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Isolationsmechanismen

Im Laufe der allopatrischen Artbildung werden die Teilpopulationen immer unterschiedlicher. Das äußerliche Erscheinungsbild der Lebewesen ändert sich, ebenso der Stoffwechsel und allgemein die Physiologie, bei Tieren auch die Verhaltensweisen.

Wenn diese Veränderungen dazu führen, dass zwischen den Individuen der beiden Teilpopulationen oder Rassen nicht keine fruchtbare Kreuzung mehr möglich ist, spricht man von einer Isolation; die Veränderungen, die diese Isolation bewirken, werden auch als Isolationsmechanismen bezeichnet.

Isolationsmechanismen auf den verschiedenen Ebenen der Fortpflanzung
Autor: Ulrich Helmich

Die obige Graphik zeigt, auf welchen Ebenen der Fortpflanzung Isolationsmechanismen "greifen" können.

Bereits beim Zusammentreffen der potenziellen Fortpflanzungspartner können Hindernisse auftreten, wenn die Partner zum Beispiel in entfernten Biotopen leben oder sich unterschiedlich eingenischt haben. Es wäre beispielsweise denkbar, dass die Tiere der einen Art morgens fressen, während die Tiere der anderen Art abends auf Nahrungssuche gehen. Die Chance, dass sich dann zwei Tiere aus den beiden Arten zu einem Stelldichein treffen, ist dann sehr gering. Oder Pflanzen der einen Art wachsen auf schwermetallhaltigen Böden, während Pflanzen der anderen Art mitten im Wald leben. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Biene oder eine Hummel erst zu der einen, dann zu der anderen Pflanze fliegt, ist ziemlich gering.

Selbst dann, wenn alle Fortpflanzungshürden genommen sind, kann es immer noch passieren, dass die Nachkommen steril sind, also selbst keine Nachkommen haben können. Oder die Nachkommen sind derart behindert oder eingeschränkt, dass sie erst gar nicht zur Fortpflanzung kommen, weil sie vorher sterben.

Präzygotische und postzygotische Isolationsmechanismen

Unter präzygotischen (oder präzygoten) Isolationsmechanismen versteht man alle Isolationsmechanismen, die vor der Bildung der Zygote einsetzen. In der Abbildung oben sind das fast alle gezeigten Mechanismen, außer den beiden letzten.

Postzygotische (oder postzygote) Isolationsmechanismen setzen dann erst nach der Keimzellenbildung ein. Das wohl bekannteste Beispiel hierfür sind Pferd und Esel, die zwar Nachkommen produzieren können, die dann aber selbst unfruchtbar sind.

Arten der Isolation

Oft werden die prä- und postzygotischen Isolationsmechanismen weiter unterteilt. So findet man bei den präzygotischen Isolationsmechanismen zum Beispiel die geographische Isolation, die eine Begegnung der potenziellen Paarungspartner verhindert.

Aus didaktischer Sicht ist dieser Begriff aber fragwürdig, wird er doch von den meisten Schüler(innen) mit der geographischen Separation verwechselt, die ja erst die Voraussetzung für die allopatrische Artbildung ist.

Recht problemlos ist dagegen die ökologische Isolation. Hier leben die beiden Arten geographisch in dem selben Gebiet zusammen, theoretisch könnte also noch ein Genfluss stattfinden. Doch haben die beiden Arten unterschiedliche ökologische Nischen besetzt, die einen solchen Genfluss verhindern.

Hier könnte man sich viele Beispiele ausdenken. Die eine Art könnte morgens fressen, die andere abends. Die eine Art könnte auf dem Boden nach Nahrung suchen, die andere im Blätterdach. Die eine Art ist im März paarungsbereit, die andere erst im Mai, und so weiter.

Interessant ist auch die ethologische Isolation. Beide Arten leben im gleichen Biotop und besetzen auch ähnliche ökologische Nischen, so dass keine ökologische Isolation vorliegt. Sie fressen beispielsweise am gleichen Ort und zur gleichen Zeit. Dennoch kommt es nicht zu Paarungen zwischen Vertretern der beiden Arten, weil sich die Männchen der einen Art aus Sicht der Weibchen der anderen Art recht seltsam verhalten. Die Paarungs- oder Balzrituale haben sich auseinander entwickelt. Die Gefiederpracht der Hähne der einen Vogelart stellt überhaupt keinen Schlüsselreiz mehr für die Hennen der anderen Vogelart dar.

Ich persönlich bringe meinen Schülern immer bei, dass sie zwischen Isolationsmechanismen und Separation unterscheiden.

Separation = Trennung einer Population in zwei Teilpopulationen, zum Beispiel durch geographische Schranken, durch unterschiedliche Einnischung oder Ähnliches. Die Separation führt dann zur Unterbrechung des Genflusses.

Isolationsmechanismen = Mechanismen, die sich im Laufe der getrennten Entwicklung der beiden Populationen gebildet haben und die eine fruchtbare Fortpflanzung zwischen Individuen der beiden Populationen verhindern.

Somit ist also die Separation die Ursache, und die Bildung von Isolationsmechanismen die Folge.