Nach der Endosymbionten-Theorie sind die Eukaryoten - und damit auch alle Pflanzen - aus Archaebakterien hervorgegangen, die im Laufe der Zeit zunächst Sauerstoff verwertende und ATP-produzierende Eubakterien als Symbionten und Millionen Jahre später Cyanobakterien aufgenommen haben.
Aus den O2-verwertenden Bakterien sind dann die Mitochondrien hervorgegangen, aus den Cyanobakterien entstanden die Chloroplasten.
Auf dieser Lexikonseite werden die beiden Modelle der Endosymbionten-Theorie vorgestellt (one-merger- und two-merger-model) sowie zahlreiche Belege für die Richtigkeit dieser Theorie, die von vielen Biologen inzwischen eher als Tatsache denn als Theorie angesehen wird. Auch eine ergänzende Alternative zur Endosymbionten-Theorie wird hier diskutiert.
Aufnahme von Cyanobakterien
In den meisten Schulbüchern wird die Entstehung der Chloroplasten meistens so dargestellt, dass irgendwann vor langer Zeit ein relativ großes Bakterium Cyanobakterien durch Phagocytose aufgenommen hat. Aus irgendwelchen Gründen konnte das Bakterium die Beute aber nicht verdauen, und so lebten die Cyanobakterien in der Wirtszelle ungestört weiter und machten sich durch ihre Photosynthese sogar für den Wirt nützlich, der von den Photosynthese-Produkten (Glucose etc.) profitieren konnte. Im Laufe der Zeit entstand so eine Endosymbiose, die bis heute in den grünen Pflanzen weiter existiert.
Ganz so einfach darf man sich den Ablauf dieser Endosymbiose allerdings nicht vorstellen. Wieso konnte der größere Prokaryot - ein Vertreter der Archaeen - das phagocytierte Cyanobakterium nicht verdauen? Man nimmt heute an, dass es sich nicht um "normale" Cyanobakterien handelte, die für die Endosymbiose in Frage kamen, sondern um parasitäre Cyanobakterien, die sich gezielt durch Phagocytose von Archaeen aufnehmen ließen, um von den Wirten zu profitieren, so wie es Parasiten nun mal machen.
Allerdings hat diese Hypothese auch noch ein paar Schwächen. Damit ein Parasit eine Wirtszelle unbeschädigt befallen kann, muss er spezielle Abwehreinrichtungen besitzen, mit denen er dem Immunsystem oder den Verdauungsenzymen des Wirtes entgehen kann. Bei den heute lebenden Cyanobakterien hat man solche Eigenschaften aber noch nicht entdeckt, wohl aber bei vielen anderen Bakterien. Die Aufnahme Sauerstoff verwertender parasitischer Bakterien in einer Archaeenzelle stellt somit kein Problem dar, die Bildung der Mitochondrien könnte tatsächlich so abgelaufen sein. Aber bei der Bildung der Chloroplasten steht man immer noch vor einigen Rätseln. Dass Chloroplasten von Cyanobakterien abstammen, steht zweifellos fest. Aber wie genau die Endosymbiose damals abgelaufen ist, ist noch nicht vollständig erforscht. Es gibt natürlich verschiedene Hypothesen, wie dieser Vorgang abgelaufen sein könnte.
Eine dieser Hypothesen besagt, dass die Cyanobakterien zusammen mit Clamydien von den Wirtszellen aufgenommen wurden [3]. Die Clamydien besitzen Pathogene, also Enzyme oder andere Wirkstoffe, die die Abwehrmaßnahmen des Wirtes außer Kraft setzen. Ein Belegt für diese auf den ersten Blick abenteuerlich erscheinende Hypothese sind die Clamydien-Gene, die man in den Zellkernen von Pflanzen gefunden hat [3].
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Quellen:
- Gemeinholzer, Birgit, Systematik der Pflanzen kompakt, Springer Spektrum 2018.
- Niklas. Plant Evolution: An Introduction to the History of Life. The University of Chicago Press, 2016.
- "Aus Feind wird Freund - Neue Erkenntnisse in der Endosymbiontentheorie", auf Pflanzenforschung.de vom 23.02.2016.