Helmichs Biologie-Lexikon

Mitochondrien

Überblick

Mitochondrien sind wichtige Organellen aller eukaryotischen Zellen. In Prokaryoten fehlen sie. Mitochondrien sind die "Kraftwerke der Zelle", da in ihnen die Synthese des universellen Energieträgers ATP (Adenosintriphosphat) stattfindet.

Als "Brennstoff" (veralteter Begriff, da in der Zelle nichts verbrannt wird) für die ATP-Synthese dient in erster Linie Glucose, die im Cytosol in kleinere Bausteine zerlegt wird, die immer noch sehr energiereich sind und dann in die Mitochondrien transportiert werden. Die kleineren Bausteine werden in den Mitochondrien weiter zerlegt, am Ende bleiben nur noch CO2 und sogenannte Reduktionsäquivalente übrig, die dann mit Sauerstoff zu Wasser reagieren. Bei diesem extrem exothermen Prozesse wird genug Energie frei, um jede Menge ATP herzustellen, ca. 30 Moleküle für jedes Glucose-Molekül [5]. Ohne Mitochondrien wären Tiere, Pflanzen und Pilze nicht in der Lage, Sauerstoff für ihre Energiegewinnung zu nutzen, sondern könnten nur "einfache" und viel weniger effiziente Gärungsprozesse (2 Moleküle ATP pro Molekül Glucose) durchführen, die ohne Sauerstoff auskommen.

Citratzyklus

Einzelheiten zu dem in im Plasma der Mitochondrien ablaufenden Citratzyklus finden Sie auf diesen Seiten meiner Homepage.

Atmungskette

Einzelheiten zu dem an der inneren Membran der Mitochondrien ablaufenden Atmungskette finden Sie auf diesen Seiten meiner Homepage.

Die Anzahl der Mitochondrien pro Zelle, ihre Größe und ihre Struktur hängt von den Aufgaben ab, die die jeweilige Zelle zu erfüllen hat. Protozoenzellen oder Eizellen können bis zu 500.000 Mitochondrien enthalten, menschliche Leberzellen enthalten mehr als 1.000, Hefezellen dagegen besitzen nur sehr wenige Mitochondrien. Einige Protisten besitzen nur ein einziges Riesenmitochondrium [1].

Allgemein ist es so, dass eine Zelle, die viel Energie benötigt, auch viele Mitochondrien besitzt.

In den Herzmuskelzellen kleinerer Vögel sind im im Vergleich zu anderen Körperzellen sehr viele Mitochondrien vorhanden. In der folgenden Tabelle ist der Anteil der M. an der Gesamtmasse des Herzmuskels angegeben [2].

Herzmuskel von proz. Masseanteil an Mitochondrien
Ratte 53%
Meerschwein 40%
Maus 33%
Schwein 30%

Die M. haben einen mittleren Durchmesser von 0,75 µm bis 1 µm und eine mittlere Länge von 2 bis 8 µm [1]. Das entspricht ungefähr der Größe eines Bakteriums.

Struktur

Mitochondrien sind im Prinzip eine von zwei Membranen umschlossene Hohlkugel. Die äußere Membran ist recht durchlässig für kleine Moleküle, für große Moleküle existieren spezifische Poren (Porine) in der Außenmembran. Die innere Membran ist dagegen so gut wie gar nicht durchlässig, weder für große noch für kleine Moleküle. Nur durch spezielle Transportproteine können Moleküle in das Innere des Mitochondriums eindringen oder das Mitochondrium verlassen. An bestimmten Kontaktstellen sind die innere und die äußere Membran miteinander verschmolzen, was den Transport bestimmter Proteine durch die beiden Membranen erleichtet [4].

Beschreibung siehe folgenden Text

Querschnitt durch ein Mitochondrium
Autor: Ulrich Helmich 1978, Lizenz: siehe Seitenende

Ein Mitochondrium
LadyofHats, Public domain, via Wikimedia Commons

Während die Außenmembran relativ glatt ist, bildet die Innenmembran zwecks Oberflächenvergrößerung zahlreichen Cristae (Kämme) oder Tubuli (Röhren) aus. Entsprechend bezeichnet man die Mitochondrien als Cristae- oder Tubuli-Typen. Die Innenmembran ist auch der Ort der Atmungskette, also der ATP-Synthese. Viele Tausend Einheiten des Enzyms ATP-Synthase sitzen in der Innenmembran. Der Citratzyklus dagegen läuft im Plasma der Mitochondrien ab, in der Mitochondrien-Matrix.

Die Tubuli-Typen sind urtümlich und bei vielen Einzellern häufig, die Cristae-Typen stehen auf einer höheren evolutionsbiologischen Entwicklungsstufe und finden sich vorwiegend bei den höheren Pflanzen und Tieren [2].

Zeitrafferaufnahmen lichtmikroskopischer Präparate haben gezeigt, dass sich die Mitochondrien einer Zelle viel bewegen, sich oft teilen, aber auch mal zusammenstoßen und dann miteinander verschmelzen. Man geht heute davon aus, dass die Mitochondrien einer Zelle ein weit verzweigtes röhrenförmiges Netzwerk bilden können, das sich ständig verändert [3, 5]. In bestimmten Zellarten jedoch entsprechen die Mitochondrien dem klassischen Bild, wie es in den meisten Schulbüchern auch vermittelt wird. Bei Spermienzellen beispielsweise sind die Mitochondrien fest in der Nähe der Geißel lokalisiert, weil hier das meiste ATP gebraucht wird [5].

Vermehrung

Da Mitochondrien ursprünglich aus phagocytierten Bakterien hervorgegangen sind (Endosymbionten-Theorie), können sie sich selbständig durch Zweiteilung oder Knospung vermehren. Mitochondrien besitzen eine eigene DNA - einen großen Ring oder mehrere kleine - die so ähnlich aufgebaut ist wie die DNA der Prokaryoten, und Mitochondrien verfügen über Ribosomen, die ebenfalls den Ribosomen der Prokaryoten ähneln. Beide Befunde können nur mit der Endosymbionten-Theorie vernünftig erklärt werden.

Allerdings hat sich im Laufe der Evolution einiges getan, was die Erbsubstanz der ehemaligen Bakterien angehet. Die meisten Gene sind nämlich in das Genom der Wirtszelle abgewandert; nur noch ein Bruchteil der ca. 1.500 Gene, die für die vielen Mitochondrien-Proteine codieren, sitzt noch in der Mitochondrien-DNA. Mehr als 98% der Mitochondrien-Proteine werden an den Ribosomen des Cytosols hergestellt und dann in die Mitochondrien transportiert. Dabei spielen die oben erwähnten Kontaktstellen zwischen der äußeren und der inneren Membran eine wichtige Rolle, hier sitzen nämlich bestimmte Proteine, die cytoplasmatisch hergestellten Mitochondrien-Proteine passieren lassen, die TOM- und TIM- Proteine (Translocase outer/inner membrane) [4].

Quellen:

  1. Savada, Hillis, Heller, Hacker: Purves Biologie, Springer Verlag Deutschland 2019, 10. Auflage. Herausgegeben von Jürgen Markl.
  2. Vorlesung Prof. Klaus Heckmann, Münster 1978.
  3. Urry, Cain, Wassermann, Minorsky, Reece. Campbell Biologie, Hallbergmoos 2019, 11.Auflage.
  4. Plattner, Hentschel. Zellbiologie, 5. Auflage. Stuttgart 2017.
  5. Alberts, Bruce et al. Lehrbuch der Molekularen Zellbiologie, 5. Auflage, Weinheim 2021.