Helmichs Biologie-Lexikon

Gensonde

Gensonden gehören zu den "Werkzeugen" der Gentechnik. Sie dienen zur Identifizierung bzw. Lokalisierung bestimmter Gene auf einem langen DNA-Strang.

Gensonden sind einsträngige DNA- oder RNA-Stücke mit einer bestimmten Basensequenz, die sich an bestimmte Stellen der DNA komplementär anlagern. Die zu untersuchende DNA, auf der das gesuchte Gen vermutet wird, muss dafür allerdings vorher ebenfalls einsträngig gemacht werden. Das geschieht in der Regel durch Erhitzen der DNA auf 95 ºC.

Gensonden können unterschiedlich lang sein, die Länge variiert je nach Verwendungszweck zwischen ein paar Hundert und einigen Tausend Basenpaaren.

Die einsträngige Gensonde kann sich nun an die einsträngige DNA komplementär anlagern, man nennt diesen Vorgang auch Hybridisierung. Allerdings kann diese Hybridisierung unterschiedlich stark sein.

Zwei verschiedene Gensonden "haften" unterschiedlich gut an der DNA
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: siehe Seitenende

In diesem Bild sehen wir das Verfahren noch einmal schematisch dargestellt.

Die zu untersuchende DNA, auf der man das gesuchte Gen vermutet, wird zunächst durch Erhitzen einsträngig gemacht. Dann werden zwei verschiedene Gensonden dazugegeben. Die eine Gensonde passt einigermaßen gut zu dem gesuchten Gen, hybridisiert mit diesem, kann aber auch leicht wieder vom Gen abgetrennt werden ("Abwaschen" durch Behandeln mit bestimmten Chemikalien, Temperatureinwirkung etc.). Die andere Gensonde passt perfekt zu dem gesuchten Gen, hier haben sich alle H-Brücken komplett ausgebildet. Diese Gensonde verbleibt auch nach dem "Abwaschen" an der einsträngigen DNA.

Damit man im Mikroskop überhaupt sieht, wo sich die komplementären Stücke angelagert haben, werden die Gensonden mit fluoreszierenden Farbstoffen markiert, die positive Ladungen tragen. Diese Farbstoffe lagern sich an die negativ geladenen Phosphatgruppen der Gensonde an. Bei Bestrahlung mit UV-Licht leuchten die Farbstoffe dann in einer bestimmten Farbe auf.

Früher wurden Gensonden radioaktiv markiert, damit war ein Nachweis durch Autoradiographie möglich.

Man legte die Zellen mit der DNA auf einen Röntgenfilm, und die Stellen, an denen sich Gensonden an die DNA gebunden hatten, waren dann als schwarze Markierungen auf dem Film erkennbar. Die radioaktive Strahlung hatte den Film an diesen Stellen geschwärzt.

In dem auf YouTube veröffentlichten Film von Martin Geiger wird sehr schön und verständlich erklärt, was eine Gensonde ist und wie man in der Praxis mit ihr arbeitet.

Genchips

Genchips sind kleine Mikroarrays, auf denen sich Tausende verschiedener Gensonden befinden.

Ausschnitt aus einem Genchip
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: siehe Seitenende

In jedem Testfeld befindet sich eine andere Gensonde, die für ein bestimmtes Gen zuständig ist. Gibt man nun eine DNA-Probe, in der viele verschiedene Gene enthalten sind, auf diesen DNA-Chip, dann verbinden sich die DNA-Fragmente nur mit den passenden Gensonden. Nach dem Auswaschen bleiben nur die DNA-Fragmente hängen, die 100% zu der jeweiligen Gensonde passen. Im Bild 2 ist das stark schematisch dargestellt.

Ein DNA-Chip mit 37.500 Testfeldern
Paphrag at English Wikipedia, Public domain, via Wikimedia Commons

DNA-Chips oder Genchips haben Tausende solcher Testfelder mit je einer Gensonde. Kein Mensch kann diese vielen Testfelder mehr in vernünftiger Zeit mit Gensonden bestücken, das übernehmen heutzutage spezialisierte Roboter.

Ich zitiere jetzt mal aus der Wikipedia (Abruf am 22.07.2022), Artikel "DNA-Chip-Technologie":

"Mit dem seit Ende der 1980er Jahre von Stephen P. A. Fodor entwickelten Verfahren können über 100.000 bekannte Gene in zu untersuchenden Patientenproben aus verschiedenen Geweben identifiziert werden. Die einzelnen Felder des Microarray sind mit einzelsträngigen DNA-Stücken (als cDNA) beschichtet. Microarrays dienen der Bestimmung relativer Änderungen der Genexpression. Sie können aber auch zur Genotypisierung eingesetzt werden. Durch Zugabe der mit einem roten und grünen Fluoreszenzfarbstoff markierten Untersuchungsproben binden diese bei komplementärer Basenabfolge an die DNA im Chip. Die Position, Intensität und Wellenlänge der entstehenden Mischfarbe werden mit einer hochauflösenden Laserkamera detektiert und liefern Informationen über Unterschiede in der Expression der Gene zwischen den beiden Proben, z. B. in verschiedenen Organbereichen.

1994 brachte die Firma Affymetrix mit dem "HIV Gene Chip" den ersten kommerziell erhältlichen DNA-Chip auf den Markt. Heute gibt es für einen breiten Anwendungsbereich spezielle Arrays für Genomische DNA, Plasmide, PCR-Produkte und lange Oligonukleotide."