Home > Biologie > Genetik > Gentechnik > Ein gentechnisches Verfahren

Gewinnung der Passagier-DNA

Problemstellung

Wie kann man geeignete Passagier-DNA gewinnen (in unserem Fall also menschliche Insulin-DNA)? Im Prinzip gibt es drei wichtige Methoden zur Gewinnung solcher DNA.

Shotgun cloning

Eine "Holzhammermethode", die bereits in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts von Craig Venter entwickelt wurde. Mit Hilfe von Restriktionsendonucleasen oder durch Einsatz physikalischer Methoden wird das komplette Genom des Spenderorganismus zunächst vervielfältigt und dann durch Enzyme in handliche Bruchstücke zerlegt. Man erhält dabei eine Vielzahl von unterschiedlichen DNA-Sequenzen. Interessant sind aber nur die DNA-Bereiche, die etwa Genlänge besitzen, also ca. 5000 bis 20000 Basenpaare lang sind. Mit einigem Glück ist dann ein DNA-Stück dabei, auf dem sich genau die gesuchte Sequenz (zum Beispiel das gesuchte Insulin-Gen) befindet.

Shotgun cloning

Weitere Einzelheiten siehe Biologie-Lexikon.

Reverse Transkription

Hat man bereits mRNA des gewünschten Gens vorliegen, kann man durch reverse Transkription eine komplementäre cDNA herstellen und dann in eine doppelsträngige DNA umwandeln (Bild 2). Für das Insulin-Beispiel würde sich diese Methode empfehlen, denn in den Zellen der Bauchspeicheldrüse kommt recht viel Insulin-mRNA vor, die leicht gewonnen werden kann.

Synthese von DNA aus mRNA (Reverse Transkription)

Herstellung von DNA aus mRNA
Autor: Ulrich Helmich 2017, Lizenz: siehe Seitenende.

Die Ausgangs-mRNA wird zunächst mit DNA-Nucleotiden komplementär ergänzt. Den so erzeugten DNA-Strang bezeichnet man als cDNA (complementary DNA). Ausgangs-mRNA und cDNA bilden einen Hybrid-Doppelstrang. Die mRNA dieses Doppelstrangs wird nun durch RNAsen entfernt, also durch RNA abbauende Enzyme. Übrig bleibt die cDNA, die dann "ganz normal" zu einem DNA-Doppelstrang ergänzt wird. Dieser DNA-Doppelstrang kann dann in eine Prokaryotenzelle integriert werden.

reverse Transkription

Weitere Einzelheiten siehe Biologie-Lexikon.

Künstliche DNA

Wenn man die genaue Basensequenz des zu klonierenden Gens kennt, kann man mit Hilfe moderner Automaten eine künstliche DNA synthetisieren lassen. Bei diesem Verfahren ist die Nachbehandlung der DNA besonders einfach.

Bei der gentechnischen Herstellung von Insulin setzt man heute überwiegend dieses dritte Verfahren ein. Die Aminosäure-Sequenz des fertigen Insulins ist seit Jahrzehnten aufgeklärt, und die Automaten der Gentechniker sind seit Jahren perfektioniert. Für jede der beiden Insulinketten synthetisiert man eine eigene DNA, jeder DNA-Typ wird dann für sich in Bakterien transferiert, so dass man als Rohstoff die beiden Peptidketten des Insulins gewinnt. Im nächsten Schritt müssen die beiden Ketten dann zusammengefügt werden - Bakterien können dies nicht leisten, da sie nicht über die entsprechenden Werkzeuge verfügen (Golgi-Apparat, ER).

Nachbehandlung

Unabhängig davon, wie die DNA gewonnen wurde, muss sie vor dem Einbau in den Vektor an den Enden noch so verändert werden, dass die eingesetzte Restriktionsendonuclease sticky ends (klebrige Enden) links und rechts vom eigentlichen Gen produziert. Das kann z.B. durch Anhängen kurzer, synthetischer DNA-Abschnitte (Linker) an die Enden erreicht werden.

Allgemeine Quellen, die über allgemeines Schulbuchwissen hinausgehen:

  1. Alfred Nordheim, Rolf Knippers: Molekulare Genetik, 11. Auflage, Thieme-Verlag Stuttgart 2018.
  2. Rolf Knippers: Eine kurze Geschichte der Genetik, 2. Auflage, Springer-Verlag 2017.

Spezielle Quellen für diese Seite:

  1. Annette Reineke, Gentechnik: Grundlagen, Methoden und Anwendungen. Stuttgart 2004