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Zersetzungsspannung Q1

Redoxreihe - Galv. Zellen - Spannungsreihe - Konzentrationsabhängigkeit - Halogene - Batterien - Akkus - Brennstoffzellen - Elektrolysen

ZnBr2-Elektrolyse näher untersucht

Versuch

Elektrolyse von ZnBr2-Lösung
Durchführung (Projektionsversuch):

Wir führen wieder eine Zinkbromid-Elektrolyse durch. Diesmal schließen wir aber sowohl ein Voltmeter wie auch ein Amperemeter an, damit wir nicht nur die angelegte Spannung, sondern auch den tatsächlich fließenden Strom messen können.

Im Unterschied zu dem einfachen Versuch, wie er auf der vorherigen Seite erklärt wird, beginnen wir den Versuch mit der Spannung 0 V. Das heißt, wir starten den Versuch erst mal ohne angelegte Spannung. Natürlich passiert hier noch nichts.

Nun erhöhen wir die Spannung ganz langsam und beobachten das Amperemeter.

Beobachtungen

Zunächst können wir keinen Stromfluss beobachten. Erst dann, wenn eine bestimmte Spannung erreicht ist, beginnt das Amperemeter auszuschlagen bzw. einen Wert größer als Null anzuzeigen. Erhöhen wir jetzt die Spannung weiter, steigt die Stromstärke linear mit der Spannung an.

siehe folgenden Text

Ermittlung der Zersetzungsspannung

Die Spannung, die man anlegen muss, damit die eigentliche Elektrolyse überhaupt beginnt, wird als Zersetzungsspannung bezeichnet. Die Zersetzungsspannung hängt von mehreren Faktoren ab, die wichtigsten Faktoren sind die Zusammensetzung des Elektrolyten, also des zu elektrolysierenden Salzes, sowie die Art und Beschaffenheit der Elektroden. Bei Graphit-Elektroden beispielsweise misst man deutlich höhere Zersetzungsspannungen als bei Platin-Elektroden.

Wie kommt die Zersetzungsspannung zustande?

Das ist eine gute und berechtigte Frage. Dazu gehen wir noch einmal kurz auf die Seite "Redoxpotenziale der Halogene" zurück. Auch zu diesem Thema hatten wir eine Zinkbromid-Elektrolyse durchgeführt. Dann aber haben wir die Spannungsquelle entfernt und ein Voltmeter zwischen die beiden Elektroden geschaltet. Zu unserer Überraschung konnten wir eine recht hohe Spannung messen, als wir die Spannungsquelle entfernt hatten. Die Erklärung für dieses Phänomen war dann ganz einfach: Durch die Elektrolyse hatten wir zwei galvanische Halbzellen erzeugt. Eine Zink-Halbzelle und eine Brom-Halbzelle. Und dass die Kombination von zwei solchen Halbzellen zu einem galvanischen Element eine Spannung liefert, sollte uns nicht mehr überraschen.

Und damit haben wir eigentlich auch schon das Zustandekolmmen der Zersetzungsspannung erklärt. Sobald eine Spannung an die beiden Elektroden angelegt wird, beginnt die Elektrolyse. Aber gleichzeitig bilden sich auch sofort zwei Halbzellen, die wiederum eine Spannung liefern. Diese Spannung ist der angelegten Gleichspannung entgegengesetzt. Somit ist kein Stromfluss messbar. Erst wenn die angelegte Spannung größer ist als die Spannung, die durch die beiden Halbzellen erzeugt wird, kann man einen Stromfluss messen. Die Zersetzungsspannung ist also die Spannung, die von dem durch die Elektrolyse erzeugten galvanischen Element geliefert wird.

Das ist jetzt natürlich eine sehr einfache Definition, aber dafür hoffentlich leicht verständlich. Schauen wir uns mal ein paar "offizielle" Definitionen an. Zunächst aus dem berühmten Römpp Chemie-Lexikon [1]:

"Zersetzungsspannung (heute bevorzugt Abscheidungspotenzial). Bez. für das Potenzialminimum..., bei dem ein elektrochem. Prozeß kontinuierlich mit wahrnehmbarer Geschw. ablaufen kann..."

