Helmichs Biologie-Lexikon

Motorproteine

Motorproteine sind eine Gruppe von Proteinen, deren Aufgabe es ist, andere Moleküle zu bewegen [1].

Sie spielen eine zentrale Rolle beim intrazellulären Transport, der Zellteilung und der Bewegung von Organellen oder Vesikeln. Die Bewegung der Motorproteine wird durch die Hydrolyse von ATP angetrieben, wodurch chemische Energie in mechanische Arbeit umgewandelt wird.

Transport eines Vesikels
Kboehm, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Diese Animation zeigt, wie ein Motorprotein einen Vesikel entlang eines Mikrotubulus transportiert.

Die wichtigsten Familien der Motorproteine sind:

  • Kinesine - diese Proteine transportieren Vesikel und andere Zellorganelle entlang von Mikrotubuli von A nach B, meistens in Richtung Zellperipherie. Ein bekanntes Beispiel aus dem Biologie-Unterricht sind die synaptischen Vesikel, die in Richtung präsynaptische Membran transportiert werden (siehe Abb. 1).
  • Dyneine - ähnlich wie Kinesine, allerdings erfolgt der Transport meistens in Richtung Zellzentrum.
  • Myosine - diese Proteine arbeiten mit Aktinfilamenten zusammen und sind zum Beispiel für die Muskelkontraktion verantwortlich. Aber auch wichtige Vorgänge wie Endocytose oder Exocytose, Zellbewegungen und Zellverformungen sind Myosine zuständig.

Auch die Bewegung der Chromosomen während der Mitose oder Meiose oder das "Entlang kriechen" der DNA- oder RNA-Polymerase während der Replikation bzw. Transkription der DNA ist auf Motorproteine zurückzuführen.

Bewegung von Motorproteinen

Im Grunde beruht die Bewegung von Motorproteinen auf Konformations-Änderungen der Moleküle. Wenn diese Konformations-Änderungen aber nur rein zufällig wären, würde sich das Protein mal hierhin, mal dorthin bewegen und letzten Endes den Ort, an dem es sich befindet, kaum verlassen. Der Trick bei der gerichteten Bewegung von Motorproteinen ist, dass eine dieser Konformations-Änderungen nicht rückgängig gemacht werden kann, weil sie mit der Hydrolyse von ATP gekoppelt ist.

Eine solche ATP-Hydrolyse ist ein irreversibler Prozess. Um die ATP-Hydrolyse rückgängig zu machen, müsste auf eine andere Weise viel Energie zugeführt werden (zum Beispiel durch Abbau von Glucose oder anderen Nährstoffen).

Bewegung eines Motorproteins, stark vereinfacht
Autor: Ulrich Helmich 05/2025, Lizenz: Public domain

Dieses Bild zeigt in stark vereinfachter Weise die Bewegung eines Motorproteins. Die Skala mit Zahlen soll einen Mikrotubulus symbolisieren, auf dem sich das Protein entlangbewegt.

  1. Das Motorprotein befindet sich noch an Position 1 und in der Konformation 1.
  2. Das Motorprotein bindet ein ATP-Molekül. Dadurch ändert sich die Konformation des Proteins zu Konformation 2. Dies wird im Bild dadurch dargestellt, dass der rechte Fuß jetzt den Boden berührt.
  3. Das ATP-Molekül wird hydrolysiert, dabei entstehen ADP und Pi. Die Konformation des Proteins ändert sich zu Konformation 3 (der linke Fuß hebt vom Boden ab).
  4. ADP und Pi werden freigesetzt, das Motorprotein liegt in der ursprünglichen Konformation 1 vor, hat aber seinen Ort verändert (der linke Fuß befindet sich jetzt an Position 2).

Der Übergang von Konformation 2 zu Konformation 3 wird durch die Hydrolyse von ATP angetrieben, einem Prozess, der nicht rückgängig gemacht werden kann. Aus diesem Grund ist die Reihenfolge der Konformations-Änderungen

1 ⇌ 2 3 ⇌ 1

festgelegt, zufällige Änderungen der Konformation sind so nicht mehr möglich. Im Endergebnis bewegt sich das Motorprotein also kontinuierlich von links nach rechts.

Übrigens können solche Bewegungen sehr schnell sein. Eine DNA-Helicase beispielsweise bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1000 Nucleotiden pro Sekunde an der DNA entlang [1].

Quellen:

  1. Bruce Alberts et al. Molekularbiologie der Zelle, 7. Auflage, Weinheim 2025.
  2. Nelson, Cox. LEHNINGER Principles of Biochemistry. Macmillan Learning, New York 2021.
  3. Berg, Tymoczko, Gatto jr., Stryer: Stryer Biochemie, 8. Auflage, Springer Berlin Heidelberg 2018.