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S3: Stoffeigenschaften, Reaktionsverhalten

Offizielle Formulierung

Die Schülerinnen und Schüler

  • erklären Stoffeigenschaften und Reaktionsverhalten mit dem Einfluss der jeweiligen funktionellen Gruppen unter der Berücksichtigung von inter- und intramolekularen Wechselwirkungen.

Stoffeigenschaften

Im Unterricht der gymnasialen Oberstufe versteht man unter dem Begriff "Stoffeigenschaften" meistens die Siedepunkte und die Wasserlöslichkeit der einzelnen Stoffklassen. Auf die Schmelzpunkte geht man weitaus weniger oft ein, weil sich die Schmelztemperaturen der Verbindungen oft nicht "an die Regeln halten". Das kann man besonders gut bei den Alkanen erkennen, wo Verbindungen m it einem C-Atom mehr oft einen niedrigeren Schmelzpunkt haben, was theoretisch aber nur schwer zu erklären ist.

Siedetemperaturen

Die Siedetemperatur bzw. der Siedepunkt einer Verbindung hängt davon ab, welche schwachen chemischen Bindungen (zwischenmolekulare Kräfte) die Moleküle jeweils zusammenhalten.

Alkane, Alkene, Alkine

Bei den Alkanen, Alkenen und Alkinen werden die Moleküle ausschließlich durch die sehr schwachen van-der-Waals-Kräfte zusammengehalten, daher sind die Siedetemperaturen hier allgemein sehr niedrig. Natürlich steigen diese Werte mit der zunehmenden Kettenlänge der Moleküle, so dass beispielsweise Octan einen höheren Siedepunkt hat als Methan.

Auch hängt die Siedetemperatur von der Gestalt der Moleküle ab, wie man gut an den Pentan-Isomeren erkennen kann: Je verzweigter die Moleküle, desto geringer der Siedepunkt, und desto langgestreckter die Moleküle, desto höher der Siedepunkt.

Physikalische Eigenschaften der Alkane

Auf dieser Seite des Kurses "Organische Chemie/Stoffklassen" werden die Siedetemperaturen der Alkane ausführlich behandelt.

Alkanole, Alkohole

Alkohole besitzen Hydroxygruppen (OH-Gruppen) und können daher intermolekulare Wasserstoffbrücken-Bindungen eingehen. Dadurch werden die Moleküle sehr stark zusammengehalten und haben entsprechend hohe Siedetemperaturen.

Siedetemperaturen der Alkohole

Wenn Sie mehr darüber wissen wollen, gehen Sie auf diese Seite im regulären Kurs "Organische Chemie/Stoffklassen".

Carbonsäuren

Carbonsäuren haben eine Carboxygruppe (COOH-Gruppe) und damit noch höhere Siedetemperaturen als entsprechende Alkohole. Eine Carboxygruppe enthält nicht nur eine OH-Gruppe wie ein Alkohol, sondern zusätzlich noch eine C=O-Gruppe, die dem Moleküle eine stärkere Polarität verleiht.

Aldehyde, Ketone, Halogenalkane, Ester

Die Moleküle dieser Verbindungen besitzen keine H-Atome, die an ein stark elektronegatives O-, N- oder F-Atom gebunden sind. Somit können diese Moleküle auch nicht als H-Brücken-Donatoren auftreten und Wasserstoffbrücken-Bindungen untereinander eingehen. Ihre Siedepunkt sind also niedriger als die entsprechender Alkohole oder gar Carbonsäuren.

Andererseits sind die C=O-Bindungen der Aldehyde, Ketone und Ester sowie die C-X-Bindungen der Halogenalkane (X = F, Cl, Br oder I) stark polar, die Moleküle haben also Dipol-Eigenschaften. Sie können daher stärkere intermolekulare Bindungen eingehen als die Alkane, Alkene oder Alkine. Daher haben Aldehyde, Ketone und Halogenalkane höhere Siedetemperaturen als die reinen Kohlenwasserstoffe.

Wasserlöslichkeit

Eine hohe Wasserlöslichkeit liegt immer dann vor, wenn ein Molekül eine stark polare Gruppe besitzt, an die sich Wasser-Moleküle anlagern können (Hydrathülle), und wenn der Alkylrest der Moleküle nicht allzu groß ist. Noch höher ist die Wasserlöslichkeit, wenn die Moleküle OH-Gruppen oder NH2-Gruppen besitzen, dann können sie nämlich als H-Brücken-Donatoren auftreten und Wasserstoffbrücken-Bindungen zu Wasser-Molekülen ausbilden.

