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Das System der Bilateria

Ältere Systeme

Das Lehrbuch der Speziellen Zoologie von Kaestner ist im 20. Jahrhundert ein Referenzwerk gewesen, leider sind nicht alle geplanten Bände dieses Werkes fertiggestellt worden. Im Teil 1 des Bandes I stellt Gruner, einer der Autoren des Kaestners, eine mögliche Großgliederung des Tierreichs vor. Danach lassen sich die Bilateria wie folgt einteilen:

Beschreibung siehe folgenden Text

Einteilung der Bilateria nach Kaestner 1981
Autor: Ulrich Helmich 08/2023, Lizenz: siehe Seitenende

Nach diesem alten System werden die Bilateria in Protostomia und Deuterostomia eingeteilt. Diese Einteilung beruht auf der Ontogenese (Individualentwicklung) der Tiere. Bei der Gastrulation stülpt sich die Blastula (die Hohlkugel, die nach vielen Zellteilungen aus der Zygote entsteht) nach innen ein und bildet einen inneren Hohlraum mit einer Öffnung nach außen - dem Blastoporus oder Urmund.

Bei den Protostomia wird aus dem Urmund der spätere Mund, während der Anus neu entsteht:

Aus dem Urmund (unten) wird der Mund, der Anus wird neu gebildet
WYassineMrabetTalk?derivative work: Haplochromis, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Bei den Deuterostomia entwickelt sich der Urmund dagegen zum Anus, während der spätere Mund neu entsteht:

Aus dem Urmund (unten) wird der Anus, der Mund wird neu gebildet
WYassineMrabetTalk?derivative work: Haplochromis, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Im Deutschen (und daher auch in der Wikipedia) werden die Protostomia daher als Urmünder bezeichnet, die Deuterostomia als Neumünder.

Das im Kaestner vorgestellte System der Bilateria untergliedert die Protostomia weiter in die Articulata und die Spiralia. Die Zuordnung der Stämme Tentaculata, Priapulida und Nemahtelminthes ist hier noch ungeklärt.

Articulata = Gliedertiere = Gliederfüßer (Arthropoda) + Ringelwürmer (Annelida) + Stummelfüßer (Onychophora) + Bärtierchen (Tardigrada) + Zungenwürmer (Pentastomida) + Kranzfühler (Tentaculata).

Spiralia = Plattwürmer (Plathelminthes) + Schnurwürmer (Nemertini) + Kelchwürmer (Entoprocta) + Weichtiere (Mollusca) + Spritzwürmer (Sipuncula) + Igelwürmer (Echiurida) + Ringelwürmer (Annelida).

Die Ringelwürmer (Annelida) werden hier sowohl bei den Articulata wie auch bei den Spiralia aufgeführt.

Der Stammbaum der Bilateria nach Kaestner 1981
(C) Gustav Fischer Verlag

Hier sieht man ein "Schema mit den möglichen verwandtschaftlichen Beziehungen der Tierstämme mit drei Keimblättern". Zusätzlich wird hier die Entstehung der Merkmalskomplexe ergänzt, "wobei ... die zeitliche Abfolge der Merkmalsentstehung ungewiss bleiben muss" [1].

In älteren Zoologie-Büchern werden die Bilateria in Prostomia und Deuterostomia aufgeteilt.

Zu den Protostomia ("Urmündern") gehören so wichtige Tiergruppen wie die Gliedertiere (Krebse, Spinnen, Insekten etc.), aber auch die Weichtiere (Muscheln, Schnecken, Tintenfische etc.) und einige andere Tierstämme.

Zu den Deuterostomia ("Neumündern") gehören die Chordatiere (v.a. die Wirbeltiere), aber auch beispielsweise die Echinodermata (Stachelhäuter wie Seeigel oder Seesterne).

Neuere Systeme

In dem neueren Buch von Burda et al. findet sich folgende Gliederung der Bilateria, die offensichtlich auch von der Wikipedia übernommen wurde:

Beschreibung siehe folgenden Text

System der Bilateria nach Burda et al.
Autor: Ulrich Helmich 08/2023, Lizenz: siehe Seitenende

Das System, das in der Wikipedia gezeigt wird, ist ähnlich aufgebaut:

Beschreibung siehe folgenden Text

System der Bilateria laut Wikipedia

Die Bilateria spalten sich nach diesen Systemen zunächst in die Großgruppen der Xenacoelomorpha und Nephrozoa.

Xenacoelomorpha. Dieser Stamm wurde erst 2009 beschrieben. Es handelt sich um wurmartige Tiere, die in die beiden Unterstämme Xenoturbella und Acoelomorpha eingeteilt werden (Näheres siehe Wikipedia).

Nephrozoa. Dieses Taxon (ohne Rang) vereinigt die Protostomia und die Deuterostomia. Der Name "Nephrozoa" weist darauf hin, dass all diese Tiere Nieren oder nierenartige Organe besitzen. Leider gibt es nun in der englischsprachigen Wikipedia einen entsprechenden Artikel.

Quellen:

  1. Storch, Welsch, Kükenthal Zoologisches Praktikum, 26. Auflage 2009
  2. Kaestner, Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Band I: Wirbellose Tiere, 1. Teil. Stuttgart 1980.
  3. Burda, Hilken, Zrzavy, Systematische Zoologie, 2. Auflage, Stuttgart 2016.
  4. Wikipedia, verschiedene Artikel.