Auf die Ursachen der Zersetzungsspannung geht der Römpp mit keinem Wort ein.

Was sagt denn das Physik-Lexikon aus dem Spektrum-Verlag [2]?

"Zersetzungsspannung, bei der Elektrolyse von wäßrigen Salzlösungen mit inerten Elektroden (z.B. Platin) diejenige Spannung, oberhalb welcher der Stromdurchgang und damit die elektrolytische Zersetzung einsetzt. Sie entspricht der Polarisationsspannung desjenigen Elements, das sich durch Anlegen einer Spannung an die Elektroden durch Elektrodenpolarisation bildet."

Das ist schon eine recht brauchbare Definition, die in etwa auch dem entspricht, was auf dieser Seite ausgeführt wurde.

In dem Wikipedia-Artikel "Zersetzungsspannung" [3] wird eine ähnliche Definition geliefert wie in dem Spektrum-Lexikon. Allerdings wird hier auch auf die historsiche Entwicklung des Begriffs sowie auf den Unterschied zwischen Zersetzungsspannung und Überspannung eingegangen. Demnach lässt sich die Zersetzungsspannung mit Hilfe der Nerstschen Gleichung berechnen. Das klingt ja auch logisch. Bei der Elektrolyse entsteht eine galvanische Zelle, die aus zwei Halbzellen besteht. Die chemische Zusammensetzung dieser Halbzellen ist bekannt, und wenn man jetzt auch noch die genauen Konzentrationen der beteiligten Ionen kennt, kann man aus diesen Daten mit der Nernstschen Gleichung die resultierende Spannung berechnen.

Berechnung der Zersetzungsspannung

Wir wollen nun einmal die Zersetzungsspannung für die Elektrolyse einer Zinkbromid-Lösung berechnen. Damit die Rechnung auch ohne Nernstsche Gleichung auskommt, stellen wir eine ZnBr2-Lösung der Konzentration c(ZnBr2) = 1 mol/l her und führen den Versuch unter Standardbedingungen durch. Wir müssen also nur nachschauen, welche Standardredoxpotenziale die beiden Halbzellen haben. Das Standardredoxpotenzial der Zink-Halbzelle liegt bei -0,76 Volt [4], das der Brom-Halbzelle bei +1,07 Volt. Die Differenz hat also den Wert 1,83 Volt. Und genau dieser Wert ist die Zersetzungsspannung. Wir müssen also eine Gleichspannung von mindestens 1,83 Volt anlegen, wenn wir eine 1-molare Zinkbromid-Lösung elektrolysieren wollen.

Für die Elektrolyse einer Natriumchlorid-Lösung ist eine deutlich höhere Zersetzungsspannung notwendig. Das liegt vor allem an dem stark negativen Redoxpotenzial von Natrium (-2,71 Volt) und dem etwas positiveren Redoxpotenzial von Chlor (+1,36 Volt). Die Zersetzungsspannung liegt also bei 4,07 Volt.

Überspannung

Allerdings halten sich nicht alle Elektrolysen an diese theoretischen Berechnungen. Oft ist die gemessene Zersetzungsspannung höher als die berechnete. Ursache für diese Überspannung - so bezeichnet man die Differenz zwischen berechneter Zersetzungsspannung und tatsächlich gemessener Zersetzungsspannung - ist meistens von dem Elektrodenmaterial und der Oberflächenbeschaffenheit der Elektroden abhängig, aber auch von dem Elektrolyten selbst. Und an den Oberflächen der Elektroden können weitere chemische Reaktionen stattfinden, welche die erforderliche Spannung noch weiter erhöhen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn bei der Elektrolyse Gase freigesetzt werden. Bei der Elektrolyse einer wässrigen Salzlösung ist stets damit zu rechnen, dass auch das Wasser elektrolytisch zersetzt wird, was natürlich wieder "Spannung kostet".

Quellen:

  1. Römpp Chemie-Lexikon, 9. Auflage 1992
  2. Lexikon der Physik, Spektrum-Verlag, Artikel "Zersetzungsspannung"
  3. Wikipedia, Artikel "Zersetzungsspannung"
  4. Wikipedia, Artikel "Elektrochemische Spannungsreihe"