Helmichs Biologie-Lexikon

Phylogenetischer Stammbaum

Ein phylogenetischer Stammbaum ist die baumartige Darstellung der Verwandtschaft zwischen verschiedenen Organismen. Er zeigt, wie sich die Arten im Laufe der Evolution aus gemeinsamen Ursprüngen entwickelt haben. Die Verzweigungen des Baums repräsentieren divergierende Entwicklungslinien, während die Knotenpunkte die gemeinsamen Vorfahren darstellen.

Phylogenetische Stammbäume werden mit Hilfe genetischer oder molekularbiologischer Daten erstellt, nicht aber mit Hilfe morphologischer Befunde.

DNA-Stammbaum einiger parasitischer Läuse
Autor: Ulrich Helmich, Lizenz: Public domain

Das obige Bild zeigt den phylogenetischen Stammbaum von Läusen, die als Parasiten auf Menschen und anderen Primaten vorkommen: Kopf- und Filzlaus des Menschen sowie eine Lausart, die im Fell von Schimpansen lebt und eine andere Lausart, die im Fell von Gorillas lebt. Die Daten zu diesem DNA-Stammbaum stammen übrigens aus der NRW-Abituraufgabe "Parasiten als Indikatoren der Primaten-Evolution" aus dem Jahre 2009. In der LK-Abituraufgabe von 2013 "Stammesgeschichte des Chamäleons" ist ein DNA-Stammbaum verschiedener Chamäleon-Arten enthalten, und in der Abituraufgabe von 2015 finden wir einen DNA-Stammbaum von Großkatzen:

Beschreibung siehe folgenden Text

DNA-Stammbaum einiger Großkatzen
Autor: Ulrich Helmich, Lizenz: Public domain

DNA-Stammbäume werden durch Auswertung von Basen-Sequenzen bestimmter Gene erstellt. Dabei werden vor allem die Unterschiede in den Basen-Sequenzen berücksichtigt. Je mehr Unterschiede in den Basensequenzen des untersuchten Gens, desto weniger sind die beiden untersuchten Arten miteinander verwandt bzw. desto älter ist der letzte gemeinsame Vorfahre. Da die Mutationsrate von Genen zeitlich ziemlich konstant ist, kann man aus der Anzahl der Abweichungen auch den ungefähren Zeitpunkt der Auseinanderentwicklung berechnen, also wann der letzte gemeinsame Vorfahr ungefähr gelebt hat. Oft stimmen diese Ergebnisse dann auch mit den Daten überein, die man durch Altersbestimmung bei fossilen Überresten der Lebewesen gefunden hat. Manchmal aber auch nicht - dann muss man weitere Gene untersuchen oder auf andere Methoden zurückgreifen.

Protein-Stammbäume werden entsprechend durch Auswertung der Aminosäure-Sequenzen bestimmter Proteine erstellt.

Abitur

Im Abitur NRW werden solche phylogenetischen Stammbäume oft zur Klärung von Verwandtschaftsverhältnissen zwischen den im Material beschriebenen Arten herangezogen. Auch zur Klärung der Frage, ob die beobachteten Ähnlichkeiten verschiedener Arten durch konvergente oder divergente Entwicklung entstanden sind, werden phylogenetische Stammbäume herangezogen.

Phylogenetischer Stammbau einiger Reptilienarten
Autor: Ulrich Helmich 04/2025, Lizenz: Public domain

Hier sehen wir verschiedene Agamen-Arten in Australien (A - H) und ihre Lebensräume. Mit Hilfe des phylogenetischen Stammbaums kann man klar erkennen, dass die Angepasstheiten an das Leben in der heißen und trockenen Wüste von den Arten A, E und H unabhängig voneinander entwickelt worden sind. Diese drei Arten sind nicht näher miteinander verwandt, also sind die Angepasstheiten auf eine konvergente Entwicklung zurückzuführen, es handelt sich um Analogien.

Die Angepasstheiten der nah verwandten Arten A unb B an völlig unterschiedliche Biotope sind dagegen die Folge einer divergenten Entwicklung - ähnlich verhält es sich bei den Argten D und E oder F und G.

Quellen:

  1. Verschiedene Abituraufgaben NRW