Carbonsäuren und Alkohole

Hier ist die Wasserlöslichkeit besonders groß, wenn die Alkylkette höchstens drei oder vier C-Atome lang ist. Die OH-Gruppen der Carbonsäuren und Alkohole können H-Brücken zu H2O-Molekülen ausbilden (H-Brücken-Donatoren).

Aldehyde und Ketone

Auch diese Stoffe sind wasserlöslich, wenn die Alkylreste nicht allzu groß sind. Aldehyde und Ketone sind im Gegensatz zu Alkoholen und Carbonsäuren H-Brücken-Akzeptoren. Sie können daher ebenfalls H-Brücken mit H2O-Molekülen bilden. Auch Carbonsäure-Ester sind wegen der O-Atome H-Brücken-Akzeptoren.

Halogenalkane

Die stark polare C-X-Bindung kann Wasser-Moleküle anziehen (Hydrathülle), trotzdem ist die Wasserlöslichkeit hier nicht allzu groß, aber immerhin noch deutlich höher als bei den entsprechenden Alkanen:

  • Pentan: Wasserlöslichkeit = 39 mg / l Wasser
  • 1-Chlor-pentan: Wasserlöslichkeit = 200 mg / l Wasser
  • 1-Pentanol: Wasserlöslichkeit = 22.000 mg / l Wasser
Alkane, Alkene, Alkine

Diese Moleküle sind weder H-Brücken-Donatoren noch -Akzeptoren, können also keine H-Brücken mit Wasser-Molekülen bilden, noch handelt es sich um polare Verbindungen mit Dipol-Molekülen. Die Wasserlöslichkeit ist daher extrem gering.

Reaktionsverhalten

Diese Seite kann nur einen kurzen und groben Überblick über das Reaktionsverhalten der verschiedenen Verbindungen bzw. Stoffklassen geben.

Grundsätzlich kann ein organisches Molekül von drei Teilchentypen angegriffen werden:

  1. Angriff durch Radikale
  2. Angriff durch Elektrophile
  3. Angriff durch Nucleophile

Alkane, aber auch Alkene und andere Verbindungen können leicht durch Radikale angegriffen werden. Radikale sind Teilchen mit einem ungepaarten Elektron (mit einer einfach besetzten Kugelwolke bzw. mit einem einfach besetzten Orbital). Typische Reaktionen sind die Radikalische Substitution SR der Alkane und die Radikalische Addition AR bei den Alkenen.

Elektrophile sind Teilchen "auf der Suche" nach negativen Ladungen. In der Regel sind das positiv geladene Ionen oder Moleküle mit einem stark positiven Pol. Das Musterbeispiel für elektrophile Teilchen ist das Proton H+. Aber auch andere Teilchen mit Protonenmangel (leere Kugelwolke bzw. leeres Orbital) können als Elektrophil auftreten.

Angriffsziele von Elektrophilen sind Moleküle mit stark negativ polarisierten Atomgruppen, zum Beispiel das O-Atom von Alkoholen, Aldehyden, Ketonen oder Carbonsäuren, aber auch die C=C-Doppelbindung der Alkene sowie die delokalisierten pi-Elektronen der Aromaten.

Eine typische Reaktion ist die Elektrophile Addition bei den Alkenen und Alkinen sowie die Elektrophile Substitution bei den Aromaten. Nach dem neuen Kernlehrplan Chemie des Landes NRW wird die Chemie der Aromaten und die elektrophile Substitution allerdings nur noch im Leistungskurs behandelt.

Nucleophile sind Teilchen "auf der Suche" nach positiven Ladungen, also Anionen wie Br- oder Moleküle mit einem stark negativen Pol.

Angriffsziele von Nucleophilen sind stark positiv polarisierte Atome oder Atomgruppen in organischen Molekülen. Ein Beispiel ist das Halogen tragende C-Atom in Halogenalkanen oder das OH-tragende C-Atom in Alkoholen. Auch das C-Atom der Carbonylgruppe von Aldehyden und Ketonen ist positiv polarisiert.

Typische Reaktionen sind die Nucleophile Substitution bei Alkoholen und Halogenalkanen sowie die Nucleophile Addition bei Aldehyden und Ketonen.