Helmichs Biologie-Lexikon

Kladogramm

Ein Kladogramm ist eine Graphik zur Darstellung von Verwandtschaftsverhältnissen innerhalb einer Gruppe von Lebewesen. Am besten erläutert man dieses Konzept mal an einem konkreten Beispiel.

Ein Beispiel-Kladogramm
Autor: Ulrich Helmich 2023, Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0

Ein ähnliches Kladogramm findet sich in dem Spektrum-Lexikon der Biologie, Stichwort "Kladogramm".

Ein solches Kladogramm stellt in vereinfachter Weise die stammesgeschichtliche Entwicklung einer Gruppe von Organismen dar. Kladogramme sind keine evolutionären (phylogenetischen) Stammbäume, die zeitliche Dimension beispielsweise fehlt in dem Kladogramm völlig.

Man kann aber erkennen, welche rezenten Lebewesen (grüne Kästen in der Abbildung) einen gemeinsamen Vorfahren hatten und welche Merkmale jeweils neu hinzugekommen sind.

Betrachten wir das Beispiel-Kladogramm einmal näher und fangen dabei unten an. Der Laubfrosch hat als Lurch noch keine Haare, dieses Merkmal tritt erst bei den Säugetieren auf. Der gelbe Kasten mit dem Text "Haare" bezeichnet also ein Merkmal, dass alle Lebewesen oberhalb dieses Astes gemeinsam besitzen. Solche neu auftretenden Merkmale, die typisch sind für alle nachfolgenden Arten, werden übrigens als Autapomorphien bezeichnet. Der Besitz von Haaren ist also eine Autapomorphie der Säugetiere, zumindest der vier im Kladogramm dargestellten Arten. Statt der Haare hätte man hier auch Milchdrüsen erwähnen können, ebenfalls eine Autapomorphie der Säugetiere.

Das Raubtiergebiss mit Reißzähnen, scharfen Eckzähnen und so weiter ist eine Autapomorphie der Raubtiere, einer Ordnung innerhalb der Säugetiere. Die drei Arten Hauskatze, Tiger und Braunbär unterscheiden sich von dem Rind durch den Besitz eines Raubtiergebisses.

Die Katzenarten Hauskatze und Tiger haben einziehbare Krallen als gemeinsames Merkmal und unterscheiden sich dadurch vom Braunbären, und die Hauskatze unterscheidet sich durch das Schnurren vom Tiger.

Hier sehen Sie eine alternative Darstellung des gleichen Kladogramms wie in Abbildung 1:

Beschreibung siehe folgenden Text

Alternative Darstellung des Kladogramms aus Abb. 1
Autor: Ulrich Helmich 2023, Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0

Das Kladogramm ist erstens graphisch anders dargestellt, und zweitens wurde auf die Angabe der jeweils neuen Merkmale verzichtet, stattdessen wurden die Bezeichnungen der jeweiligen Taxa an die Äste geschrieben.

Hier nun ein Negativ-Beispiel:

Beschreibung siehe folgenden Text

Das System der Eukaryonten nach Strasburger 2021
Autor: Ulrich Helmich 2023, Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0

Warum ist die Graphik in der Abbildung 3 kein Kladogramm? Bei einem Kladogramm wird grundsätzlich das Prinzip der Dichotomie beachtet, von einem gemeinsamen Vorfahr gehen also stets genau zwei Linien aus, eine Vorfahren-Art hat immer genau zwei Nachfolger-Arten. Dies spiegelt das Prinzip der allopatrischen oder sympatrischen Artbildung wieder. In dem Strasburger-Schema haben die Eukaryoten aber fünf Untergruppen, die Plantae (Pflanzen) bestehen aus drei Untergruppen, ebenso die Streptophyta (eine Gruppe von Algen).

System der Eukaryoten nach Alastair Simpson
Alastair Simpson, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Hier sehen wir ein sehr komplexes Kladogramm der Eukaryoten. Gemeinsame Merkmale (Autapomorphien) wurden nicht mit angegeben, dafür aber die Bezeichnungen der jeweiligen Taxa. Auch die Art und Weise der graphischen Darstellung ist wieder eine völlig andere als in den Abbildungen 1 und 2. Das Prinzip der Dichotomie wurde eingehalten, auch wenn es bei manchen Verzweigungen nicht so aussieht (Archaeplastida zum Beispiel).