Helmichs Chemie-Lexikon

Pyrrol

Struktur

Heterocyclen

Pyrrol gehört zu den fünfgliedrigen aromatischen Heterocyclen.

Pyrrol und Porphin
Autor: Ulrich Helmich 05/2023, Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0

Links im Bild sehen wir die Strukturformel des Pyrrols. Rechts daneben wird gezeigt, wie sich ein Porphin-Ring aus vier solcher Pyrrol-Moleküle zusammensetzt. Porphin ist das Grundgerüst biologisch wichtiger Verbindungen wie Chlorophyll oder Hämoglobin.

Bleiben wir aber beim Pyrrol. Es handelt sich um einen typischen Heteroaromaten, also um einen Aromaten mit einem Stickstoff-, Sauerstoff- oder Schwefel-Atom.

Ist Pyrrol ein Aromat?

Die erste Frage, die sich uns stellt, ist die: Ist Pyrrol überhaupt ein Aromat, kann man die Hückel-Regel auf dieses Molekül anwenden?

Das Pyrrol-Molekül ist ringförmig und planar, und die vier C-Atome sind sp2-hybridisiert und können wegen der planaren Struktur auch gut überlappen.

Aber was ist mit dem Stickstoff-Atom? Ist das N-Atom auch sp2-hybridisiert?

An sich sollte man doch denken, ein N-Atom, das keine Doppelbindung eingeht, sei sp3-hybridisiert. Aber schauen wir uns doch einmal die mesomeren Grenzstrukturen des Pyrrol-Moleküls dazu an:

Grenzstrukturen des Pyrrols
Chem Sim 2001, Public domain, via Wikimedia Commons

In drei dieser fünf Grenzstrukturen bildet das N-Atome eine Doppelbindung aus - demnach ist es sp2-hybridisiert (wie sollte es sonst eine C=N-Doppelbindung ausbilden können?).

Nun bleibt nur noch eine wichtige Frage über: Erfüllt Pyrrol die (4n+2)-Regel von Hückel?

Jedes der vier C-Atome stellt ein pi-Elektron zur Verfügung, das N-Atom hat aber zwei Elektronen in seinem pz-Orbital. Zusammen sind das also sechs π-Elektronen, und damit ist auch dieser Teil der Hückel-Regel erfüllt. Pyrrol gehört also eindeutig zu den Aromaten.

Molekülmodell von Pyrrol
Autor: Ulrich Helmich 12/2023, Lizenz: siehe Seitenende

Hier sehen wir noch ein Molekülmodell vom Pyrrol, man kann die planare Struktur des Moleküls gut erkennen, weil es schräg von der Seite zu sehen ist. Die pz-Orbitale muss man sich jetzt dazu denken.

Hückel-Regel

Diese wichtige Regel wurde von Erich Hückel (1896-1980) um 1930 aufgestellt. Mit dieser Regel kann man beurteilen, ob eine cyclische Verbindung mit Doppelbindungen aromatisch ist oder nicht.

Vergleich mit Benzol

Abgesehen davon, dass Pyrrol ein fünfgliedriger Heteroaromat und Benzol ein sechsgliedriger "normaler" Aromat ist, gibt es noch ein paar weitere Unterschiede zwischen den beiden Verbindungen.

Wenn man sich die Grenzstrukturen des Pyrrol-Moleküls anschaut, fällt auf, dass bei vier der fünf möglichen Grenzstrukturen eine Ladungstrennung auftritt, was energetisch nicht so besonders günstig ist. Man sollte also annehmen, dass die Struktur ohne Ladungstrennung ein etwas größeres Gewicht hat als die vier Strukturen mit Ladungstrennung.

Blickt man auf die Bindungslängen im Pyrrol-Molekül, so wird dies bestätigt. Der Abstand zwischen den C3- und C4-Atomen beträgt 143 pm, während der Abstand zwischen den C2- und C3- bzw. zwischen den C4- und C5-Atomen (mit der C=C-Doppelbindung in der ersten Grenzstruktur) nur 137 pm beträgt (Zahlen aus dem aktuellen Clayden). Diese Bindung hat also einen stärkeren Doppelbindungscharakter als die C3-C4-Bindung.

Im Benzol-Molekül dagegen haben alle sechs C-C-Bindungen die gleiche Länge, die zwischen einer C-C-Einfachbindung und einer C=C-Doppelbindung liegt.

Biologische Bedeutung

Pyrrol ist der Grundbaustein einiger biologisch wichtiger Verbindungen. Vor allem sind hier die Pigmente Chlorophyll und Hämoglobin zu nennen.

Die Häm-Komponente des Hämoglobins
Yikrazuul, Public domain, via Wikimedia Commons

Die Häm-Komponente ist der farbgebende Nichtprotein-Anteil des Hämoglobins. Sie besteht aus vier Pyrrol-Ringen, die sich um ein Eisen(II)-Atom gruppieren und einen Komplex mit diesem bilden. Der Sauerstoff, der vom Hämoglobin im Blut transportiert wird, wird an das Eisen gebunden.

Das Chlorophyll-Molekül ist ähnlich aufgebaut. Der Nichtprotein-Anteil besteht ebenfalls aus vier Pyrrol-Ringen, allerdings befindet sich hier ein Magnesium-Atom in der Mitte.

Physikalische und chemische Eigenschaften

Pyrrol ist in reinem Zustand eine farblose Flüssigkeit mit einer Dichte von 0,97 g/cm3, die stark nach Chloroform riecht. An der Luft verfärbt sich Pyrrol mit der Zeit braun und neigt zur Harzbildung.

Die Wasserlöslichkeit ist mäßig und beträgt 60 g/l bei 20 ºC, Pyrrol mischt sich aber mit den meisten organischen Lösemitteln.

Der Schmelzpunkt von Pyrrol liegt bei -24 ºC, der Siedepunkt bei 131 ºC.

Pyrrol

Auf dieser Seite für Studienanfänger des Faches Chemie finden Sie vertiefende Informationen zum Pyrrol, auch zu seiner industriellen Herstellung.

Pyrrol

Weitere Einzelheiten zum Pyrrol finden sich in diesem Wikipedia-Artikel.