz von den Käfern angebohrt wird. Dieser Duftstoff lockt dann andere Borkenkäfer an [4].

Quellen, die über allgemeines Schulbuchwissen hinausgehen:

  1. Karlson, Lüscher: "Pheromones: a New Term for a Class of Biologically Active Substances." Nature 183, 1959.
  2. Wilson, Bossert: "Chemical communication among animals." Recent progress in hormone research. 19 (1963): S. 673.
  3. Hildebrandt, Bleckmann, Homberg: Penzlin, Lehrbuch der Tierphysiologie, 8. Auflage, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015.
  4. Wikipedia, Artikel "Insektenpheromone", Abschnitt "Anwendung".