Helmichs Biologie-Lexikon

Bipolarzellen

Bipolarzellen sind bestimmte Nervenzellen in der Netzhaut. Die Bipolarzellen heißen so wegen ihrer Gestalt: In der Mitte der dicke Zellleib mit dem Zellkern, auf jeder Seite ein kräftiger Fortsatz, der eine ist mit den Photorezeptoren der Retina verbunden, der andere mit den Ganglienzellen.

Bipolarzellen werden durch die von den Photorezeptoren ausgeschütteten Neurotransmitter erregt; sie bilden allerdings in der Regel keine Aktionspotenziale aus, sondern reagieren lediglich mit einer starken Depolarisierung von bis zu -20 mV auf die Neurotransmitter-Ausschüttung der Photorezeptoren. Je nach Stärke dieser Depolarisierung werden von den synaptischen Endknöpfchen der Bipolarzellen mehr oder weniger viele Neurotransmitter (meistens Glutaminsäure oder Glutamat, manchmal auch Glycin) ausgeschüttet. Nach neuesten Erkenntnissen soll es aber auch Bipolarzellen, die Aktionspotenziale bilden können (zumindest laut Wikipedia "Bipolare Zellen der Retina").

Ein Ausschnitt aus der Netzhaut. Die Bipolarzellen sind grün gezeichnet.

In der Zeichnung sehen Sie einen Ausschnitt aus der Netzhaut. Die Photorezeptoren sind gelb gezeichnet, die Bipolarzellen grün, und die Ganglienzellen dunkelrot.

Typen von Bipolarzellen

Man kann vier verschiedene Typen von Bipolarzellen unterscheiden. Zunächst einmal unterteilt man die Bipolarzellen in OFF- und ON-Bipolarzellen.

OFF-Bipolarzellen

Wenn der vorgeschaltete Photorezeptor bei Belichtung "abgeschaltet" ist (siehe Sehprozess) und daher keine Neurotransmitter mehr an die Membran der Bipolarzelle binden, werden diese OFF-Zellen durch die Tätigkeit der Natrium-Kalium-Pumpe hyperpolarisiert. Sie schütten also ebenfalls keine Neurotransmitter mehr aus.

OFF-Bipolarzellen haben ionotrope Rezeptoren, also Neurotransmitter-Rezeptoren, die direkt mit einem Ionenkanal verbunden ist und diesen steuert. Im Dunklen dockt der Neurotransmitter Glutamat an diesen Rezeptor an und öffnet Kationenkanäle, das einströmende Na+ depolarisiert dann die Membran.

ON-Bipolarzellen

Dieser Zelltyp reagiert genau anders herum. Wenn der Photorezeptor "abgeschaltet" ist (bei Belichtung also) und keine Neurotransmitter mehr an die Bipolarzelle andocken, entfällt die Hemmung und die ON-Bipolarzelle schüttet Neurotransmitter aus, so dass die nachfolgenden Ganglienzellen erregt werden. Dieser Typ der Bipolarzellen spielt im Biologie-Unterricht der Oberstufe eine wichtige Rolle, oft wird er als "Die Bipolarzelle" schlechthin behandelt.

ON-Bipolarzellen haben metabotrope Rezeptoren, die mit einem G-Protein verbunden sind, welches ein weiteres Enzym steuert, dass einen second messenger abbaut, der für die Öffnung von Kationenkanälen zuständig ist. Bei Belichtung entfällt dieser Abbau, und die second-messenger-Moleküle können die Kationenkanäle offen halten. Es kommt zur Depolarisierung, und die Bipolarzelle schüttet selbst Neurotransmitter aus.

Vorgänge in OFF- und ON-Bipolarzellen im Dunklen (links) und im Hellen (rechts)
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: siehe Seitenende

Rezeptive Felder

ON- und OFF-Bipolarzellen spielen eine wichtige Rolle in rezeptiven Feldern. Weitere Informationen dazu siehe den entsprechenden Artikel in der Neurobiologie-Abteilung.

Phasische Bipolarzellen

Hierbei handelt es sich um OFF- oder ON-Zellen, die nur sehr kurzzeitig auf eine Belichtung des vorgeschalteten Photorezeptors reagieren.

Tonische Bipolarzellen

Unter diesem Begriff versteht man OFF- oder ON-Zellen, die über einen längeren Zeitraum gehemmt bzw. nicht gehemmt sind, wenn die vorgeschaltete Sehzelle belichtet wird.